Auf Herz und Nieren geprüft Wann ein Sport-Check sinnvoll ist

Einfach loslegen, obwohl man nie vorher Sport gemacht - das kann böse Folgen haben. Schließlich sterben zum Beispiel bei einem Marathon immer wieder Menschen, weil sie einen unerkannten Herzfehler hatten. Ein Sport-Check kann da vorbeugen, sollte aber gut abgewogen werden.

Was Sie über Sportverletzungen wissen sollten
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Wenn ein Auto lange ungenutzt in der Garage gestanden hat, liegt es nahe, den Öl- und Wasserstand zu kontrollieren und den Reifendruck zu überprüfen, bevor es auf große Fahrt geht. Das kann vor bösen Überraschungen schützen und dient letztlich der Sicherheit des Fahrers und seiner Mitfahrer. Doch wenn es um den eigenen Körper geht, sind viele Menschen nicht so gewissenhaft: Sie stürzen sich nach Jahren der Sportabstinenz in kraftraubende körperliche Aktivitäten, ohne sich Gedanken zu machen, ob sie der Belastung überhaupt gewachsen sind.

Sportmediziner empfehlen daher, sich vorher einem Gesundheitscheck zu unterziehen. Allerdings sollten Patienten sich genau überlegen, ob die Untersuchungen und wenn ja welche für ihre Zwecke sinnvoll sind.
Denn meist müssen sie diese selbst zahlen, die Krankenkasse beteiligt sich allenfalls teilweise an den Kosten. Das gilt zumindest, so lange der Sport-Check keine auffälligen Befunde liefert. Denn er zählt zu den Individuellen Gesundheitsleistungen (IGeL), die nicht zum festgeschriebenen Leistungskatalog der gesetzlichen Kassen gehören.

Die Vorsorgeuntersuchung, wie sie die Deutsche Gesellschaft für Sportmedizin und Prävention (DGSP) in einer wissenschaftlichen Leitlinie empfiehlt, soll ermitteln, ob jemand durch Sport möglicherweise seine Gesundheit gefährdet. "Wir empfehlen sie jedem, der mit etwas intensiverem Sport beginnt, vor allem jungen Menschen zwischen 12 und 25 Jahren und Älteren, die ab 40 oder 50 wieder einsteigen wollen", sagt DGSP-Ehrenpräsident Prof. Herbert Löllgen.

Bei Jugendlichen könnten es angeborene Gesundheitsprobleme sein, die beim Sport riskant sind, sich aber bisher nicht bemerkbar gemacht haben, ein verdickter Herzmuskel etwa oder bislang unentdeckte Herzrhythmusstörungen. Bei älteren Menschen kann es Löllgen zufolge im Laufe der Jahre zum Beispiel durch Rauchen oder zu wenig Bewegung zu krankhaften Veränderungen am Herz-Kreislauf-System gekommen sein.

Beim Sport-Check füllt der Hobbysportler zunächst einen Fragebogen mit allgemeinen Fragen zu seinem Gesundheitszustand aus, anschließend erhebt der Arzt im Gespräch die gesundheitliche Vorgeschichte des Patienten. Besonders wichtig sei die Frage nach plötzlichen Todesfällen in der Familie und deren Ursachen. Dann folgt eine körperliche Untersuchung unter anderem mit Blutdruckmessung und nach orthopädischen und kardiologischen Gesichtspunkten.

Dazu gehört auch ein Elektrokardiogramm (EKG) im Ruhezustand, um die Herzfunktion zu bewerten. "Das Ruhe-EKG ist genauer als nur die Erhebung der Vorgeschichte", erläutert Löllgen. "Der Preis ist deutlich geringer als eine Inspektion beim Auto, das sollte einem die Gesundheit wert sein", meint er. Das EKG koste im bundesweiten Durchschnitt 70 Euro, bei Beschwerden, Symptomen oder auffälligen Befunden komme die Krankenkasse dafür auf.

Die Leitlinie sieht darüber hinaus bei bestimmten Patientengruppen ein Belastungs-EKG vor. So sollte es jeder machen, der Symptome einer Herzkrankheit hat, außerdem jeder, der älter als 65 Jahre ist. Sinnvoll kann es darüber hinaus bei Männern ab 45 und Frauen ab 55 Jahren sein, wenn sie sich intensiv belasten wollen. In der Regel müssen die Freizeitsportler auch hier die Kosten selbst tragen. Weitere kostenpflichtige Untersuchungen wie eine Lungenfunktionsprüfung kommen beispielsweise auf Tauchsportler zu.

Die Frage, ob der Sport-Check wirklich nötig oder sinnvoll ist, lässt sich nur schwer beantworten. Das Portal IGeL-Monitor des Medizinischen Dienstes des Spitzenverbandes Bund der Krankenkassen weist darauf hin, dass sich die Leitlinie kaum auf belastbare Studien stützen kann. Außerdem ließen sich die häufigsten Gesundheitsprobleme wie Verletzungen durch Stürze damit kaum vermeiden. Abraten mögen die Experten aber nicht. Denn in vielen Sportvereinen ist solch ein Sport-Check laut Portal-Sprecher Christian Weymayr Teilnahmevoraussetzung. "Wir sprechen keine Empfehlung aus, weil das Leistungen sind, bei denen es nicht so um den Nutzen oder Schaden des Patienten geht", erläutert er.

Wie bei allen Vorsorge- und Früherkennungsmaßnahmen bestehe aber die Gefahr, "dass auffällige Befunde auf tatsächliche Gesundheitsrisiken hinweisen, die vielleicht behandelt werden, die jedoch auch unbehandelt niemals zu einem Problem geworden wären", heißt es auf dem Portal. Es sei auch denkbar, "dass jemand aufgrund eines auffälligen Befundes auf Sport verzichtet, obwohl ihm der Sport Spaß gemacht und unter dem Strich gesundheitlich genützt hätte".

Weymayr rät daher jedem potenziellen Hobbysportler, Vernunft walten zu lassen und sich vor Trainingsbeginn zu fragen: Wie fühle ich mich? "Man sollte Vernunft walten lassen, was die eigene Fitness betrifft", sagt er. Wenn jemand erst mit 50 Jahren mit Sport durchstarten will, sei das womöglich keine so gute Idee.

Das Beschwerdeportal IGeL-Ärger der Verbraucherzentralen hat noch keine Erfahrungen mit dem Sport-Check gemacht. Es gebe jedoch allgemein viele Beschwerden zur Fachgruppe der Orthopäden, die auch die Sport-Vorsorgeuntersuchung anbieten, so Christiane Lange von der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen.

Lange empfiehlt, sich in jedem Fall vor dem Sport-Check bei der Krankenkasse zu erkundigen, ob diese einen Teil der Kosten übernimmt. Denn viele täten das bei einzelnen Vorsorgeuntersuchungen freiwillig. "Außerdem erleben wir bei den Beschwerden auch, dass Ärzte Leistungen als IGeL anbieten, die auch von den Krankenkassen angeboten werden", ergänzt sie.

Dadurch könne es zu Überschneidungen mit Untersuchungen kommen, die die Kasse ohnehin zahlt. Das kann etwa beim Körpercheck der Fall sein, auf den alle Versicherten ab 35 Jahre alle zwei Jahre Anspruch haben, der sogenannte Check-up 35. Wer das zu spät bemerkt und für den Sport-Check schon selbst zum Geldbeutel gegriffen hat, hat das Nachsehen: Dann erstatten die Kassen die Kosten nicht mehr.

(dpa)
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