Joggen Gesundheitsläufe mit der Firma

Firmen- und Gesundheitsläufe bringen auch Lauf-Amateure meist erfolgreich über die Ziellinie. Das Erlebnis, mit Kollegen sportlich unterwegs zu sein, steht im Vordergrund. Die wichtigsten Fakten über das Sporteln mit Kollegen.

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Foto: shutterstock/ Kzenon

Am Morgen stand der Arzt noch im OP, hatte einen grünen Kittel an, Mundschutz und Latex-Handschuhe. Jetzt steht er inmitten einer Menge Menschen, die alle irgendwie ähnlich gekleidet sind wie er: leuchtende Shirts, eng anliegende kurze Shorts, Laufschuhe. Auch Krankenschwestern, Pfleger und Kollegen aus der Verwaltung haben sich in Jogging-Outfits geworfen. Die Klinik rennt. Einmal im Jahr. Was zählt, ist das Team.

So dürfte es aussehen, wenn am Sonntag, 3. Mai, zum sechsten Mal der "Krefelder Gesundheitslauf" startet. Initiiert wurde er von den Helios Kliniken Krefeld, von AOK und Welle Niederrhein. Anmelden können sich auch fremde Firmen, Hobbyläufer oder Leute, die einfach neugierig sind, wie das so ist, das Laufen im Rudel. Zusammen geht's durch das Hülser Bruch. Die kürzere Strecke über fünf Kilometer ist auch für Ungeübte zu schaffen, erfahrene Jogger werden die Alternative über zehn Kilometer bevorzugen.

Schnelligkeit spielt nicht unbedingt eine Rolle: Es sind zwar Preise ausgesetzt für die Besten unter den Männern und den Frauen sowie für das größte Team. Den meisten Benefit aber soll ein Projekt haben, das die Integration von Flüchtlingskindern durch Sport unterstützt. Zugleich profitieren die Läufer selbst: Dabei sein ist alles.

Der Startschuss In Krefeld sind im letzten Jahr rund 700 Läufer an den Start gegangen. In Frankfurt waren es über 70 000. Die "J.P. Morgan Corporate Challenge" gilt als größte Firmenlauf-Serie der Welt und als Initialzündung für einen beispiellosen Boom. Heute wird sie in 13 Metropolen auf dem Globus ausgetragen.

Aller Anfang war bescheiden: 1993 wurde die Idee vom New Yorker Hudson an den Main gebracht. Das damals drittgrößte amerikanische Finanzinstitut lud Mitarbeiter anderer Unternehmen zum gemeinsamen Laufen ein. Die Distanz: 3,5 Meilen, rund 5,6 Kilometer. Mit Mühe kamen 527 Beschäftigte aus 57 Firmen zusammen, deren Teams miteinander wetteiferten. Die Zahlen stiegen stetig; die 71 735 Aktiven des Jahres 2014 vertraten 2781 Unternehmen.

Die Idee "Unser Firmenlauf steht vor allem für Sports- und Teamgeist, Kommunikation, Gesundheit und Fitness und dafür, gemeinsam etwas für einen guten Zweck zu tun", sagt Martin Wiesmann, Deutschlandchef bei J.P. Morgan. "Diese besondere Kombination macht wohl seinen Erfolg aus."

Der wird auch im Vergleich des Jahres 2014 sichtbar: Der Berlin Marathon (als größte deutsche Laufveranstaltung ohne Berücksichtigung der Firmenläufe) zählte 29 021 Finisher, der Metro-Group Marathon in Düsseldorf 2702. Ganz oben mischte ein weiterer Firmenlauf mit: der "B2Run" in München mit 27 941 Männern und Frauen, die es ins Ziel geschafft hatten.

Die erste Streckenhälfte Lauftrainer Peter Greif würde ihn "Holger" nennen, diesen imaginären Gegner, den es auf der Strecke zu bezwingen gilt. Mit einem Zwischensprint, der diesem jämmerlichen Läufer-Darsteller etwa 15 Meter vor einem den Schneid abkauft. Natürlich kann man sich, adrenalingepeitscht, auch den eigenen Boss aussuchen. Oder die Personalchefin. Der verbissenen Möglichkeiten gäbe es viele. Theoretisch.

Aber so funktionieren Firmenläufe nicht. Da geht's um Spaß und Gemeinsamkeit. Und manche Hierarchie wird hinter der Ziellinie flacher. Von Läufer zu Läufer duzt es sich leichter. Vor allem, wenn beide erschöpft sind, schwitzend, außer Atem, und jetzt vor allem erst mal eins brauchen: ein alkoholfreies Weizenbier.

Die zweite Streckenhälfte Martin Grüning, selbst ein sehr leistungsstarker Marathonmann und Chefredakteur der deutschen "Runner's World", unterstreicht den eigenen Charakter solcher Läufe: "Die Erfolge der Firmenläufe liegen meines Erachtens vor allem darin, dass es dort erst in zweiter Linie um den Laufsport an sich geht, sondern vor allem um Team-Geist, Kommunikation, Kollegialität, Fairness und, klar, auch Gesundheit." Auch die Länge der Strecken spielt eine große Rolle: "Firmenläufe bieten Distanzen, die so kurz sind, dass man sie auch schlecht trainiert zurücklegen kann, was wiederum bedeutet, dass viele Unternehmensangestellte teilnehmen können - also auch die, die nicht regelmäßig laufen."

Die Statistik der "Runner's World" lautet: 48 "relevante" Firmenläufe im Jahr 2014, das heißt solche mit über 500 Teilnehmern, mit insgesamt etwa 323 000 Läufern am Start. Allerdings sei der Trend nach dem Boom in den Jahren 2005 bis 2012 zuletzt stark abgeflacht: "Die Idee scheint sich ein wenig abzunutzen", meint Martin Grüning, "neue Eventideen wie Hindernisläufe oder Color Run laufen den Firmenläufen offensichtlich den Rang ab." Spaß und Spektakuläres ziehen das sportliche Publikum offenbar immer stärker an.

Das Ziel Welcher Manager liebt sie nicht, die Win-win-Situation? Die Mitarbeiter sind fit, werden nicht so häufig krankgeschrieben, lernen sich über die Abteilungsgrenzen hinaus kennen, arbeiten besser zusammen, verstehen sich als Team. Der Beschäftigte wiederum tut was für seine Gesundheit, fühlt sich gut, knüpft neue Kontakte, sieht sich bestätigt. So hat jeder etwas vom gemeinsamen Lauf.

Nachhaltig durch Betriebssport Um diesen Prozess nachhaltiger zu gestalten, setzen viele Firmen verstärkt auf regelmäßigen Betriebssport. Da werden Aerobic-Kurse angeboten, Rückenschulungen; zwischen Badminton und Volleyball liegen vielerlei Ideen und Angebote. Die gerne genutzt werden. Das kleine, zusätzliche Bonbon ist ein Bonus: Die Firma zahlt. Fehlt nur noch, dass das Arbeitsleben immer so schön wäre. Doch das wäre natürlich zu schön.

In Erinnerung an den Start könnte das Ziel auch so aussehen: "Der Schmerz geht, der Stolz bleibt", sagt selig der endorphingetränkte Doc. "Gib' nicht so an", meint grinsend die Oberschwester. "Dieser Spruch ist nur den echten Marathonmännern vorbehalten." Man versteht sich. Das Klinikklima ist kolossal.

Nach dem Lauf ist vor dem Lauf Wer all das mal am eigenen Leib ausprobieren will: Weitere Läufe in der Region sind beispielsweise in Emmerich, "GeBeGe-Firmenlauf" (12. Juni), Düsseldorf, "B2Run" (23. Juni), Neuss, "Firmenplus" (8. September) und Mönchengladbach, "Run & Fun (16. oder 17. September). Und wer sich das Spektakel in Frankfurt gönnen möchte: Der 17. Juni ist der Tag dafür.

(RP)
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