Sprechstunde Kein Platz in der Schulter

Häufig wird eine Enge unter dem knöchernen Schulterdach bei Schulterschmerzen diagnostiziert. Gibt es diese Enge wirklich so häufig?

Unser Leser Manfred S. (48) aus Meerbusch fragt: "Seit sechs Monaten habe ich ständig Schulterschmerzen, vor allem bei Arbeiten und bei längerem Sport mit erhobenem Arm. Ich spiele gern Federball und Volleyball. Nun hat mein Orthopäde eine Enge unter dem Schulterdach diagnostiziert und empfiehlt mir eine Spiegelung, um dort mehr Platz zu schaffen. Macht das überhaupt Sinn?"

Thilo Patzer Die Enge unter dem knöchernen Schulterdach wird häufig fehldiagnostiziert. Das Schulter-Engpass-Syndrom ist weitaus seltener als heute teilweise immer noch angenommen. Durch eine Verknöcherung eines Bandursprungs oder auch durch eine seltene bogen- oder hakenförmige Fehlform des Schulterdachs kann ein Knochensporn die darunter laufenden Sehnen aufreiben und letztendlich Schmerzen oder einen Riss der Sehnen begünstigen.

Die meisten Risse der Rotatorenmanschetten-Sehnen entstehen jedoch nicht durch einen Knochensporn, sondern sind degenerativ bedingt; sie beginnen im Innern der Sehne. Häufig stecken bei Schulterschmerzen insbesondere bei jüngeren Patienten unter 60 Lebensjahren andere Ursachen dahinter. Es kann sich dabei dann um Einrisse der langen Bizeps-Sehne handeln oder auch um Risse der Rotatorenmanschette, die aber nicht durch eine Enge entstanden sind.

Auch eine Kapselverengung, eine sogenannte Schultersteife oder "frozen shoulder", ist häufig vor allem bei Frauen im Rahmen der Wechseljahre und auch bei Diabetikern zu beobachten. In diesen Fällen ist eine Spiegelung, eine Arthroskopie, sinnvoll, bei der die gerissenen Sehnen repariert werden können oder die Kapselenge beseitigt werden kann.

Nicht selten ist auch eine Fehlbewegung des Schulterblatts. Ist dieser automatische Bewegungs-Rhythmus gestört, muss er mit krankengymnastischer Hilfe wieder neu erlernt werden. Oftmals wird auch bei der Magnetresonanztomografie eine Arthrose des Schulter-Eck-gelenks beschrieben. Diese ist auf den Bildern häufig zu sehen, jedoch nur in der Minderheit symptomatisch und muss somit ebenfalls nur selten therapiert werden. Die Symptome sind hierbei vornehmlich Schmerzen beim Liegen.

Die Diagnose der knöchernen Enge wird zudem meist falsch in der Kernspintomografie gestellt. Im Liegen steigt auch beim Gesunden der Oberarmkopf nach oben unter das Schulterdach, so dass jeder dabei eine gewisse Enge aufweist. Zur Diagnostik eines Schulter-Engpass-Syndrom ist jedoch ein spezielles Röntgenbild Mittel der Wahl; das MRT ist eher zweitrangig zum Ausschluss anderer Erkrankungen hilfreich.

(RP)
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