Pillenkauf im Urlaub Medikamente aus dem Ausland — billig aber gefährlich

Düsseldorf/Bielefeld · Aspirin aus Griechenland, Viagra aus Indien und die Pille aus der Türkei. Der Reiz ist groß, sich auf Urlaubsreisen mit preiswerten Arzneimitteln einzudecken, doch das birgt Gefahren – rechtlich und gesundheitlich.

So schützen Sie sich vor gefälschten Arzneimitteln
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Foto: dpa, Franziska Koark

Aspirin aus Griechenland, Viagra aus Indien und die Pille aus der Türkei. Der Reiz ist groß, sich auf Urlaubsreisen mit preiswerten Arzneimitteln einzudecken, doch das birgt Gefahren — rechtlich und gesundheitlich.

Die Möglichkeit allein scheint verlockend, neben Urlaubserinnerungen und Souvenirs auch Medikamente aus dem Ausland mit nach Hause zu bringen. Ob in Thailand oder der Türkei, die Antibabypille bekannter Hersteller kostet dort nur ein Viertel dessen, was man hier dafür auf den Tresen legen muss. Auch Blutdrucksenker, Kopfschmerztabletten, Vitaminpräparate oder Magen- und Grippemittel gibt es in manchen Ländern für kleines Geld und ohne Rezept.

Die Preise vorab zu vergleichen ist nicht schwer. Ganze Listen oder Datenbankabfragen findet man dazu zum Beispiel auf Seiten ausländischer Krankenversicherer wie http://www.santesuisse.ch oder auf Reiseportalen wie www.antalya.de.

"Aber man muss schon sehr aufpassen, was man kauft", sagt Regina Behrendt, Referentin für den Gesundheitsmarkt der Verbraucherzentrale Nordrhein Westfalen. Denn Arzneimittel mit gleichem Namen können in anderen Ländern auch andere Inhaltsstoffe haben. Gesundheitsrisiken wie auch veränderte Wirkungsweisen sind möglich. "Der Hersteller vergibt

Fälschung mit zu wenig oder gar keinem Wirkstoff

Daneben rät die Verbraucherschützerin, immer aus seriösen Quellen, sprich Apotheken zu kaufen. Sitzt man einer Fälschung auf, hat man neben gesundheitlichen Konsequenzen zusätzlich rechtliche zu tragen. "Die Einfuhr von gefälschten Medikamenten ist verboten", sagt Verbraucherschützerin Behrendt. Auch wer unwissentlich ein gefälschtes Arzneimittel kauft, macht sich später bei der Ausreise strafbar. Ganz andere Probleme tun sich auf, wenn man selbst durch die Einnahme gepanschter Mittel zum Opfer wird: Eine als Schnäppchen auf einem Bazar gekaufte Antibaby-Pille, kann sich im Nachhinein als teuer beweisen, wenn sie in Wahrheit ein wirkungsloses Imitat war.

"Wer innerhalb der EU bei seriösen Quellen kauft, der handelt sich aller Wahrscheinlichkeit weniger schnell ein gefälschtes Präparat ein", sagt Behrendt. Zu hundert Prozent mag das aber die Verbraucherschützerin auch dann nicht ausschließen: "Es gab ja selbst Fälschungen, die in der normalen Handelskette aufgedeckt wurden."

Pille ist nicht gleich Pille

Fahrlässig hingegen ist es gedankenlos Pillen zu kaufen, deren genaue Wirkweise und deren Nebenwirkungen man nicht kennt. Denn Arzneien wie das hierzulande wegen seiner gravierenden Nebenwirkungen höchst umstrittene Medikament Diane-35 wird zum Beispiel in Indien als Verhütungsmittel verkauft. In Deutschland ist es als solches verboten und lediglich als Aknemittel zugelassen. Vier Todesfälle werden in Verbindung mit diesem Medikament gebracht. Eine mögliche Nebenwirkung, auf die auch der Beipackzettel hinweist, ist die Bildung von Blutgerinnseln in Venen und Arterien. Neben dem Original gibt es mittlerweile zahlreiche Kopien, die als Generika auch im Ausland in Umlauf sind.

Verlockend scheint für manch Reisenden auch die Möglichkeit, im Ausland rezeptfrei Antibiotika auf Vorrat zu kaufen. "Mit dem falschen Antibiotikum zum falschen Zeitpunkt züchtet man sich Resistenzen selbst", warnt Chemiker Dr. Christian Wagner-Ahlfs. Er arbeitet für die Pharma-Kampagne Bundeskoordination Internationalismus (Buko). "Es ist absolut sinnvoll, dass Antibiotika in Deutschland nur auf Rezept abgegeben werden." Werden diese hochpotenten Mittel bei Virusinfekten eingenommen oder die Therapie zu früh beendet, entstehen gefährliche Resistenzen. Die Arzneimittel werden dann unbrauchbar bei der Behandlung schwerer Infektionen.

Gefährliche Wirkstoffkombinationen rezeptfrei

Dass Sicherheit für den Verbraucher nicht allerorts gleich hoch eingestuft wird, zeigt auch der Umgang mit dem hier apothekenpflichtigen Mittel Buscopan. Es wirkt entkrampfend und ist allgemein als gut verträglich eingestuft. In rund 20 überwiegend lateinamerikanischen Ländern wird das Mittel in Kombination mit dem Schmerzmittel Metamizol verkauft und das zum Teil auch rezeptfrei. Zwar das Mittel auch in Deutschland verabreicht, dann allerdings ausschließlich auf Rezept beziehungsweise unter ärztlicher Betreuung. Das Medikament steht jedoch in der Kritik, das es starke Nebenwirkungen von Kreislaufschwankungen bis hin zu einer Veränderungen der weißen Blutkörperchen haben kann (Agranulozytose), die auch tödlich sein können. In vielen Ländern, darunter Schweden und die USA, ist es deshalb verboten.

Was viele Verbraucher auch nicht wissen: Die pharmazeutischen Standards unterscheiden sich selbst innerhalb des europäischen Auslands. "Es kann sein, dass sich Medikamente in ihren Begleitstoffen unterscheiden", sagt Regina Behrendts von der Verbraucherzentrale. Das kann sich bei teilbaren Tabletten übel bemerkbar machen. Versucht man sie zu brechen, zerbröseln sie in der Hand und können dann nicht mehr dosiert eingenommen werden. Haben Arzneimittel zudem nur eine nationale Zulassung, statt der europäischen, können sie sich in ihrer Zusammensetzung unterscheiden.

Darauf sollten Sie achten

Wer ernsthaft Arzneimittelschnäppchen aus dem Urlaub mit nach Hause bringen möchte, der sollte sich bereits im Heimatland schlau machen, wie das gewünschte Mittel im Reiseland heißt und wie es sich zusammensetzt. Verbraucherschützerin Behrendt rät zudem dazu, sich den Wirkstoff und die Dosierung des Präparats aufzuschreiben und nicht nur den Handelsnamen. Aufgrund von Verständigungsschwierigkeiten ist es selbst so schon meist schwierig genug zu ermitteln, ob man das richtige Medikament kauft. "Kaufen sollte man immer nur vollständige Packungen mit Namens- und Dosierungsaufdruck auf dem Blister sowie einer Packungsbeilage", rät Behrendt.

Strafbar kann man sich dennoch machen, wenn man die Menge der Medikamente, die man durch den Zoll bringt falsch bemisst. "Man darf nur für den Eigenbedarf mitbringen", so Regina Behrendt. Das Umfasst eine Ration für höchstens drei Monate, egal ob es sich um verschreibungspflichtige oder frei verkäufliche Mittel handelt. Ein Mann, der eine Schachtel Anti-Baby-Pillen im Gepäck hat, wird beim Zoll also schlecht dastehen.

(wat)
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