Unempfindliche Keime Augentropfen fördern Antibiotikaresistenz

Düsseldorf · Der häufige und falsche Einsatz von Antibiotika führt dazu, dass die Menschen nicht mehr geschützt, sondern gefährdet sind. Keime werden unempfindlich gegen diese Medikamente und damit zur Gefahr. Auch der falsche Einsatz von Augentropfen kann die Resistenzen fördern.

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Foto: dpa, Andrea Warnecke

ARS ist keine neue Krankheit. Dennoch hat diese Abkürzung mit Krankheit zu tun: Seit Jahren läuft eine Datensammlung über Antibiotika-Resistenzen, die das Robert-Koch-Institut für Deutschland pflegt. Sie nennt sich Antibiotika-Resistenz-Surveillance, eben ARS. Bei Krankenhaus-Aufenthalten, so zeigen es neue Daten des Robert-Koch-Instituts, haben 3,5 Prozent der Patienten neben ihrem eigentlichen Leiden eine Krankenhausinfektion. Im Klartext heißt das: Sie tragen antibiotikaresistente Keime in sich.

Häufigste Erreger dieser Krankenhausinfektionen sind Escherichia coli (18,4 % Anteil), Staphylococcus aureus (13,3 %) und Enterokokken (E. faecalis und E. faecium) (12,8 % Anteil) beobachtet. E. coli-Erreger sind zuletzt wegen der blutigen Darminfektion EHEC im Jahr 2011 ins Bewusstsein der Menschen gerückt. Staphylococcus-Erreger sind durch MRSA-Infektionen vielen bekannt. Er löst bei immungeschwächten Menschen lebensbedrohliche Infektionen aus und ist gegen fast alle Antibiotika resistent.

Anwendung von Antibiotika fördert Resistenzen

Neben Hygieneproblemen in Kliniken und der normalen Küchenhygiene, zu viel Antibiotikagabe in der Tierhaltung, zu häufiger Verordnung von Antibiotika durch den Arzt oder falscher Einnahme dieser bakterienabtötenden Medikamente kommt es dazu, dass Keimstämme widerstandsfähig gegen die medikamentöse Waffe werden. Die Anwendung von Antibiotika trägt laut RKI also maßgeblich zur Verbreitung solcher Resistenzen bei.

Mit verschiedenen Programmen, die auf einen überschaubaren Einsatz von Antibiotika in der Tiermast abzielen oder die Krankenhaushygiene in den Fokus nehmen, will man in Deutschland effektiver gegen das lebensbedrohliche Problem arbeiten. Längst sind deutsche Patienten zum Beispiel in niederländischen Krankenhäusern zum Ärzteschreck mutiert, weil sie häufig ohne es zu wissen multiresistente Keime in sich tragen, ohne es zu wissen. So gelangen die Keime ins Nachbarland, das eigentlich das Problem viel besser im Griff hat als wir hierzulande.

Das geht ins Auge

Nun melden sich in der Resistenz-Diskussion die Augenärzte zu Wort. Denn Antibiotika gegen Husten oder Nebenhöhlenentzündungen, die haben viele im Visier. Was aber ist mit den klaren Tröpfchen, die bei Bindehautentzündungen ins Auge gehen und dort böse Keime abtöten sollen. Sie sind so klar, dass man glaubt, sie könnten ein Wässerchen trüben. Diese Annahme ist aber falsch: Nicht nur die Münchener Augenärztin Dr. Elisabeth Messmer hält die zu frühe Gabe von antibiotischen Augentropfen für problematisch. Auch die wissenschaftliche Vereinigung Deutscher Augenärzte (DOG) warnt davor, Antibiotika voreilig zu verordnen. Es sei riskant. Bakterien, die eine Bindehautentzündung auslösen, reagieren zunehmend unempfindlich auf Antibiotika. "Die zunehmende Resistenzentwicklung der klassischen Erreger gegenüber allen Antibiotikagruppen ist Besorgnis erregend", warnt die Augenspezialistin der Ludwig-Maximilians-Universität München.

Die Deutsche Ophthalmologische Gesellschaft rät darum dazu, zurückhaltend mit der Verordnung von Antibiotika zu sein. In vielen Fällen helfen auch Augenreinigungen und Tränenersatzflüssigkeit. Ist die Gabe von antibiotischen Augentropfen unumgänglich, sollten sich Betroffene auf bestimmte Wirkstoffe beschränken, so die Experten.

Rote, eitrig verklebte Augen, Tränenfluss und Juckreiz sind die wichtigsten Symptome einer bakteriellen Bindehautentzündung. In über 60 Prozent der Fälle heilt sie innerhalb von fünf Tagen von allein wieder aus. Antibiotische Augentropfen können helfen, die Krankheitsdauer zu verkürzen. Oft könne man drei Tage ohne antibiotische Behandlung abwarten. Die Hälfte der Patienten kommt laut Dr. Elisabeth Messmer dann sogar ganz ohne Antibiotika aus.

(wat)
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