20 Prozent der Deutschen betroffen Die besten Tipps gegen Sodbrennen

Düsseldorf/New York · Es brennt, verschnürt die Kehle und kann auch mal peinlich werden, wenn sich der Magen durch einen Rülpser Platz verschafft. Immer mehr Menschen leiden an Sodbrennen oder Reflux. Lesen Sie, was wirklich gegen Sodbrennen hilft, und woran es liegt, wenn Medikamente versagen.

Das hilft gegen Sodbrennen
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Foto: Shutterstock/Refat

In den USA sind es bereits 40 Prozent aller Erwachsenen, und in Deutschland ist man mit etwa 20 Prozent auf dem besten Wege zur Volkskrankheit. Und sie reagiert immer weniger auf die Standardtherapie mit so genannten Protonenpumpenhemmern, die den Rückfluss der Magensäuren in die Speiseröhre verhindern sollen. Diese Medikamente sind wie andere Säureblocker ohne Rezept in der Apotheke zu kaufen.

Mäßige Erfolge Die New Yorker HNO-Ärztin Jamie Koufman therapiert schon seit etwa 35 Jahren Menschen mit Sodbrennen. "Es waren vermutlich Tausende", so erzählt sie, und früher behandelte sie die Patienten auch mit diesen Pumpenhemmern, weil es einfach so üblich war. Doch die Erfolge waren mäßig, so dass sie ihre Strategie geändert hat. Jetzt animiert Koufman ihre Patienten zu einer Änderung des Lebensstils: "Denn das eigentliche Problem hinter dem Sodbrennen ist, dass wir zu spät zu viel und dann auch noch zu viele Fette essen."

Rückendeckung erhält Koufman durch eine dänische Studie, in der man die Effekte der Pumpenhemmer auf fast 10 000 Patienten beobachtete, die am Barrett-Ösophagus litten — einer Verkürzung der Speiseröhre, die als typische Folge von chronischem Reflux gilt und im Speiseröhrenkrebs enden kann. Durch die Medikamente sollte dieser Prozess eigentlich verhindert oder zumindest verzögert werden, doch in der Studie zeigten sie sich als wirkungslos. "Wir konnten keinen Tumorschutzeffekt feststellen", berichtet Studienleiter Frederik Hvid-Jensen vom Aarhus University Hospital. Im Gegenteil. Wer die Pumpenhemmer einnahm, zeigte sogar besonders viele Dysplasien, also Vorstufen zum Krebs.

Darum versagen Medikamente Bleibt die Frage, warum die Medikamente versagen. Denn ihr Wirkprinzip ist schlüssig: Sie blockieren ein Enzym, das die für die Bildung von Salzsäure benötigten Wasserstoffprotonen in den Magen pumpt. In der Folge geht dort der Säuregehalt nach unten, so dass sich nicht nur die Schleimhaut erholen kann, sondern auch weniger Rückflussdruck in Richtung Speiseröhre entsteht. Dazu muss aber das Medikament korrekt eingenommen werden, nämlich unzerteilt und 30 Minuten vor einer Mahlzeit. Da vermutet der Mediziner Martin Storr von der Ludwig- Maximilian-Universität in München große Defizite. Er geht davon aus, dass sich "bestenfalls 50 Prozent der Patienten" an die Vorgaben des Arztes und der Packungsbeilagen halten.

Falscher Lebensstil Hvid-Jensen sieht aber noch ein anderes Problem, dass nämlich ausgerechnet jene Reflux-Patienten, die einen Pumpenhemmer einnehmen, oft weiterhin einen ziemlich ungesunden Lebensstil pflegen. "Sie sind öfter übergewichtig, rauchen mehr, und auch ihr Ernährungsverhalten ist deutlich weniger gesund", so der dänische Gastroenterologe. Und alle drei Aspekte würden bekanntermaßen das Risiko von Reflux-Problemen merklich erhöhen. Es spricht vieles dafür, dass die medikamentöse Behandlung von den Patienten so interpretiert wird, dass sie nicht mehr auf ihren Lebensstil achten müssen. Nach dem Muster: Warum noch etwas tun, wenn die Arzneimittel das Problem für mich erledigen?

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Foto: Shutterstock/Ana Blazic

Abendliche Streichliste Koufman verzichtet daher häufig auf Medikamente und versucht stattdessen, ihre Patienten dazu zu bringen, keine Mahlzeiten mehr nach 20 Uhr zu verzehren. Denn dadurch hat der Mageninhalt noch Zeit genug, um mit der Schwerkraft nach unten zu sacken, bevor es in die Waagerechte des Schlafens geht. Außerdem sollen beim Abendessen weniger Fette verzehrt werden, denn die, so die HNO-Ärztin, "provozieren Reflux, indem sie die Passage der Nahrung durch den Magen verzögern". Aus dem gleichen Grund stünden auch Schokolade, Pfefferminze, Soft Drinks und Alkohol auf der abendlichen Streichliste — und spätestens da verweigern, wie Koufman zugibt, viele Patienten ihre Mitarbeit.

Ein wesentlicher Pluspunkt im Kampf gegen das Sodbrennen ist Zigarettenverzicht. Denn Nikotin schwächt die Schließmuskelfunktion der Speiseröhre, die zudem von den Teestoffen des Zigarettenqualms gereizt wird. Laut einer holländischen Studie steigert ein Rauchstopp die Chance auf einen Rückgang der Refluxsymptome aufs Doppelte. Der Verzicht auf Kaffee bringt hingegen laut einer schwedischen Untersuchung gar nichts, der beliebte Muntermacher baut sogar — vermutlich aufgrund seiner Gerbstoffe — einen gewissen Schutz vor Sodbrennen auf.

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