Medizinisches Fachchinesisch erklärt Die wichtigsten Blutwerte und was sie bedeuten

Bonn · "Dann machen wir mal ein Blutbild", gehört zu den häufigsten Sätzen der Ärzte. Sicher ist, damit kommt alles raus: Alkohol, Drogen, Krankheiten. Aber wie? Wir erklären, was genau gemessen wird, welche Grenzwerte ist gibt, und was sich hinter den medizinischen Fachbegriffen versteckt.

Blutwerte - was sie bedeuten
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Foto: Shutterstock/ JPC-PROD

Eine Blutabnahme ist eine Sache von wenigen Augenblicken. Unzählige mit Serum gefüllte Röhrchen wechseln täglich sorgsam mit Aufklebern versehen und in Polstertaschen verstaut von den Arztpraxen in die Labore. Kaum eine andere Untersuchung gibt so viele Anhaltspunkte über den Gesundheitszustand eines Menschen.

Doch was für Mediziner und Laborärzte Routinewerte sind, ist für den Patienten meist nicht mehr als Fachchinesisch. Da ist die Rede vom kleinen und großen Blutbild. Von Erythrozyten und Hämoglobin. Oder auch von so seltsamen Wortungetümen wie Glutamat-Oxalazetat-Transferase, kurz GOT-Werte genannt. Was ist das eigentlich?

Das ist "klein" und was ist "groß"

Das Blut kann auf zweierlei Weisen untersucht werden: Entweder macht er ein kleines Blutbild oder aber ein so genanntes Differentialblutbild. Diese beiden Tests zusammengenommen, heißen "großes Blutbild". Das kleine Blutbild kann auf viele Mangelerkrankungen, Infektionen, Blutbildungsstörungen oder Entzündungen im Körper hinweisen. Besonders vor Operationen macht es Sinn, darauf einen Blick zu werfen. Gezählt werden dann im Labor die roten Blutkörperchen — auch Erythrozyten genannt — und die weißen Blutkörperchen, die im medizinischen Fachjargon Leukozyten heißen.

Für die Bestimmung der Blutgerinnung sind die Blutplättchen, auch Thrombozyten genannt, besonders wichtig. Im kleinen Blutbild wird außerdem der Anteil der Blutzellen am Gesamtblut bestimmt, also das Hämatokrit wie auch der Blutfarbstoff Hämoglobin unter die Lupe genommen. Über letzteres werden Sauerstoff und Kohlendioxid sowie Eisen durch den Köper transportiert.
Gibt es beim kleinen Blutbild Auffälligkeiten, lässt der Arzt häufig noch ein Differnzialblutbild machen. Dabei untersuchen die Labormediziner die Leukozyten nochmals näher. Hier geht es in die Details, denn weiße Blutkörperchen unterscheiden sich in fünf verschiedene Typen (Monozyten, Lymphozyten und neutrophile, eosinophile und basophile Granulozyten).

Das schwimmt im Blut umher

Rote Blutkörperchen, Hämoglobin, Hämatokrit: Zu viele rote Blutkörperchen schwimmen im Plasma umher, wenn der Körper zu wenig Wasser enthält. Mit der Konzentration der Blutkörperchen steigt auch der Anteil des Hämoglobins und Hämatokrits an. Ist hingegen die Zahl der roten Blutkörperchen zu niedrig, spricht man von einer Blutarmut (Anämie). Sie kann ihre Ursache zum Beispiel in Mangelernährung haben. Denn der Körper braucht bestimmte Mineralstoffe und Vitamine, um diese Blutbestandteile zu bilden. Bekommt er zu wenig Eisen, Vitamin B12 oder Folsäure, kann es zu einer Anämie kommen.

Weiße Blutkörperchen (Leukozyten): Die Zahl der weißen Blutkörperchen steigt an, wenn der Organismus gegen einen bakteriellen Infekt oder eine Entzündung ankämpft. Vermehrt treten sie auch bei einer Pilz- oder Parasiteninfektion auf. Verbergen können sich hinter hochschnellenden Werten jedoch auch Blutungen, Allergien, Stoffwechselstörungen oder Leukämie. Auch besonders niedrige Werte geben einen Hinweis auf Infektionen oder Krankheiten, die im blutbildenden System begründet sind.

Blutplättchen (Thrombozyten): Verschiedene Erkrankungen können dazu führen, dass zu wenig Blutplättchen im Blut schwimmen. Das bringt Veränderungen bei der Blutgerinnung mit sich, für die die Thrombozyten zuständig sind. Ihre Zahl sinkt zum Beispiel bei verschiedeen Blutkrebsarten oder bei einer Chemo- oder Strahlenbehandlung. Eine hohe Zahl an Blutplättchen hingegen ist ein klares Indiz für eine akute Infektion. Nach einer Milzentfernung können die Werte außerdem nach oben schnellen.

Wenn der Patient mit Beschwerden beim Arzt anrückt, dann geht jeder Blutuntersuchung allerdings erst einmal das Schildern der Probleme und eine erste körperliche Untersuchung voraus. Dann nämlich erst kann der Arzt entscheiden, auf welche Fährte er sich begibt, welche Laborwerte er also konkret benötigt. Ob eine Abweichung von der Norm im Blutbild wirklich Anlass zur Sorge gibt, ist letztlich vom Gesamtbild des Körpers un der beschriebenen Symptome abhängig.

Was aus eigener Tasche gezahlt werden muss

Weitgehend unbekannt ist den meisten Medizinlaien, dass die Bestimmung von Cholesterin, Nieren-, Leber-, Zucker- oder Hormonwerten beim Ermitteln des Blutbildes nicht mit abgedeckt sind. Sie zählen zwar zu den Routineuntersuchungen im Labor, müssen aber aus eigener Tasche gezahlt werden, wenn der Arzt keinen Grund sieht, sie in Augenschein zu nehmen. Auch das kleine und große Blutbild sind in den Leistungen der Gesetzlichen Krankenversicherung nur enthalten, wenn sie zur Diagnosestellung durch den Mediziner für notwendig erachtet werden.
Neben solchen Standarduntersuchungen können Labore gendiagnostische Ergebnisse liefern, die dem Patienten in Zukunft noch mehr als heute mit personalisierten Diagnosen und Therapien helfen sollen. In Ansätzen geschieht das bei der Behandlung bösartiger Brustkrebskarzinome. Daneben gibt es derzeit noch viele Unbekannte, denen man versucht in den Laboren auf die Spur zu kommen.

Das Feld der personalisierten Medizin ist gerade erst beschritten. Prof. Michael Schmidt, Geschäftsstellenleiter der Gesellschaft für Klinische Chemie und Laboratoriumsmedizin (DGKL) sieht noch viel Forschungsbedarf: "Bioinformatiker und Laborärzte arbeiten eng zusammen, wenn es um die Entschlüsselung von Bioinformationen aus Genomen, Proteonen und Metabolomen geht, von denen man noch nicht weiß, welche Ergebnisse sie uns liefern. Sie werden uns aber helfen, Krankheiten neu und besser zu verstehen und eröffnen damit viele neue Therapiemöglichkeiten in der nahen Zukunft."

(wat)
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