Gefährliche Zysten in der Leber Fuchsbandwurm — seltene aber tödliche Gefahr

Würzburg · Eine Infektion mit dem Fuchsbandwurm bleibt im frühen Stadium meist unentdeckt. Das macht sie besonders gefährlich. Denn die Larven nisten sich meist in der Leber ein und zersetzen sie Stück für Stück. Es gibt nur wenige Kliniken in Deutschland, die dann helfen können.

Man sieht nichts krabbeln und nichts kriechen und trotzdem sind sie da. Als blasenartiges Gewebe lassen sich in bildgebenden Verfahren die Larven des Fuchsbandwurms in der menschlichen Leber sichtbar machen. Durch ihr eigenartiges, zystiges Aussehen schützen sie sich davor, vom menschlichen Immunsystem als Parasit erkannt zu werden. Meist sind es Zufallsbefunde, die den gefährlichen Leberbefall mit Parasiten ans Licht bringen.

Der Fuchs scheidet mit dem Kot infektiöse Eier aus, die im natürlichen Entwicklungszyklus von Nagetieren mit der Nahrung aufgenommen werden. Unbemerkt kann der Mensch als Fehlwirt über Eier über den Mund aufnehmen. Wie und in welcher Menge das geschieht, wissen auch die Fachleute bis heute nicht so genau. Darum versuchten sie seinerzeit mit Assoziationsstudien mehr darüber zu erfahren. Da eine Infektion jedoch zehn Jahre oder länger zurückliegen kann bevor sie bemerkt wird, ist es schwer, von Betroffenen konkrete Aussagen dazu zu bekommen.

Rätselraten um die Infektionswege

Am meisten gefährdet jedoch scheinen diejenigen, die mit Füchsen in Kontakt gekommen sind. Denkbar ist auch die Übertragung nach Streicheleinheiten bei Hund oder Katze, die als Wirte fungieren können. Auch über Erdbeeren oder Brombeeren, die mit Füchsen, Mäusen und deren Kot in Berührung kamen, ist nicht ausgeschlossen. Diskutiert wird laut der Universität Würzburg zudem der Verzehr von kontaminierten Waldfrüchten, Pilzen, Fallobst, aber auch Gemüse und Salat aus dem Garten. Vorstellbar ist selbst das Einatmen von Staub aus eingetrocknetem Fuchskot als Infektionsweg. Genaues weiß man nicht.

"Die Larven des Fuchsbandwurms wachsen nach der Ansteckung in der Leber wie ein Tumor und werden oft mit einem solchen verwechselt", sagt Prof. Klaus Brehm. Der Würzburger Mikrobiologe und Hygienewissenschaftler zählt in Deutschland zu den wenigen Experten, die dann helfen können.

Hilfe gibt es nur in wenigen Kliniken

In Düsseldorf findet man Hilfe in der Tropenmedizinischen Ambulanz der Uniklinik. "In Ulm gibt es ein Tropenmedizinisches Institut für solche Fälle, in Heidelberg, München oder Würzburg", sagt er. Die Häufung im süddeutschen Raum kommt nicht von ungefähr. Denn das Risiko, sich in diesen Breiten mit einem Fuchsbandwurm zu infizieren ist am größten. Wobei nur absolute Zahlen einen Begriff davon geben, wie die Lage sich darstellt. "Vor 15 bis 20 Jahren haben wir 20 bis 30 Neuerkrankungen in Deutschland gehabt. Heute hat sich die Zahl verdoppelt", sagt der Spezialist. Ihn wundert der Anstieg nicht. Die Experten haben das so vorhergesagt, denn da die Tolllwut bei Füchsen konsequent bekämpft wird, wächst die Fuchspopulation und gleichermaßen die der Bandwürmer. "Auf der Schwäbischen Alb sind 100 Prozent der Füchse damit infiziert", sagt er.

Die Zahl der Infektionen beim Menschen hingegen ist so gering, dass sich die Pharmaindustrie für die Infektionskrankheit nicht wirklich interessiert. Obwohl sie unbehandelt immer tödlich ausgeht. Die Larven, die sich dann durch die Leber bohren, brechen auf andere Organe wie Lunge und Hirn aus. Der Betroffene merkt in der Regel nichts von den unliebsamen Mitbewohnern. Erst wenn sich Oberbauchbeschwerden oder eine Gelbfärbung der Haut bemerkbar machen, geht er zum Arzt. "Dann aber ist die Erkrankung, auch Echinokokkose genannt, in einem so fortgeschrittenen Stadium, dass nicht mehr operiert werden kann", sagt Brehm.

Durch das Wachstum der Larven werden Gefäße und Gallenkanäle abgedrückt. Es kommt zu einem Gallenstau. Bei Infektionen, die frühzeitig erkannt werden, kann man den betroffenen Teil der Leber noch entfernen. Irgendwann aber würden zu weite Teile weggenommen werden. Dann bietet eine Chemotherapie die einzige Chance auf ein Weiterleben.

Lebenslange Chemo als einzige Überlebenschance

"Vor den 1990ern sind die Menschen an Echinokokkose gestorben. Die Art der Chemotherapie — die übrigens nicht mit der bei Krebspatienten zu vergleichen ist — war noch nicht weit genug ausgereift. Erst dann wurde das Wurmmittel, das eigentlich aus der Tiermedizin kommt an Mäusen getestet", sagt der Würzburger Mikrobiologe. Heute ist diese Form der individuell abgestimmten und lebenslangen Chemotherapie die einzige Möglichkeit, das Larvenwachstum einzugrenzen. Geheilt werden kann der Patient nicht.

So schaurig das auch sein mag: Es trifft — und das ist der einzige Trost — nicht viele in Deutschland. "Häufig sind Menschen aus dem südeuropäischen Raum betroffn, die unbemerkt solche Infektionen aus ihren Heimatländern mitbringen. Diese werden dann erst Jahre oder Jahrzehnte später diagnostiziert", sagt er. "In Mitteleuropa wird der Fuchsbandwurm in Deutschland, Österreich, der Schweiz und im Südosten Frankreichs angetroffen. Auch in Dänemark, den Niederlanden, Belgien, Luxemburg, Liechtenstein, Polen, in der Tschechischen Republik, in der Türkei, Russland und anderen Ländern der ehemaligen Sowjetunion wurde der Parasit gefunden", so lauten Informationen der Universität Würzburg.

Vorsicht solle man aus diesem Grund bei Hunden walten lassen, die aus solchen Ländern hierhergebracht würden. Denn auch diese können die Fuchsbandwurminfektion weitergeben. Erst nach einer Entwurmung ist die Gefahr gebannt. Als Vorsichtsmaßnahmen empfiehlt der Experte eine gründliche Handhygiene. Wenn Sie mehr darüber wissen wollen, welche Vorsichtsmaßnahmen Schutz geben, dann lesen Sie hier weiter.

(wat)
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