Zahlen des Robert-Koch-Instituts Die Grippewelle rollt über Deutschland

Düsseldorf · Zum Jahreswechsel gab es nur mäßig viele Grippefälle in NRW - doch das ändert sich jetzt. Laut aktuellem Bericht des Robert-Koch-Instituts ist die Zahl der Betroffenen sprunghaft angestiegen. Das Problem: Die Impfung wirkt nicht ausreichend gegen den aktuellen Erreger.

 Links ist die Aktivität der akuten Atemwegserkrankungen in der 3. Kalenderwoche zu sehen. Rechts in der 4. Kalenderwoche. Dass sich die Erreger zunehmend in Deutschland ausbreiten, ist an der wachsenden Zahl orangefarbener und roter Flächen zu sehen.

Links ist die Aktivität der akuten Atemwegserkrankungen in der 3. Kalenderwoche zu sehen. Rechts in der 4. Kalenderwoche. Dass sich die Erreger zunehmend in Deutschland ausbreiten, ist an der wachsenden Zahl orangefarbener und roter Flächen zu sehen.

Foto: Arbeitsgruppe Influenza Robert-Koch-Institut

Münsterland, Sauerland und Eifel - das sind die Regionen in NRW, in denen sich die Grippewelle derzeit stark ausbreitet. Ähnlich ist die Situation in anderen Bundesländern. Besonders betroffen sind bereits Baden-Württemberg, Bayern und Schleswig-Holstein sowie Hamburg. Das zeigt ein Blick auf die aktuelle Wochenkarte der Arbeitsgruppe Influenza des Robert-Koch-Instituts (RKI).

Rund 600 Arztpraxen in Deutschland senden jede Woche freiwillig Rachenabstriche an das RKI. Ausgewertet wird die Zahl der Atemwegserkrankungen Bronchitis, Rachen- und Lungenentzündung. Die Häufigkeit der Atemwegserkrankungen ist nach Angaben des Instituts gemeinsam mit Informationen aus der virologischen Überwachung und den Meldedaten ein gutes Kriterium zur Einschätzung der Grippe-Aktivität. Und die ist in der 4. Kalenderwoche 2018 bundesweit deutlich gestiegen.

43 Todesfälle wurden demnach in dieser Saison bislang dokumentiert. Vier Fünftel der Verstorbenen waren 60 Jahre alt oder älter. In Saarbrücken starb ein vierjähriges Mädchen im Januar an dem Grippevirus H1N1 — auch als Schweinegrippe bekannt. Ein ähnlicher Fall ereignete sich im Dezember. Einen Zusammenhang zwischen den beiden Fällen, sei laut Gesundheitsamt aber nicht zu erkennen.

Die AGI berichtet, dass in der Woche vom 20. bis 26. Januar fast 9000 neue Grippefälle in Deutschland gemeldet wurden. Knapp 1300 der Betroffenen mussten im Krankenhaus behandelt werden. Insgesamt gab es in dieser Grippesaison damit mehr als 20.500 Fälle in Deutschland.

"Die Grippewelle rollt über Deutschland", sagt Susanne Glasmacher, Sprecherin des RKI. "Allerdings ist es normal, dass die Kurve irgendwann steil nach oben geht. Die Fallzahlen also rasant zunehmen." Derzeit gäbe es noch keine großen Unterschiede zur Grippewelle der Saison 2016/2017. Glasmacher räumt jedoch auch ein, dass die Grippewelle noch lange nicht am Ende ist. Mit einer Ausbreitung über weitere sechs bis acht Wochen sei auf jeden Fall zu rechnen.

Besonders verbreitet sind in diesem Winter Influenza-Viren des Typs B der sogenannten Yamagata-Linie. "Eine Variante, die insgesamt selten vorkommt, und die leider im Dreifachimpfstoff dieses Jahr nicht enthalten ist. Eben weil sie sehr selten ist", sagt Glasmacher. Allerdings sind allein in der 4. Kalenderwoche laut Bericht über 70 Prozent der Influenza-Erkrankungen durch diese Viren verursacht worden. Die A-Viren, die vom Impfstoff in Dreifachform abgedeckt sind, machten rund 20 Prozent der Fälle aus.

Effektiver ist der Schutz mit einem Vierfachimpfstoff, der im Vergleich zur Dreier-Variante einen zusätzlichen Bestandteil eben gegen jene Influenza-B-Viren der Yamagata-Linie enthält. Der teurere Vierfach-Schutz war allerdings bislang keine einheitlich geregelte Kassenleistung. Die Dreifachimpfung wird hingegen von den gesetzlichen Krankenkassen übernommen, wenn die Patienten zu einer der Gruppen zählen, denen das RKI eine Grippeimpfung empfiehlt. Zu diesen sogenannten Risikogruppen gehören Senioren, Schwangere, Menschen mit chronischen Krankheiten sowie Personal in Kliniken und Pflegeheimen.

Impfung bringt nicht immer was

"Man muss bedenken, dass die Impfung in keiner Saison optimal ist", sagt Glasmacher. Das hat verschiedene Gründe. Unter Senioren beispielsweise stelle sich nur bei rund 60 Prozent ein Impfschutz ein, weil ihr Immunsystem so schwach ist, dass es oftmals nicht mehr ausreichend auf den Impfstoff reagieren kann. Aber auch unter jüngeren Menschen würden meist nur rund 80 Prozent einen Schutz gegen die geimpften Influenza-Viren entwickeln. Zum Vergleich: Die Masernimpfung wirkt bei bis zu 95 Prozent der Patienten zuverlässig.

Dennoch rät Glasmacher zur Impfung, da sich die Virenverteilung noch ändern könne und weil sie für die Risikogruppen den besten Schutz bietet. "Zwar erkranken Kinder im Verhältnis zu Senioren viel häufiger an der Grippe, aber sie genesen auch wieder gut. Senioren haben sehr häufig einen sehr schweren Krankheitsverlauf." Weil nach der Impfung bis zu zwei Wochen vergehen, bis der Impfschutz hergestellt ist, sollte möglichst schnell eine Arztpraxis aufgesucht werden.

Deutschland ist nicht das einzige Land, in dem die Grippe derzeit grassiert. Auch in den Niederlanden, Frankreich, Schweiz, Österreich und Polen breitet sich die Krankheit aus. In Italien werden derzeit besonders hohe Fallzahlen gemeldet.

Eine Grippe lässt sich meist an einem plötzlichen Krankheitsbeginn mit Fieber, Muskel- und Kopfschmerzen erkennen. Im schlimmsten Fall kommt es zu Komplikationen wie einer Lungenentzündung.

Als besten Schutz empfehlen Experten immer noch das Händewaschen und das Niesen in die Armbeuge.

(ham)
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