Neue Zahlen des Robert-Koch-Instituts Grippewelle hat nun ganz Deutschland im Griff

Düsseldorf · Arztpraxen quellen über, Busse fallen aus, Krankschreibungen stapeln sich - die Grippewelle hat Deutschland fest im Griff. Das zeigt auch die neue Karte des Robert-Koch-Instituts. Experten sehen derzeit keinen Grund für Alarm. Es kann allerdings noch schlimmer kommen.

 Die Karte zeigt die Aktivität der Grippe in den letzten drei Wochen. Inzwischen ist die Grippewelle fast überall in Deutschland präsent (tiefrote Flächen).

Die Karte zeigt die Aktivität der Grippe in den letzten drei Wochen. Inzwischen ist die Grippewelle fast überall in Deutschland präsent (tiefrote Flächen).

Foto: Arbeitsgruppe Influenza Robert-Koch-Institut

Die Meldungen über die Folgen der Grippewelle häufen sich in diesen Tagen. Schlimm ist das vor allem, weil auch ein großer Teil des medizinischen Personals in Deutschland betroffen ist und so die ohnehin vollen Arztpraxen und Ambulanzen den Ansturm an Grippekranken nur noch schwer bewältigen können.

Die erschreckende Nachricht: Ein Ende der Grippewelle ist noch nicht in Sicht. Im Gegenteil. Die aktuellen Daten der Arbeitsgruppe Influenza (AGI) des Robert-Koch-Instituts zeigen: Die Zahl der Fälle steigt immer noch an - inzwischen auch in Nordrhein-Westfalen.

7256 Neuerkrankungen gab es in der vergangenen Kalenderwoche (8. Woche). In der Woche zuvor waren es 6251, in der sechsten Kalenderwoche sogar "nur" 4563 Fälle von Influenza. Damit stieg die Zahl der Grippeerkrankten in Deutschland auf insgesamt 26.886.

Auch der Blick auf den Praxisindex bestätigt diesen Trend. Demnach ist die Anzahl der Arztbesuche wegen Grippesymptomen in der achten Kalenderwoche sogar höher als der Vergleichswert aus dem Jahr 2012/2013. Der damalige Grippeausbruch wurde bislang von Experten als besonders stark bewertet. "Allerdings muss man einräumen, dass es schon mal sein kann, dass der Wert einer Woche so eine Spitze erreicht. Das muss noch nichts bedeuten", sagt Susanne Glasmacher, Pressesprecherin des Robert-Koch-Instituts (RKI). Wie sich die Zahl der Arztbesuche oder die Grippeausbreitung weiter entwickeln könne dadurch nicht bestimmt werden. "Das wäre ungefähr so, als würden Sie in der Halbzeit eines Fußballspieles fragen, wie das Spiel ausgehen wird", so Glasmacher.

Ob der Grippeausbruch 2014/15 wirklich besonders dramatisch ist oder nicht, lässt sich laut Expertin erst im Nachgang festlegen. Dann wenn das Statistische Bundesamt auch die Zahl der Krankschreibungen und vor allem, die der Todesfälle bekannt gibt.

 Der Praxisindex gibt die Abweichung der Fälle von Grippe- und Atemwegserkrankungen zu einem Normalzustand an. Das Diagramm zeigt: Die Abweichung steigt in diesen Wochen steil an.

Der Praxisindex gibt die Abweichung der Fälle von Grippe- und Atemwegserkrankungen zu einem Normalzustand an. Das Diagramm zeigt: Die Abweichung steigt in diesen Wochen steil an.

Foto: Arbeitsgruppe Influenza Robert-Koch-Institut

Im Jahr 2012/2013 kostete die Grippe rund 20.000 Menschen das Leben. "Das ist schon eine sehr hohe Zahl", sagt Glasmacher. Über die aktuelle Lage, gibt es bislang jedoch noch keine Informationen. Aber die ersten Todesfälle werden bereits wie hier in Leverkusen bekannt.

Sicher ist, dass die Kurve der Neuinfektionen noch keinen Knick gemacht hat. Das bedeutet auch, dass das heftige Ende immer noch kommen könnte, und das obwohl Deutschland längst nicht mehr weiß, wohin mit seinen Kranken. Das weiß auch Lothar Kratz, der Leiter der Krankenhausgesellschaft NRW: "Wir haben zwar noch keine genauen Daten, hören aber immer wieder von Krankenhäusern, dass die Ambulanzen überfüllt sind, weil eben auch das medizinische Personal wegen der Grippe ausfällt."

Laut den Daten zieht es inzwischen vor allem Menschen zwischen 35 bis 59 Jahren wegen der Grippe zum Arzt. Aus dieser Gruppe haben in der vergangenen Woche zwölf Prozent mehr eine Arztpraxis aufgesucht als in der Vorwoche. Etwas gesunken ist dagegen die Zahl der Arztbesuche bei Kindern zwischen 0 und 14 Jahren.

Einer der größten Verbreitungsherde der Krankheit liegt in Privathäusern. Denn hier haben die Bewohner ständig Kontakt miteinander, und zwar auch Hautkontakt über die Hände. "Gerade innerhalb Familien mit kleinen Kindern ist eine Ausbreitung deshalb kaum zu vermeiden, wenn erst einmal eine Person, vor allem ein Kind, erkrankt ist", sagt , stellvertretender Leiter der Abteilung für Infektions-Epidemiologie am Helmholtz Zentrum für Infektionsforschung.

Als besten Schutz empfiehlt der Experte immer noch das Händewaschen und das Niesen in die Armbeuge. "Gehört ein Familienmitglied zur Risikogruppe bei Grippe, dann könnte man auch über eine Atemschutzmaske für den Betroffenen nachdenken." Zur Risikogruppe gehören Senioren ohne Vorerkrankung und Kinder sowie Erwachsene mit Vorerkrankung.

"Diese Maßnahmen wirken tatsächlich ziemlich gut, da die Grippe nicht so ansteckend ist, wie etwa die Masern", erklärt der Infektiologe. Der Grund liege darin, dass sich das Masernvirus auch in extrem kleinen Tropfen verbreite, und somit auch über die Luft übertragen werde. "Das Grippevirus dagegen setzt sich vor allem in größere Tröpfchen, die durch Husten, Niesen und eben Sekret an den Händen auf Türklinken übertragen werden", so Professor Mikolajczyk.

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Foto: gms

Dafür dass die Grippewelle noch extrem ansteigt, sieht aber auch der Infektiologe bislang keinen Beweis. "Zwar kann man genaueres erst sagen, wenn die Daten im Nachgang zur Grippewelle vorliegen, aber die Grippewelle beendet sich in gewisser Weise irgendwann von selbst." Denn wer einmal daran erkrankt ist, wird das nicht wieder tun, und nicht jeder, der den Viren ausgesetzt ist, erkrankt auch zwingend.

Besonders auffällig ist die Grippewelle in diesem Jahr, weil so viele Institutionen vorübergehend schließen müssen. Auch einige Unternehmen sprechen von den meisten Krankschreibungen seit Jahren. "Aber auch hierzu würde ich sagen, dass so etwas auch einmal vorkommen kann. In Nordeuropa ist jetzt eben Grippezeit, und die kann auch einmal schwerer ausfallen. Von einer Epidemie, kann deswegen nicht die Rede sein."

(ham )
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