Kapuzinerkresse, Propolis, Thymian Natürliche Antibiotika gegen Halsschmerzen und Co.

Essen · Wenn es draußen friert, sind Bakterien auf dem Vormarsch. Gegen Halsweh, Bronchitis und Co. sollen dann Antibiotika helfen. Doch viele schrecken davor wegen möglicher Nebenwirkungen und Resistenzen zurück. Wir erklären, mit welchen natürlichen Mitteln Sie ebenfalls antibiotische Wirkung erzielen.

Die besten Antibiotika aus der Natur
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Die besten Antibiotika aus der Natur

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Foto: Shutterstock/oksix

Vom Sommer bis tief in den Herbst hinein blüht die Kapuzinerkresse in knalligen Farben in Bauerngärten und als Wandranke. In leuchtendem Gelb und strotzendem Orange ist die Arzneipflanze des Jahres nicht nur schön anzuschauen, sondern in Kombination mit Meerrettich eine natürliche Waffe gegen üble Bakterien, Pilze und Viren.

Das sollten Sie über Antibiotika wissen
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Foto: dpa, Federico Gambarini

"Angocin, eine fertige Mischung aus beidem, wurde bei Infekten der oberen Luftwege gut erforscht. Es wirkt wie ein Antibiotikum, ohne die gefürchteten Nebenwirkungen", sagt Thomas Rampp. Eingesetzt wird es außerdem bei Infekten der Harnwege. Allerdings ist es den meisten unbekannt und nicht annähernd so oft verordnet wie chemische Antibiotika. Obwohl es ihnen gegenüber deutliche Vorteile in den Pflanzenteilen trägt: Während herkömmliche Wunderwaffen gegen Viren und Pilze nichts ausrichten können und allein bei bakteriellen Infektionen helfen, sind gleichrangige Phytopharmaka universell einsetzbar.

Schutzschild für Pflanzen und Menschen

Die Natur hat schlau gearbeitet: Als Schutz der Pflanzen vor allen drei Krankheitserregern hat sie diese mit wirkungsvollen Substanzen — wie zum Beispiel Senfölen — ausgestattet, die zum Teil zwar in ihren einzelnen Wirkmechanismen bis heute noch nicht erklärt sind, deren grundsätzliche Wirkung jedoch in Studien nachgewiesen ist. Aus Pflanzen wie der blühfreudigen Kapuzinerkresse und dem scharf schmeckenden Rettich lassen sich Stoffe gewinnen, die nicht nur das Gartengrün vor Schlimmem bewahren, sondern auch Menschen nutzen: pflanzliche Antibiotika.

Mediziner wie Dr. Thomas Rampp, der als Oberarzt der Klinik für Naturheilkunde und Integrative Medizin in den Kliniken Essen-Mitte arbeitet sind sie eine wirkungsvolle Alternative zu chemischen Keulen, wie der Mensch sie schuf. "Es gibt Fälle, in denen wir auch auf klassische Antibiotika zurückgreifen, wie zum Beispiel bei einer Lungenentzündung, aber wir behandeln parallel auch dann mit Phytotherapeutika", erklärt der Arzt.

Nachteile klassischer Antibiotika

Denn bekannter Nachteil nach einer chemischen Antibiose ist, dass gute wie schlechte Bakterien ausradiert werden. Im Darm zeigt sich das als großer Nachteil. Er ist nach einer solchen Behandlung blank gefegt, obwohl sich zum Wohle unserer Gesundheit dort zahlreiche Bakterienstämme tummeln sollten. Diesen Effekt hat man nach einer Therapie mit pflanzlichen Antibiotika nicht.

Weiterer Vorteil: auch gefürchtete Resistenzen haben sich unter der pflanzlichen Therapie bislang nicht beobachten lassen. Die schulmedizinische Wunderwaffe, die helfen soll, wenn nichts mehr geht, wird hingegen immer stumpfer. Heute sind nach Informationen des Helmholtz Zentrum in München etwa 70 Prozent der Bakterien, die Infektionen in Krankenhäusern verursachen, gegen mindestens ein Antibiotikum resistent.

Resistenzen gibt es bei pflanzlichen Antibiotika nicht

Klassische Antibiotika gehören zu den am häufigsten verordneten Arzneimitteln in Deutschland. Rund 31,5 Prozent aller Kassenpatienten bekamen es 2010 auf Rezept. Eine Studie aus dem Jahr 2007 belegt, dass bei Patienten, die solche Mittel bekamen die Zahl der resistenten Bakterien um mehr als die Hälfte anstieg. Unter Beschuss sind jedoch die pflanzlichen Alternativen, moniert Rampp. So kam das Mittel Umckaloabo, einem Auszug aus den Wurzeln einer südafrikanischen Geranienart, im Herbst 2011 als leberschädigend in Verruf. "Als Nebenwirkung kennen wir das auch bei vielen schulmedizinischen Präparaten", sagt der Oberarzt. "Der Unterschied ist, dass darüber nicht so intensiv gesprochen wird, die Phytopharmaka indes ganz besonders unter Beschuss sind."

Pflanzliche Antibiotika im Klinikeinsatz

In Essen wird das Perlagonienextrakt Umkaloabo besonders bei Infekten der oberen Luftwege eingesetzt, weil es ein Anheften von Viren an den Schleimhautzellen verhindert und bereits eingedrungene Erreger sich weiter ausbreiten. Wirkung zeigt es zudem auf das Anheften von Bakterien auf Schleimhautzellen und deren krankmachende Vermehrung. Außerdem soll es schleimlösende Wirkung haben. Neuere Studien zeigen, dass das natürliche Extrakt sogar Wirkung auf den Erreger der Schweinegrippe zeigt sowie auf saisonale Grippeviren. Das Manko allerdings: Auch hier ist die Wirkursache bisher nicht vollkommen geklärt.

"Für die Pharmaindustrie ist es uninteressant Forschungsgelder in solch preiswerte und einfache Mittel zu stecken", sagt der Essener Mediziner. Aus diesem Grund komme man in der Erforschung der natürlichen Arzneimittel nur langsam voran.

Hilfe bei winterlichen Leiden

Wer bei winterlichen Infekten wie Bronchitis, Harnwegs- und Ohreninfekten, lohnt es sich allerdings nach Überzeugung der schulmedizinisch wie naturheilkundlich arbeitenden Experten in Essen, auf Alternativen aus der Naturheilkunde zurückzugreifen. Vor allem Kreuzblütler, zu denen auch der Meerrettich zählt, und fast alle Liliengewächse — wie zum Beispiel Knoblauch oder Aloe Vera — enthalten antibiotisch stark wirksame Stoffe. Sie können in verschiedenen Darreichungsformen medizinisch rein gekauft werden, sind also als Tabletten, Tropfen, Dragees, Tees oder Cremes verfügbar.

Sollten zu den bestehenden Krankheitssymptomen Fieber oder ein schweres Krankheitsgefühl hinzukommen, raten die Mediziner allerdings zu einem Besuch beim Hausarzt.

(wat)
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