Erste Studie zu chronischem Juckreiz Jeden fünften Deutschen juckt es ständig

Bonn/Heidelberg · Chronischer Juckreiz ist in der Bevölkerung weiter verbreitet als bisher gedacht: Jeder Fünfte leidet einmal im Leben unter länger anhaltendem Juckreiz. Nicht immer ist eine Hauterkrankung die Ursache.

Das tut trockener und sensibler Haut gut
Infos

Das tut trockener und sensibler Haut gut

Infos
Foto: TK

Gesunde Haut ist der garantierte Schutz für unseren Organismus vor äußeren Einflüssen wie Hitze und Kälte, Verletzungen und Austrocknung. Außerdem hält unser größtes Organ Fremdstoffe wie Bakterien, Pilze, Viren, chemische Substanzen und Allergene davon ab, in unseren Körper einzudringen. Das aber kann die Haut nur leisten, wenn sie intakt ist. Jeder Fünfte kämpft in seinem Leben jedoch mit Juckreiz, so fanden Wissenschaftler in der weltweit ersten Studie zur Häufigkeit von chronischem Juckreiz heraus.

Dazu befragten die Forscher der Abteilung für Klinische Sozialmedizin am Uniklinikum Heidelberg rund 2.540 Personen im Rhein-Neckar-Kreis. Ungefähr jeder siebte der Befragten litt in den letzten sechs Wochen an Juckreiz. Die meisten gaben an, bereits seit mehreren Jahren das Problem zu haben. Nur bei der Hälfte der Betroffenen, die einen Arzt aufsuchten, konnte ihnen dieser Linderung verschaffen.

Das steckt dahinter, wenn es uns juckt

Zu den häufigsten Gründen Symptom zählten Hautkrankheiten wie Neurodermitis oder Schuppenflechte, doch auch Lebererkrankungen, Nierenerkrankungen oder verschiedenen neurologischen oder psychischen Erkrankungen können zu Juckreiz führen. Die Talgproduktion vermindert sich auch altersbedingt, ebenso können Hautprobleme auf erbliche Faktoren zurückgehen.

Besonders bei älteren Menschen reagiert die Haut mit Juckempfinden auf Medikamente oder aber verschiedene Faktoren zusammen sorgen für das unerträgliche Gefühl auf der Haut. Die Auswertung ergab, dass vor allem Menschen mit türkischer Herkunft häufiger an chronischem Juckreiz litten als Deutschstämmige. "Hier müssen nun weitere Studien prüfen, ob diese Gruppe insgesamt anfälliger für diese Beschwerden oder anderen Risikofaktoren ausgesetzt ist", erklärt Studienleiterin Professor Dr. Elke Weisshaar. Das Risiko von Frauen, einmal im Leben chronischen Juckreiz zu entwickeln, war leicht erhöht.

Wer schon einmal unter juckender Haut gelitten hat, der kann nachempfinden, warum der Juckreiz landläufig auch als der kleine Bruder des Schmerzes bezeichnet wird. Noch fehlen spezifische Medikamente, die zuverlässig und langfristig eine Linderung auf der Haut spürbar machen.

Defekte Hirnschicht ist oft der Übeltäter

Oft steckt — geht das Problem auf eine Hauterkrankung zurück — dahinter eine Störung in der Hautbarriere. Im Klartext heißt das: Die äußerste Hautschicht, die so genannte Hornschicht ist dann nicht intakt. Normalerweise legen sich dort Hornschichten wie eine Mauer übereinander. Bei trockener Haut aber ist diese Struktur durchbrochen oder aber der Säureschutzmantel der Haut, ein dünner Wasser-Fett-Film, ist gestört.

Die Haut verliert dann leicht Feuchtigkeit und trocknet aus. Menschen, die wie Neurodermitiker extrem trockene Haut haben, spüren, dass die Haut rau wird und beginnt, sich zu schuppen. Sie verliert nach Informationen der Deutschen Haut- und Allergiehilfe an Elastizität und bildet verstärkt feine Linien und Fältchen. Oft klagen die Betroffenen dann auch über ein Spannungsgefühl oder entzündete, rissige Haut.

So findet die Haut ins Gleichgewicht zurück

Helfen können sich die Betroffenen lediglich durch eine optimale Pflege der geschundenen Haut. In solchen Fällen kommt es darauf an, die natürliche Schutzbarriere des großen Organs, das uns umgibt wiederherzustellen. empfindliche oder vorgeschädigte Haut braucht Unterstützung. Dazu gehört eine konsequente, tägliche Hautpflege. Die haut muss künstlich das bekommen, was ihr fehlt: Fett und Feuchtigkeit.

Die Deutsche Haut- und Allergiehilfe empfiehlt dazu einige Maßnahmen, zu denen die Pflege mit Emulsionen mit hohem Fettanteil zählt. Optimaler Weise enthalten die Produkte, die Betroffene verwenden, keine Parfumstoffe. Auf diese nämlich reagiert die ohnehin schon sensible haut besonders empfindlich. Sie können zu einer Verschlechterung des Hautzustandes und zu allergischen Reaktionen führen.

Ungeeignet ist die Anwendung reiner Fettsalben ohne Wasseranteil. Denn während bei wasserhaltigen Emulsionen der Fettfilm auf der Haut luftdurchlässig ist und einen leichten Wärmeausgleich der Haut ermöglicht, blockiert eine reine Fettsalbe diese Regulation. Leicht entsteht so ein Wärmestau, der die bestehende Entzündung fördert.

Schon Wasser kann Problem sein

Vorteilhaft ist laut der Allergiehilfe vor allem die Verwendung von Pflegeprodukten, die natürliche Fette und Öle enthalten. Die nämlich sind der Fettsäurestruktur der Haut besonders ähnlich. Mandelöl und Sheabutter kann die Haut besonders gut aufnehmen.

Wichtig ist für trockene und sensible Haut die richtige Reinigung. Jedes Waschen und Reinigen der Haut entzieht ihr Fett und Feuchthaltefaktoren. Am besten sind also Reinigungsprodukte, die die Barrierefunktion der Haut möglichst wenig beeinträchtigen. Bei empfindlichen Menschen ist schon Wasser allein ein Problem. Es kann bereits den Säureschutzmantel der Haut beeinträchtigen, informiert die Haut- und Allergiehilfe.

Einen wichtigen Anhaltspunkt liefert der pH-Wert der verwendbaren Seifen. Die Skala reicht von pH 0 für stark saure Lösungen bis pH 14 für stark alkalische Laugen. Wasser hat einen pH-Wert von 7. Liegt er zwischen 8 und 11, ist er für trockene Haut nicht geeignet. Empfindliche Haut braucht pH-neutrale Seifen, Waschemulsionen, Badegele oder Duschbäder.

(wat)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort