Hypertonie Wie Sie Ihren Blutdruck ohne Medikamente senken

Düsseldorf · Fast jeder zweite Deutsche hat Bluthochdruck. Den senken die meisten mit dem Griff zu Medikamenten. Dabei wäre das meist gar nicht nötig. Denn in 80 Prozent der Fälle ist ein schlechter Lebenswandel die Ursache. Oft lässt sich dann der Blutdruck auf natürliche Weise senken. Wie das möglich ist, lesen Sie hier.

 Zu hoher Blutdruck lässt sich statt durch Medikamente auch auf natürliche Weise senken.

Zu hoher Blutdruck lässt sich statt durch Medikamente auch auf natürliche Weise senken.

Foto: Shutterstock/Manczurov

Über 300.000 Menschen erleiden jährlich nach Informationen der Deutschen Herzstiftung einen Herzinfarkt. "80 Prozent von ihnen wären vermeidbar", sagt Professor Uwe Nixdorff, Kardiologe und Leiter des European Prevention Centers in Düsseldorf.

Kopfdruck, Schwindel, Übelkeit oder ein roter Kopf — all das sind mögliche Symptome der Volkskrankheit Bluthochdruck. Sie treten nicht immer auf, doch schädigt auch der oft unbemerkte Hochdruck die Gefäße. "Er ist in Deutschland der häufigste Risikofaktor für Herz- und Gefäßerkrankungen", sagt Kardiologe Professor Bernhard Schwaab, Mitglied des Beirats der Deutschen Herzstiftung. "Doch ist er in rund 80 Prozent der Fälle nicht schicksalsgegeben", betont Nixdorff.

Viele Schlaganfälle und Herzinfarkte könnten ungeschehen bleiben, würden die Betroffenen einige Stellschrauben im Leben verändern. Sie könnten dann im besten Fall sogar ganz auf Medikamente verzichten.

Warum das so ist, lässt sich besser verstehen, wenn man weiß, was Herzinfarkte oder Schlaganfälle auslöst: "Besteht hoher Blutdruck dauerhaft und kommen weitere Faktoren wie hohe Blutfettwerte oder Übergewicht hinzu, steigt die Gefahr der Atherosklerose", erklärt Uwe Nixdorff. Das heißt: Es bilden sich Ablagerungen an den Gefäßwänden. Sie tun zwar nicht weh, können bei Blutdruckspitzen jedoch an den Arterien aufreißen. "Das ist vergleichbar mit einer inneren Verletzung. Das Gerinnungssystem sorgt dafür, dass diese Verletzung wieder geschlossen wird. Es bildet sich ein Pfropf in der Arterie", so der Kardiologe weiter. Ein solches Gerinnsel kann dann oder zu einem späteren Zeitpunkt die Arterie verschießen und einen Herzinfarkt oder Schlaganfall auslösen.

Was aber muss man tun, um statt auf blutdrucksenkende Betablocker zu vertrauen den Blutdruck auf natürliche Weise zu senken? "Man sollte sich täglich bewegen, einige Ernährungstipps beachten und sogenannte psychosoziale Faktoren wie Stress im Auge behalten", sagt Professor Nixdorff. Wer den inneren Schweinehund besiegt und sein Leben diesbezüglich umkrempelt, der hat weit mehr geschafft, als seinen Bluthochdruck zu bekämpfen: "Sich fit zu halten, kann bis zu 20 Jahre Lebenszeit ausmachen", sagt Beiratsmitglied der Deutschen Herzstiftung Nixdorff.

Er baut in der Beratung seiner Patienten auf eine zwar eiserne aber realistische Umstellung. Denn auch dem Herzspezialisten sind die Alltagsprobleme der Bürobevölkerung präsent. Darum appelliert er in Sachen Bewegung: "Es muss nicht gleich ein Marathon sein." Ein Anfang ist für einen Dauersitzer auch, während längerer Telefonate einmal vom Schreibtisch aufzustehen und hin- und herzugehen. "Rufen Sie nicht beim Kollegen an, sondern gehen sie einfach hin. Nehmen Sie sich vor, den Aufzug nicht mehr zu benutzen."

Das stellt manchen in Anbetracht von sieben Stockwerken vielleicht auf eine harte Probe, doch wer die regelmäßig per Pedes statt im Lift zurücklegt, wird innerhalb kurzer Zeit die Erfolge des körperlichen Trainings bemerken. "Wichtig ist es, die Veränderungen in den Alltag einzubauen", sagt Präventionsexperte Nixdorff. Das Umsteigen vom Auto aufs Fahrrad zählt für ihn bei überschaubaren Distanzen zum Arbeitsplatz ebenso dazu. Für die, die aufs Auto nicht verzichten können, hat er einen Tipp: "Parken Sie einfach ein bisschen weiter weg. Das ist auch beim Einkaufen auf dem Parkplatz eine gute Sache." Helfen kann zudem ein Schrittzähler, mit dem man seine Fußwege täglich im Auge behalten kann. "10.000 Schritte am Tag sollte man machen", wem abends noch 4000 fehlen, der kann sie nach einem entspannten Abendspaziergang dazu addieren.

Nach einem solchen Start in ein bewegteres Leben bekommt mancher vielleicht Lust auf mehr. Mit einem gut durchdachten Sportprogramm ist laut der Deutschen Herzstiftung eine Verringerung der Blutdruckwerte um etwa fünf bis zehn mmHg zu erwarten. Dazu sollte man im Schnitt täglich rund eine halbe Stunde Ausdauersport wie Laufen, Radfahren oder Schwimmen machen. "Ideal ist eine zweimal wöchentliche Ergänzung durch ein Krafttraining", so Nixdorff.

In Sachen Ernährung hilft der Verzicht auf Kohlenhydrate. "Süßigkeiten sind Gift", so der Präventionsexperte. Einzige Ausnahme: "70-prozentige Schokolade. Die macht die Arterien sogar flexibler." Schädlich sind hingegen Weißmehl, das in Brot, Pasta und Pizza steckt, aber auch Reis. Power und bessere Blutdruckwerte bringen hingegen Obst und Gemüse, Salat und Fisch. Eine solche Ernährung sorgt ganz nebenher dafür, dass die Pölsterchen auf den Hüften schmelzen. In Bezug auf einen niedrigen Blutdruck empfiehlt sich ein Body-Mass-Index von unter 25 oder ein Taillenumfang von 80 Zentimetern bei der Frau und 94 Zentimetern beim Mann. "Mit einer Gewichtsreduktion kann man den Blutdruck um fünf bis zehn mmHg senken", sagt Nixdorff.

Zudem zahlt sich Zurückhaltung beim Salzen aus, denn ein zu Viel der weißen Würze wirkt sich ungünstig auf den Blutdruck aus. Mit würzigen Kräutern lässt sich ein Mahl ebenso schmackhaft kochen. Auf diese Weise kann man versuchen, die tägliche Kochsalzzufuhr auf unter sechs Gramm täglich zu senken. Auch ein besonnener Alkoholkonsum von einem Glas Wein bei der Frau und zwei Gläsern Alkohol beim Mann gehören zu einer effektiven Blutdruckprophylaxe und —senkung.

Bei Stress spürt mancher förmlich seinen Blutdruck in die Höhe schießen. Anderen sieht man es am tomatenroten Kopf auch äußerlich an. "Die Entspannung zwischen den Stressphasen fehlt mehr und mehr. Ständig Stress ausgesetzt zu sein, der immer wieder Puls und Blutdruck in die Höhe treibt, kann zu chronischem Bluthochdruck führen", sagt Professor Bernhard Schwaab. Oft ist dabei der Stresslevel und das Überforderungsgefühl im privaten Bereich sogar höher als im Job, so belegt eine Studie der Penn State University in Pennsylvania. Hier können regelmäßige Pausen und kleine Spaziergänge helfen. Professor Uwe Nixdorff empfiehlt zudem Achtsamkeitsübungen nach Jon Kabat-Zinn: "Das hat einen günstigen Effekt auf das Nervensystem, da es durch Entspannung in Balance gebracht werden kann." Das hat positive Auswirkungen auf den Blutdruck.

(wat)
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