Koronare Herzkrankheiten Starkes Ost-West-Gefälle bei Herz-Toten

Berlin · Menschen mit Herzerkrankungen sterben in den alten Bundesländern deutlich seltener als im Osten. Experten machen dafür auch soziale Faktoren verantwortlich. Insgesamt leben Herz-Patienten aber immer länger.

Koronare Herzkrankheit – Die Risikofaktoren
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Foto: centertv

Die Medizin hat in den vergangenen Jahren große Fortschritte in der Behandlung der Todesursache Nummer eins in Deutschland gemacht. Zwar sind chronische koronare Herzkrankheiten, Herzinfarkt und Herzinsuffizienz, weiterhin für rund zwei Drittel aller Todesfälle in Deutschland verantwortlich, aber die Überlebenschancen von Erkrankten sind deutlich gestiegen. Und so leben viele Herz-Patienten immer länger. Das sind die positiven Ergebnisse des deutschen Herzberichtes 2015, der gestern von der Deutschen Herzstiftung und mehreren ärztlichen Fachgesellschaften in Berlin vorgestellt wurde.

Allerdings belegt der Report auch einen gegenläufigen Trend. Denn einzelne Herz-Erkrankungen sind für eine wachsende Zahl von Todesfällen verantwortlich. Außerdem zeigt der Herzbericht große Unterschiede zwischen den Bundesländern: Im Osten Deutschlands sterben Herz-Patienten deutlich häufiger als in den alten Bundessländern.

"Verstarben im Jahr 1990 in Deutschland insgesamt noch 324,8 Einwohner pro 100.000 an den häufigsten Herzkrankheiten, ging die Sterbeziffer bis zum Jahr 2013 um 17,2 Prozent auf 268,9 zurück", sagte Karl-Heinz Kuck, Präsident der Deutschen Gesellschaft für Kardiologie (DGK). Insbesondere akute Herzinfarkte könnten sehr viel wirksamer behandelt werden, und so habe die Sterblichkeit beim Herzinfarkt von 1990 bis 2013 um rund 40 Prozent abgenommen. Als Gründe nannte Kuck vor allem verbesserte Therapiemöglichkeiten und schnellere Reaktionszeiten der Rettungskräfte und des medizinischen Personals im Krankenhaus.

"Heute überleben auch immer mehr Patienten einen akuten Herzinfarkt, erkranken aber später an anderen Herzkrankheiten", erklärte der DGK-Präsident. So steige durch die höhere Lebenserwartung das Risiko für Herzklappen- oder Herzrhythmuserkrankungen mit zunehmendem Alter überproportional an. Und in der Tat sind laut Herzbericht diese zwei Gruppen von Herz-Krankheiten Ursache für eine wachsende Zahl von Todesfällen: Bei Herzklappen-Krankheiten ist die Sterbeziffer im Zeitraum von 1990 bis 2013 von 7,8 auf 19,7 Menschen pro 100.000 Einwohner gestiegen, bei Herzrhythmusstörungen von 17,1 auf 32,4.

Während die Sterblichkeit bei Herzkrankheiten also insgesamt langfristig zurückgeht, gibt es geografisch große Unterschiede. In den ostdeutschen Bundesländern (ohne Berlin) sterben prozentual deutlich mehr Menschen an Herzerkrankungen als im Westen. So lag 2013 die Sterbeziffer in Sachsen-Anhalt (398 von 100.000 Einwohnern), Sachsen (360) und Thüringen (335) deutlich höher als in Berlin (193), Nordrhein-Westfalen (214) und Hessen (259). Das Risiko, an einem Herzleiden zu versterben, ist somit in Sachsen-Anhalt doppelt so hoch wie in der Großstadt Berlin. NRW und Rheinland-Pfalz lagen 2013 unter dem Bundesdurchschnitt von 269 Todesfällen pro 100.000 Einwohner, Rheinland-Pfalz mit 289 etwas darüber. Gerade NRW gilt mit seinem engen Netz an Fachkliniken als gut versorgt.

Doch woher kommen diese großen regionalen Unterschiede? In den Bundesländern mit einer hohen Sterblichkeit treten laut Deutscher Herzstiftung wichtige Risikofaktoren für Herz-Kreislauf-Erkrankungen deutlich häufiger auf. Dazu zählen: Rauchen, Diabetes, Bluthochdruck und Übergewicht. Diese Häufung der Risikofaktoren lasse sich zu einem großen Teil auf ungünstige soziale Faktoren zurückführen, erklärte Andreas Stang vom Zentrum für Klinische Epidemiologie (ZKE) am Universitätsklinikum Essen. "Unsere Analyse zeigt ganz deutlich, dass auch sozial ungünstige Aspekte wie hohe Arbeitslosigkeit und ein hoher Anteil der Schulabgänger ohne Abschluss für die Erklärung der überdurchschnittlichen Infarktsterblichkeit eine wichtige Rolle spielen", sagte Stang vom ZKE.

Die Gesundheitsexperten fordern daher, dass diese Faktoren in den Fokus der Prävention rücken müssen. Eine Senkung der Arbeitslosigkeit und eine Steigerung der Bildung insbesondere der eigenen Gesundheit können mittelfristig helfen, die Sterblichkeit bei Herzerkrankungen zu verringern.

(RP)
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