Herpes und Magen-Darm Warum ein simpler Infekt aufs Herz gehen kann

Düsseldorf · Wer rechnet denn damit, dass die Dauerschlappheit nach der ewig andauernden Erkältung eine Entzündung des Herzmuskels ist? Ein banaler Infekt reicht, um das Herz in Gefahr zu bringen.

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Foto: Lothar Berns

Herpes, ein Magen-Darm-Infekt oder eine hartnäckige Erkältung — ganz gleich, welche Art von Infekt Sie niederstreckt — sie alle sind gleich gefährlich für das Herz, wenn man sie ignoriert und weitermacht, als wäre man gesund. Denn treibt man weiter Sport, beansprucht sich körperlich beispielsweise durch Saunagänge oder steht im Job unter Stress, kann das das Herz schädigen.

Bakterielle und virale Infektionen sind Gefahr fürs Herz

"Sowohl bakterielle wie auch virale Infektionen können zu einer Herzmuskelentzündung — auch Myokarditis genannt - führen", sagt Florian Bönner, Oberarzt und Kardiologe am Uniklinikum Düsseldorf. Bei rund fünf bis zehn Prozent der Viruserkrankungen wird auch der Herzmuskel angegriffen. Die gute Nachricht: Eine Herzmuskelentzündung kann auch von selbst innerhalb von sechs Wochen wieder ausheilen.

Bei jeder dritten Herzmuskelentzündung gelingt es dem Körper laut Michael Böhm vom Wissenschaftlichen Beirat der Deutschen Herzstiftung nicht, die Entzündung im Herzmuskel zu stoppen. Dann können sich Narben bilden, die den Herzrhythmus stören. In schweren Fällen ist die Pumpleistung des Herzens so sehr beeinträchtigt, dass eine Herztransplantation notwendig wird. Ein weiteres Risiko: der plötzliche Herztod.

Laut der Deutschen Herzstiftung werden jedes Jahr rund 3.500 Patienten mit schweren Verläufen in Kliniken behandelt. 150 Betroffene sterben daran. Doch die Dunkelziffer ist viel höher: Viele machen eine Myokarditis durch, ohne davon zu wissen. Denn das Tückische an der Erkrankung ist, dass es keine spezifischen Symptome gibt. "Liegt ein Infekt bereits zwei Wochen zurück und man muss bei Spaziergängen oder bei der Hausarbeit Ruhepausen einlegen, dann sollte man hellhörig werden", sagt Böhm.

Diese Warnzeichen sollten Sie nicht ignorieren

Als Warnzeichen gelten zudem Abgeschlagenheit, Leistungseinschränkung, Brustschmerzen oder Luftnot. Letztere ist laut Bönner das entscheidende Zeichen. "Patienten mit Luftnot haben in diesem Zusammenhang die schlechteste Prognose", sagt er. Darum sollte man sofort einen Arzt oder eine Notfallambulanz aufsuchen.

Besser jedoch wäre es, sich bei einem Infekt gleich zu schonen und auf Joggen und Fitnessstudio zu verzichten. Bönner rät dazu, so lange körperliche Belastungen und Stress zu vermeiden, bis die Krankheitssymptome wieder abgeklungen sind.

Denn was viele ebenfalls nicht wissen: Eine Myokarditis tritt ebenso häufig bei jungen Menschen zwischen 20 und 35 Jahren auf wie bei über 60-Jährigen. Sogar Kinder sind gefährdet. Laut Informationen der Deutschen Herzstiftung erleben etwa zehn Prozent aller Kinder und Jugendlichen bis zu ihrem 15. Lebensjahr eine Myokarditis. In 80 bis 90 Prozent der Fälle verlaufe diese jedoch mild und werde darum oft gar nicht bemerkt.

Verschleppter Infekt - neues Herz mit 18

Ungefährlich ist sie dennoch nicht. Martin Jentges ist Therapiespezialist bei einem Medizinunternehmen und betreut schon viele Jahren Herzpatienten. Er kennt mehrere Beispiele, in denen es nicht glimpflich ablief: Eine Patientin, gerade 18 Jahre alt, hatte durch einen verschleppten Infekt eine Herzmuskelentzündung erlitten. Sie schädigte das Herz so sehr, dass die Pumpleistung des Organs nur noch bei weniger als 35 Prozent lag. "Ohne neues Herz hätte sie nicht dauerhaft weiterleben können", sagt er. Ein implantierter Defibrillator rettete ihr Leben, bis sie schließlich ein Spenderorgan bekam.

Besonders gefährlich ist es, wenn Herzmuskelentzündungen zu Herzstolpern führen. Denn solche Herzrhythmusstörungen können spontan in Kammerflimmern übergehen, was einem Herzstillstand gleich kommt. Immer wieder geschieht das bei Profisportlern. Doch ist es nach Einschätzung der Deutschen Gesellschaft für Kardiologie, Herz- und Kreislaufforschung viel häufiger bei ambitionierten Freizeitsportlern zu fürchten. "Die Todesfälle ereigneten sich am häufigsten bei den Sportarten, die in Deutschland am populärsten sind: Fußballspielen und Laufen", sagt Philipp Bohm vom Universitären Herzzentrum Zürich.

Die wichtigste Maßnahme, um sich vor solch bösen Folgen einer Myokarditis zu schützen: Hören Sie auf Ihren Körper. "Das ist so leicht daher gesagt, dass man gar nicht richtig hinhören mag", sagt der Düsseldorfer Kardiologe Bönner. Es zu tun, sei jedoch lebensrettend.

Therapie bei Myokarditis

Sich zu schonen gehört demnach zur wichtigsten Maßnahme bei einer Myokarditis. Daneben können hochdosierte entzündungshemmende Medikamente zum Einsatz kommen. "Zweifelsfrei lässt sich eine Herzmuskelentzündung allerdings erst durch eine Probenentnahme diagnostizieren, sagt Bönner. Vom Ergebnis dieser ist die Wahl des Therapieverfahrens abhängig. Es kann die Gabe von Kortison oder antiviral sowie das Immunsystem beeinflussenden Wirkstoffen notwendig machen.

"Wie bei anderen Formen der Herzschwäche werden häufig ACE-Hemmer und Betablocker verordnet", sagt Böhm. Die meisten Patienten erholen sich durch eine solche Behandlung wieder und die Herzmuskelfunktion normalisiere sich häufig vollkommen.

(wat)
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