Freibadsaison Was Sie besser vor dem Schwimmen wissen sollten

Düsseldorf · Wer ins Schwimmbad geht, kennt den Geruch von Chlor und gerötete Augen. Woher kommt das eigentlich?

 Der starke Chlorgeruch verrät es: Je mehr Menschen im Schwimmbecken sind, desto mehr Urin ist im Wasser (Symbolbild).

Der starke Chlorgeruch verrät es: Je mehr Menschen im Schwimmbecken sind, desto mehr Urin ist im Wasser (Symbolbild).

Foto: Shutterstock/Dudarev Mikhail

Haben Sie schon beim Betreten des Schwimmbades diesen typischen Schwimmbadgeruch in der Nase? Dann stimmt etwas nicht. "Ein Hallenbad darf diesen Geruch nicht haben", sagt Andreas Nahrstedt, Verfahrensingenieur beim Rheinisch-Westfälischen Institut für Wasserforschung in Mülheim an der Ruhr.

Warum es im Schwimmbad so nach Chlor riecht

Der Rückschluss der meisten fällt jedoch genau anders herum aus. Sie nehmen irrtümlich an, dass das Wasser besonders sauber sei, wenn es im Bad nach Chlor rieche. "Tatsächlich wird in deutschen Bädern hauptsächlich Chlor als Desinfektionsmittel eingesetzt", sagt Alexander Kämpfe, Fachgebietsleiter für Schwimm- und Badebeckenwasser beim Umweltbundesamt. Es tötet Keime und Erreger, die von den Badegästen ins Wasser getragen werden.

Das aber, was den Badegästen manchmal schon in der Vorhalle des Bades in die Nase steigt, ist nicht der Geruch von Chlor, sondern eines seiner Nebenprodukte: Trichloramin riecht ähnlich, aber intensiver. "Dieser Stoff bildet sich durch die Reaktion mit Harnstoff", sagt Kämpfe. Je stärker also der Geruch, desto mehr Harnstoff ist im Wasser.

So viel Urin ist im Wasser

50 Milliliter Urin bringt jeder Badegast ins Wasser mit, sagt Nahrstedt. Die einen nichts, dafür die anderen mehr.

Doch es gibt auch einen weiteren Weg, über den der Stoff ins Wasser kommt: über die Haut. Jeder Mensch trägt ganz natürlich Harnstoff auf seiner Haut. Er bindet die Feuchtigkeit und hält sie so geschmeidig. Darum durchschreitet jeder Badegast eines Hallenbades automatisch nach der Umkleide den Duschraum. Darum stehen auch in Freibädern neben Duschkabinen oftmals Brausen am Beckenrand.

Das sorgt für rote Augen

Was eigentlich als indirekte Aufforderung zur Körpersäuberung zu verstehen ist, wird jedoch zunehmend ignoriert, beobachten die Wasserexperten. Wer auf die hygienische Reinigung vor dem Schwimmen verzichtet, trägt neben Schweiß und Schmutz rund 0,16 Gramm Harnstoff ins Wasser ein. Das sorgt auch für rote, brennende Augen nach dem Schwimmen. Denn nicht nur das Chlor ist unangenehm für die Schleimhäute. Vor allem das entstehende Trichloramin kann Augen, Nase, Rachen und Bronchien reizen, sagt Kämpfe.

"Der Supergau sind Schulklassen", sagt Nahrstedt. Bei ihnen muss es meist aufgrund der Kürze der Schwimmzeit schnell gehen. Nicht selten springen dann Schüler an der Dusche vorbei ins Nass. Die Schwimmbermudas haben viele schon zu Hause angezogen und auf dem Fahrrad vollgeschwitzt.

All das — nebst Hautpartikeln, Haarschuppen, Speichel und Sonnencreme — landet mit dem Schwimmer im Pool. Das Chlor soll es nun die Viren und Bakterien, die neben diesen Fremdstoffen eingespült werden, unschädlich machen. Das aber funktioniert nur dort, wo die Verfahrenstechnik im Bad stimmt. Neben Chlor zur Desinfektion kommen Stoffe zum Einsatz, die Schmutzpartikel binden und ausflocken. Eine Filteranlage besorgt den Rest.

Düsseldorfer Bäder sind okay

Meist jedenfalls. In den Düsseldorfer Bädern funktioniert das gut. "Die Schwimmmeister machen dort einen guten Job", sagt Nahrstedt. Im Gegensatz zu vielen anderen Schwimmbädern. Einige seien laut Nahrstedt mangelhaft. Schwierig sei es vor allem in kleinen Bädern. Wenn die Verfahrenstechnik schwächelt, ist der scharfe Schwimmbadgeruch das geringere Problem. Wasserexperte Alexander Kämpfe vom Bundesumweltamt denkt darüber anders: "Jeder Schwimmmeister, der seinen Job ernst nimmt, ist an einer guten Wasserqualität interessiert. Alle öffentlichen Bäder werden außerdem durch die Gesundheitsämter überwacht."

Bei mangelnder Hygiene können sich allerdings besonders in warmen Whirlpools und kleinen aufgewärmten Kinderbecken Keime breitmachen. Zu den gefürchteten Mikroerregern gehört Pseudomonas aeruginosa. Schwemmt man ihn sich ins Ohr, kann er dort eine Ohrentzündung verursachen — die so genannte Schwimmbad-Otits. In anderen Fällen kann der Erreger Hautausschläge auslösen.

Hier sind die kritischen Stellen in den Bädern

Das Chlor schwächelt dann, wenn die Erreger sich in andere Teilchen einpacken. Pseudomonas aeruginosa macht das, indem er sich in eine Schleimschicht einhüllt. Damit ist er vor Desinfektionsmitteln sicher. Für Andreas Nahrstedt ist das Auftreten von Pseudomonas aeruginosa ein klares Indiz für Mängel im Filterbetrieb des Bades, eine schlechte Beckendesinfektion oder ein Hinweis auf eine nicht richtig funktionierende Beckendurchströmung. Vor allem in Winkeln wie in Treppenbereichen oder an kaputten Fugen könne es zu einer solchen Anreicherung kommen.

Wenn sich Fäkalkeime wie E. coli im Bad nachweisen lassen, ist das entweder ein deutlicher Hinweis auf eine versagende Desinfektion oder darauf, dass zu schnell zu viele dieser Keime ins Wasser gelangen. "Solche Erreger kann man durch effektive Durchströmung, Flockung und Filtration wieder austragen", sagt der Verfahrensingenieur. In baulich mangelhaften Ecken hilft nur das zusätzliche Scheuern.

(wat)
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