Steinmeier könnte ein Vorbild werden In Deutschland gibt es zu wenig Organspenden

Düsseldorf (RP). Der SPD-Fraktionsvorsitzende Frank Walter Steinmeier und seine Ehefrau Elke Büdenbender sind auf dem Weg der Besserung. Am Dienstag wurde ihm eine Niere entnommen und seiner schwer kranken Frau eingepflanzt. Das hat eine Diskussion über Organspenden ausgelöst. Hier die wichtigsten Fragen und Antworten.

Die Niere - ein lebenswichtiges Organ
6 Bilder

Die Niere - ein lebenswichtiges Organ

6 Bilder

Welche Organe können überhaupt von einem Lebenden transplantiert werden?

Lebendspenden sind nur bei Nieren möglich, die paarweise vorhanden sind. Oder aber bei Organen, die sich relativ schnell regenerieren können. Das ist beispielsweise bei der Leber der Fall. Da sind Teilspenden von Lebenden möglich. Das gilt auch für das Knochenmark, Das enthält die für die Blutproduktion notwendigen Stammzellen und wird beispielsweise bei Leukämie von einem Spender auf einen Kranken übertragen.

Und welche Organe können von einem Verstorbenen transplantiert werden?

Ist der Spender dagegen bereits tot, kann er noch mehr Leben retten, weil dann alle seiner Organe zur Verfügung stehen. Mittlerweile können von einem Toten das Herz, die Lunge, der Dünndarm, die Bauchspeicheldrüse und spezialisierte Insel-Zellen transplantiert werden — so wie Langerhans-Zellen, die Insulin produzieren. Augenhornhaut, Haut, Herzklappen, Knochen, Blutgefäße Sehnen und Knorpel können ebenfalls auf einen Kranken übertragen werden. Aber auch Hoden und Zähne.

Welche Transplantationen befinden sich noch im Versuchsstadium?

Mittlerweile können zwar erfolgreich ganze Gesichter transplantiert werden, aber das ist noch Teil der medizinischen Forschung. Ebenso wie die Transplantation von Händen oder Armen.

Wie groß ist die Bereitschaft zum Organspenden?

Im europäischen Vergleich nimmt Deutschland einen der letzten Plätze ein. Pro eine Million Einwohner gab es 2009 nur 14,9 Organspender. Für Nordrhein-Westfalen ist die Quote mit 14,5 sogar noch etwas schlechter. Nur in den Niederlanden, der Schweiz und Polen gibt es im europäischen Vergleich weniger Spender. In Spanien, das die Statistik anführt, sind es dagegen mit 34,2 Organspendern pro eine Million Einwohner mehr als doppelt so viel.

Woran liegt die geringe Zahl von potenziellen Organspenden?

Nur zwölf Prozent der Deutschen tragen einen Organspendeausweis bei sich tragen. Ohne einen solchen Ausweis sind die Ärzte auf die Zustimmung von Angehörigen angewiesen oder aber auf den vermuteten Willen des Verstorbenen. Daran scheitern mehr als zwei Drittel aller Ablehnungen erfolgen aus diesen Gründen. Zum Vergleich: Nur in 8,8 Prozent aller Fälle findet in Deutschland eine Organspende statt, weil der Verstorbene mit einem Spenderausweis schriftlich seine Einwilligung gegeben hat.

Wie erhält man einen Organspende-Ausweis?

Das geht sehr einfach. Man fragt seinen Arzt. Oder aber man lädt sich das Formular beispielsweise von der Internetseite der Deutschen Stiftung Organtransplantation (DSO) herunter (www.dso.de), füllt ihn aus und trägt ihn ständig mit sich. Man kann sogar bestimmte Organe ausschließen, die man auf keinen Fall spenden möchte. Bereits ab 16 kann man seine Bereitschaft dazu erklären. Aufgrund der geringen Zahl an Organspende-Ausweisen fordert der CDU-Gesundheitsexperte Jens Spahn, dass jeder Führerschein-Neuling einen Organspende-Ausweis bekommen soll.

Was ist die Grundlage für eine Organspende?

Grundlage für jede Organspende ist die Feststellung des Hirntodes. Dabei sind alle Funktionen des Gehirns erloschen. Der Körper selbst aber ist noch intakt und kann durch Maschinen künstlich am Leben erhalten werden. Zum Schutz der Organempfänger veranlasst die DSO dann die notwendigen Laboruntersuchungen. Dabei wird geklärt, ob bei dem Verstorbenen, also dem Organspender, Infektionen oder Tumorerkrankungen vorliegen, die den Organempfänger gefährden könnten. Dann wird die Internationale Organvermittlungsstelle Eurotransplant informiert. Sie sucht nach dem passenden Empfänger. Je mehr Körperwerte, wie beispielsweise die Blutgruppe, übereinstimmen, desto größer ist die Chance für eine erfolgreiche Transplantation. Es besteht immer die Möglichkeit einer Abstoßungsreaktion, die man aber immer besser in den Griff bekommt. Bei Nierentransplantationen beispielsweise muss noch nicht einmal mehr die Blutgruppe identisch sein.

Wie viele Spenderorgane werden derzeit benötigt?

Derzeit warten in Deutschland etwa 12 000 Patienten auf ein Spenderorgan, mehr als 8000 davon auf eine Niere. Diese Zahl ist dreimal höher als tatsächlich Spenderorgane zur Verfügung stehen. Insgesamt spendeten 2009 nach DSO-Angaben 1217 Menschen in Deutschland nach ihrem Tod ihre Organe. Das waren 19 Organspender mehr als 2008. Täglich finden in deutschen Kliniken nur elf Organtransplantationen statt.

(RP)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort