Medizinische Kürzel So verstehen Sie, was auf Ihrem Krankenschein steht

Düsseldorf/Köln · Fühlen Sie sich abgeschlagen und haben Sie Gliederschmerzen? Vielleicht leiden Sie an B34 oder sogar an B34.0. Das jedenfalls würde der Arzt auf den Krankenschein schreiben. Solche Kürzel finden sich aber auch auf Überweisungen oder Arztbriefen. Wir erklären, wie Sie die Codes entschlüsseln.

Krankenschein: Wann, wie und wo muss man sich krankmelden?
Infos

Fünf Fragen zum Krankenschein

Infos
Foto: dpa, Jens Büttner

Wer die Arztpraxis mit einem Überweisungsschein oder einer Krankmeldung verlassen hat, der mag sich manches Mal gewundert haben über die seltsamen Buchstaben- und Zahlenkürzel, die darauf vermerkt sind. Dabei handelt es sich um die ICD, die "International Statistical Classification of Diseases and Related Health Problems" — also die Internationale Klassifikation der Krankheiten. Ergänzt wird die Abkürzung ICD durch die Angabe -10. Das meint nichts anderes als die zehnte Ausgabe dieser Klassifikation.

Hinter den Codes aus einem Buchstaben und mehrere Zahlen verbirgt sich ein Katalog, der Krankheiten auflistet, die man beim Menschen kennt. Wer eine Infektionskrankheit hat, findet zu Beginn den Buchstaben A oder B. Menschen, die eine Tumorerkrankung haben, lesen auf Krankschreibungen den Buchstaben C oder D, und psychische Störungen werden hinter dem Buchstaben F verklausuliert. Die Liste nutzt alle 26 Buchstaben — und wird ergänzt durch Zahlenkombinationen bis maximal 99.

Wer also wie in unserem Beispiel abgeschlagen und bibbernd mit Gliederschmerzen ans Bett gefesselt ist, der hat eine Erkältung. So würde es der Arzt ihm mitteilen und dann auf die Ausfertigung des gelben Schein für die Krankenversicherung B34 schreiben. Die Nummer bezeichnet in der ICD-10 eine "Viruserkrankung nicht näher bezeichneter Lokalisation". Eine Bindehautentzündung hingegen würde sich unter dem Kürzel B30.1 finden. Das gibt Infektionen mit Adenoviren an, die Auslöser für die Entzündung im Auge sein können.

"In Deutschland werden die Codes bis zu fünfstellig", erklärt Dr. Ulrike Trinks von der Arbeitsgruppe medizinischer Klassifikation vom Institut für Medizinische Dokumentation und Information (DIMDI). Dort wird die deutsche Ausgabe der ICD-10 betreut. Manchmal beschreiben die Codes nicht nur eine Erkrankung, sondern stehen für eine Kombination mehrerer Krankheiten. Das Kürzel F40 steht für "phobische Störungen". F40.01 ist eine phobische Störung, die zusammen mit Panikattacken auftritt.

Sucht man seinen Arzt auf und wird krank geschrieben, teilt er der Krankenkasse über die ICD-10 zu Abrechnungszwecken die Krankheit mit. Auf dem Durchschlag für den Arbeitgeber allerdings darf das Kürzel nicht auftauchen.

"Ein Ziel der ICD-10-Klassifikation ist es, die medizinische Kommunikation zu standardisieren, um Missverständnisse auszuschließen", erklärt Sven Borowski, Sprecher des DIMDI. Man stellt so also sicher, dass weltweit alle von derselben Krankheit sprechen. Eingeführt hat das System die Weltgesundheitsorganisation ursprünglich als Todesursachenverzeichnis. Erste Vorläufer der Liste gab es bereits 1893. Nach und nach wurde sie um Krankheiten erweitert und umfasst in Deutschland heute 15.800 Codes.

Die deutsche Ausgabe der ICD-10 wird jährlich überarbeitet und erweitert, denn immer noch gibt es Krankheiten, die darin nicht spezifisch aufgeführt sind. Das ist beispielsweise bei Burnout so. Mediziner schreiben aus diesem Grund meist den Code Z73 auf Arztbriefe, Überweisungen und Co. Er steht für "Probleme mit Bezug auf Schwierigkeiten bei der Lebensbewältigung".

Ob ein Schlüssel geändert wird, hängt entscheidend von der Einschätzung der medizinischen Fachgesellschaften ab. Manchmal sind diese Entscheidungen politisch motiviert. In anderen Fällen hängt der ICD-Schlüssel der gesellschaftlichen Entwicklung zwangsläufig hinterher. So mag es zum Beispiel bei der Onlinesucht sein, die bisher in der ICD-10 nicht zu finden ist.

Die häufigsten Fehltage entstanden im Jahr 2015 durch M54, also Rückenschmerzen, gefolgt von J06 — also Atemwegserkrankungen — und F00 — psychische Erkrankungen. I10 bezeichnet die häufigste Krankheit der Deutschen: Bluthochdruck.

(wat)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort