WHO warnt Immer mehr Krebsfälle weltweit
London · Diagnose Krebs – vom Einzelnen gefürchtet, für die Menschheit eine riesige Herausforderung. Die Zahl der neuen Erkrankungen droht bis 2034 um mehr als die Hälfte zu steigen. Experten fordern Vorbeugung, auch per Gesetz.
Diagnose Krebs — vom Einzelnen gefürchtet, für die Menschheit eine riesige Herausforderung. Die Zahl der neuen Erkrankungen droht bis 2034 um mehr als die Hälfte zu steigen. Experten fordern Vorbeugung, auch per Gesetz.
Dramatische Entwicklung. Seit Menschengedenken sind Herz-Kreislauf-Erkrankungen der Spitzenreiter bei den Todesursachen weltweit. Das könnte sich ändern. Bis 2025 könnten jährlich 20 Millionen Menschen weltweit an Krebs erkranken — rund 40 Prozent mehr als derzeit. Zu diesem Ergebnis kommt eine Studie der Weltgesundheitsorganisation (WHO).
In den kommenden zwei Jahrzehnten sei gar ein Plus von rund 70 Prozent möglich. Im Jahr 2012 hatte es rund 14 Millionen Neuerkrankte gegeben, heißt es im Welt-Krebs-Bericht 2014, der gestern von der Internationalen Agentur für Krebsforschung (IARC) in London vorgestellt wurde. Etwa 8,2 Millionen Menschen seien an Krebs gestorben. In den kommenden zwei Jahrzehnten werde die Zahl auf bis zu 13 Millionen steigen.
Zum Teil gehe der enorme Anstieg auf das prognostizierte Bevölkerungswachstum und die zunehmende Lebenserwartung zurück, heißt es in dem Bericht. Hinzu komme, dass die Menschen in wirtschaftlich aufstrebenden Ländern häufig schädliche Verhaltens- und Lifestyle-Gewohnheiten reicherer Staaten annähmen, etwa bei der Ernährung.
Die steigende Zahl hängt aber auch damit zusammen, dass die diagnostischen Möglichkeiten vor allem in den Industrieländern weitaus besser und umfassender sind als früher. Wenn heute jemand an einem Krebsleiden erkrankt, wird es sehr sicher und auch immer früher erkannt. Das war früher nicht so, und es gab nicht wenige Fälle, dass Patienten gar nicht an ihrem Krebsleiden starben, sondern an anderen Ursachen.
Die Regierungen weltweit müssten dringend mehr für die Vermeidung von Krebs tun, forderte die zur WHO gehörende Agentur anlässlich des heutigen Weltkrebstages. Man könne der wachsenden Zahl von Neuerkrankungen nicht allein durch Behandlung Herr werden. Unter anderem müssten die Gesetze zum Rauchen und zur Regulierung des Konsums von Alkohol und zuckerhaltigen Getränken verschärft werden. "Die richtige Gesetzgebung kann gesundheitsbewussteres Verhalten fördern", sagte Mitautor Bernard Stewart. Beim Rauchen seien durch höhere Steuern, Werbeverbote und andere Maßnahmen bereits Erfolge erzielt worden. Regierungen müssten zudem mehr Möglichkeiten für Vorsorgeuntersuchungen schaffen. Außerdem sollten Übergewicht und Luftverschmutzung stärker thematisiert werden.
Verbreitetste Krebsform war dem Bericht zufolge im Jahr 2012 der Lungenkrebs mit 1,8 Millionen Neuerkrankungen — ein Anteil von 13 Prozent. Rund 1,7 Millionen Menschen (11,9 Prozent) erkrankten an Brustkrebs, fast 100 Prozent davon sind Frauen. Rund 1,4 Millionen (9,7 Prozent) litten an Darmkrebs. Auch die meisten Todesfälle entfielen auf den Lungenkrebs: 1,6 Millionen Menschen starben 2012 daran, 750 000 Menschen an Leberkrebs, 720 000 an Magenkrebs.
Für Europa gibt der WHO-Bericht gut 3,4 Millionen Neuerkrankungen im Jahr 2012 an, 13,5 Prozent davon entfielen auf Brustkrebs, 13 Prozent auf Darmkrebs, 12,1 Prozent auf Prostatakrebs und 11,9 Prozent auf Lungenkrebs. Bei den knapp 1,8 Millionen Todesfällen lag der Lungenkrebs hingegen wegen der schlechteren Heilungschancen mit gut 20 Prozent an erster Stelle. Mit Abstand folgten Darmkrebs (12,2 Prozent), Brustkrebs (7,5 Prozent) und Magenkrebs (6,1 Prozent).
Ärmere Länder seien dabei überproportional stark betroffen, hieß es. Etwa 70 Prozent aller Todesfälle durch Krebs träten in Afrika, Asien, Zentral- und Südamerika auf. Grund dafür sei vor allem, dass es dort nicht genug Möglichkeiten für eine frühe Diagnose gebe. Auch der Zugang zu einer angemessenen Behandlung reiche nicht aus.
Bei den Therapiemöglichkeiten habe es in den vergangenen Jahren "aufregende neue Entwicklungen" gegeben, betonte IARC-Direktor Christopher Wild. "Aber wir können das Krebs-Problem nicht alleine durch Behandlungen lösen." Mehr als 250 Forscher aus 40 Ländern hatten an dem Bericht mitgearbeitet.