Studie Ist Sport das neue Wundermittel gegen Krebs?

Düsseldorf · Kranke müssen sich schonen - eine Devise, die bislang insbesondere bei Schwerkranken galt, scheint nun überholt. Die richtige Form von Bewegung kann sogar den Rückgang von bösartigen Tumorzellen auslösen, wie eine neue Studie zeigt.

Welcher Sport hilft bei welchem Krebs?
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Foto: shutterstock/ jovan vitanovski

Die Diagnose Krebs gehört zu den größten Ängsten der Deutschen. Wird sie dann doch von einem Arzt gestellt, fallen Betroffene häufig in eine Art Schock: Angst, Bewegungsunfähigkeit und Schonhaltung sind die Folge. Das ist ein Fehler, wie eine neue Studie zeigt.

Denn "Inaktivität ist an sich schon ein Risikofaktor für Krebs", sagt Professor Dr. Martin Halle von der Technischen Universität München (TUM). "Je eher wir damit beginnen, diese Inaktivität in eine Aktivität umzuwandeln, desto besser ist die Prognose des Tumorpatienten", so der Sportmediziner.

Um hochintensiven Sport handelt es sich dabei natürlich nicht, sondern um ein speziell auf den Patienten abgestimmtes Programm. "Es geht darum, dass der Patient sich von Beginn an daran gewöhnt, selbst für sich etwas zu tun. Das ist gut für die eigene Psyche. Und die Bewegung fördert die Verträglichkeit der Chemotherapie", so Halle.

Bei Krebs an Lunge, Darm und Prostata - drei der häufigsten Krebsformen - verordnen die Ärzte im Klinikum rechts der Isar schon seit einer Weile Sporttherapie, psychische Betreuung oder ernährungsmedizinische Maßnahmen.

Nun will die Techniker Krankenkasse (TK) das Programm für mehr Patienten zugänglich machen, und das Programm "Sport als Therapie" bundesweit für Krebspatienten der häufigsten Tumorarten zugänglich machen. Für Diabetiker und Herz-Kreislauf-Erkrankte gibt es das Programm bereits seit sechs Jahren. Erste Zwischenergebnisse zeigen: Überlebenswichtige Gesundheitsparameter lassen sich mit Sport auch im höheren Lebensalter langfristig verbessern.

So stieg die Leistungsfähigkeit von Diabetikern nach sechs Monaten um knapp ein Zehntel, der Insulinbedarf reduzierte sich um knapp die Hälfte (46 Prozent), und die Herzfrequenz verbesserte sich in dem Maße, als wenn die Patienten ein entsprechendes Medikament genommen hätten. Zudem besserten sich bei den im Durchschnitt 65 Jahre alten Patienten sowohl das Gewicht und der Bauchumfang, auch die Sauerstoffaufnahme nahm bei den Patienten deutlich zu. Studien weisen darauf hin, dass auch Krebspatienten von der richtigen Bewegung stark profitieren.

Das sollten Krebspatienten beim Sport beachten
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Foto: dapd, Torsten Silz

Das Programm sieht vor, dass Patienten mehrfach in der Woche zu einem angeleiteten Training in ein Rehazentrum kommen. Später sollen sie die Übungen dann auch eigenständig absolvieren. Die Fortschritte der Sportler werden dokumentiert und sollen im Verlauf umgestellt werden auf eine telemedizinische Betreuung. Dann könnte die Sporteinheit zuhause via Internet erfolgen.

Wie dänische Forscher im Fachmagazin "Cell Metabolism" schreiben, zeigen Studien an Mäusen, dass intensiver Sport Tumore auf natürliche Weise bekämpft. Für ihre Forschung ließen sie krebskranke Mäuse immer wieder in Hamsterrädern laufen. Wie sich zeigte, schrumpften die Tumore der kranken Mäuse im Vergleich zu denen der untätigen Kontrollgruppe um die Hälfte.

Grund für die automatische Genesung per Sporttherapie sei die erhöhte Ausschüttung von Adrenalin beim Sport. Das Hormon mobilisiert krebsbekämpfende Immunzellen und lässt sie über den Blutstrom an die Stellen wandern, an denen die Tumore sitzen. Deutsche Wissenschaftler gehen davon aus, dass es einen ähnlichen Zusammenhang beim Menschen gibt.

Die Analysen der Forscher ergaben auch, dass die sportlichen Mäuse mehr aktive Gene hatten, die für das Immunsystem und Entzündungsprozesse wichtig sind. Dann prüften die Forscher wie stark die Tumore der Tiere mit Immunzellen durchsetzt waren. Auch hier wies die Hamsterrad-Gruppe eine wesentlich höhere Anzahl an NK-Killerzellen auf - eine Gruppe weißer Blutkörperchen, die Virus- und Tumor-infizierte Zellen erkennt und abtötet. Die NK-Zellen gehören zum Immunsystem und bewirken eine Art Spontanzündung von Abwehrmechanismen im Körper.

Für das Ergebnis war es dabei unwichtig, ob das Adrenalin künstlich gespritzt oder durch Bewegung verursacht wurde. Einzig, wenn die Funktion des Adrenalins in den Mäusen blockiert wurde, zeigte sich ein verändertes Ergebnis: die Tumore schrumpften trotz Sport gar nicht.

Die Ergebnisse weisen darauf hin, dass es sinnvoll sein kann, wenn Krebspatienten sich häufig und intensiv bewegen. Allerdings gibt es bislang nur wenige Programme, in denen die Kosten, die bei entsprechenden Therapien entstehen, übernommen werden.

(ham)
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