Neue Serie Krebs in Deutschland — eine Bestandsaufnahme

Düsseldorf · Täglich werden viele Menschen mit dem Thema Krebs konfrontiert, manche zum ersten Mal. In einer Serie wollen wir darstellen, welche Antworten die Medizin gibt – und wie den Betroffenen auch außerhalb von Praxis und Klinik geholfen wird.

Krebs in Deutschland in Zahlen
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Foto: dpa/Sebastian Kahnert

Täglich werden viele Menschen mit dem Thema Krebs konfrontiert, manche zum ersten Mal. In einer Serie wollen wir darstellen, welche Antworten die Medizin gibt — und wie den Betroffenen auch außerhalb von Praxis und Klinik geholfen wird.

In diesem Jahr wird etwa 500.000 Menschen in Deutschland die Diagnose einer Krebserkrankung gestellt. Das sind 1370 Diagnosen täglich, von Flensburg bis Oberaudorf und Freiburg; das sind auch mehr als noch vor einigen Jahren. Was passiert mit ihnen? Wie sollen und wollen sie kämpfen? Wie sind ihre Aussichten? Und lässt sich das Loch zuschütten, in das sie bei der Erstdiagnose stürzen? Diesen und anderen Fragen gilt die neue zehnteilige Krebsserie unserer Redaktion, die an diesem Dienstag beginnt.

Polypen und Muttermale - früh entschärft, Gefahr gebannt

Früher identifizierte der Arzt eine Tumorerkrankung erst, wenn der Patient mit mehr oder weniger schwerwiegenden Symptomen zu ihm kam, und musste dann mitleidig den Kopf schütteln. Oder er fand den Krebs zufällig, etwa bei einem Röntgenbild des Brustkorbs. Heutzutage kann man manche Krebskrankheiten sehr gut in den Griff bekommen, wenn sie früh erkannt werden - oder wenn man bereits Vorstufen sieht, wie beispielsweise die zur Entartung neigenden Polypen, die bei einer Darmspiegelung entfernt werden. Oder die suspekten Muttermale, die der Hausarzt herausschneidet.

In jedem Fall sollte einen nicht das Grausen packen, wenn er sich in unserer Grafik die Prognosen der Krebs-Neuerkrankungen für das Jahr 2020 anschaut. Je mehr Menschen an einer Früherkennung teilnehmen, desto mehr Tumoren werden naturgemäß erkannt. Und je älter die Bevölkerung wird, desto häufiger wird sich auch der Befund einer Krebserkrankung einstellen. Das muss nicht das Todesurteil bedeuten, im Gegenteil: Das Prostatakarzinom des älteren Mannes etwa neigt dazu, langsam und mehr oder weniger unaggressiv vor sich hin zu wachsen. Der erfahrene und am Seelenfrieden seines männlichen Patienten interessierte Arzt wird dann nicht zwingend das OP-Skalpell anfordern, sondern abwarten und beobachten.

Welche Möglichkeiten hat der Arzt bei Krebs?

Dazu gibt es in der Tumormedizin mehrere Szenarien. Entweder ein Krebs kann erwartbar dauerhaft durch eine Operation ausgeräumt werden. Es kann auch nötig werden, dass der Arzt eventuelle Metastasen durch Chemo-, Hormon-, Immun- oder Strahlentherapie zu bannen sucht. Bei diesen beiden Ansätzen wird eine Heilung angestrebt.

Manchmal ist ein Tumor zunächst inoperabel. Bei Lungenkrebs etwa kann er so gefährlich nahe an Nachbarorganen sitzen, das man seiner nicht Herr würde, ohne wichtigste anatomische Strukturen zu verletzen. In solchen Fällen kann man versuchen, die Geschwulst durch eine Chemotherapie oder Bestrahlung so zu verkleinern, dass hinterher die Frage der chirurgischen Entfernung dank einer verbesserten Ausgangslage neu verhandelt werden kann. Das nennt man ein neoadjuvantes Konzept.

Gibt es überhaupt keine Aussicht auf Heilung, sind die Möglichkeiten der Palliativmedizin mittlerweile beeindruckend. Wie der Name sagt: Hier wird einem schwerkranken Tumorpatienten der Mantel der Fürsorge gereicht. Palliativmedizin versteht sich als umfassende Disziplin im Team: Es wird, sofern vom Patienten gewünscht, jede Möglichkeit ausschöpfen, dessen Schmerzen unter Kontrolle zu bekommen. Das ist heutzutage immer häufiger und besser möglich - auch weil sich viele niedergelassene Palliativmediziner zu einer umfassenden Symptomkontrolle bereitfinden.

Das verhängnisvolle Wissen der Mediziner

Leider sind die Kompetenzen bei der Behandlung von Tumorkrankheiten auch in einer andere Richtung gewachsen. Sie betrifft die Wahrscheinlichkeit, dass ein Krebs wiederkehrt oder Metastasen bildet. Früher dachte man: Erst wenn er eine gewisse Größe erreicht hat, siedelt er Tumorzellen in die Nähe oder Ferne ab. Heute weiß man, dass das anders ist. Schon früh nisten sich viele Tumorzellen als Mikro-Metastasen im Körper ein, als Schläferzellen, die irgendwann erwachen - oder auch nicht. Doch hat die Medizin als Wissenschaft ungünstigen Erkenntnissen schon häufig positive Lösungen abgewonnen. Eine davon: Wer auf immer genaueren Bildern nach Metastasen sucht, wird sie, sofern vorhanden, auch früh lokalisieren können - und behandeln.

So ist und bleibt Krebs eine Herausforderung: an jeden Einzelnen, an die Familie, an die Gesellschaft. Wie sich dieser Kampf führen lässt, davon wird unsere Serie ausführlich berichten.

Nächste Folge unserer Krebs-Serie: "Herr Doktor, wie lange habe ich noch zu leben?"

(w.g.)
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