Studienergebnisse Leichte Blutgerinnung erhöht Darmkrebsrisiko

Heidelberg (RPO). Menschen, deren Blut besonders leicht gerinnt, sind Risikopatienten. Sie erkranken häufiger an Krebs und bekommen schneller Blutvergiftungen. Wissenschaftler und Mediziner aus Heidelberg haben gute Gründe dafür gefunden.

Was ist Darmkrebs?
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Foto: AP

Körperzellen produzieren in Stresssituationen vermehrt Blutgerinnungsfaktoren, so zum Beispiel Thrombin, das wichtigste Enzym bei der Blutgerinnung. Stress war für unsere urzeitlichen Vorfahren oft mit lebensbedrohlichen Gefahren verbunden mit dem Risiko bei Kampf oder Flucht Blut zu verlieren. Deshalb reagiert unser Körper auf Stress unter anderem damit, reichlich Blutgerinnungsfaktoren herzustellen.

In heutiger Zweit hingegen ist eine stärkere Blutgerinnung unvorteilhaft, ja sogar risikoreicher: Mediziner haben herausgefunden, dass Menschen mit einer aktivierten Blutgerinnung ein erhöhtes Krebsrisiko haben. Das ist ein Umkehrschluss der Erkenntnis, dass Patienten mit Krebs häufig an einer erhöhten Blutgerinnung leiden, die nicht selten zu zahlreichen Blutgerinnseln in den Venen führt.

Zudem entdeckten Mediziner der Universität Heidelberg, dass eine bestimmte Klasse von Proteinen die Thrombinproduktion auch während einer Blutvergiftung beeinflusst. Eine Blutvergiftung tritt auf, wenn Bakterien oder andere Krankheitserreger in die Blutbahn eintreten und sich im gesamten Körper ausbreiten, was mit einer ausgedehnten Infektion und Gerinnungsproblemen einhergeht. Das bedeutet, dass Menschen mit bestimmten Blutgerinnungsfaktoren schneller eine Blutvergiftung bekommen.

Die Studienergebnisse der Mediziner der Universität Heidelberg geben neue Hinweise für die Behandlung von Blutvergiftungen, bei denen die erhöhte Blutgerinnung immer noch die Haupttodesursache darstellt. Wissenschaftlern aus dem Deutschen Krebsforschungszentrum entdeckten zudem, dass einige Gerinnungsfaktoren das Darmkrebsrisiko beeinflussen. So fanden sie für Träger einer bestimmten Genvariante des Gerinnungsfaktors V ein sechsfach höheres Darmkrebsrisiko als bei Menschen, deren Erbgut diese Abweichung nicht zeigt.

Die Forscher des Deutschen Krebsforschungszentrum um Professor Dr. Hermann Brenner stellten einen weiteren Zusammenhang mit der Darmkrebshäufigkeit her: Menschen mit einer bestimmten Mutation eines bestimmten Gerinnungsfaktors erkranken etwas seltener an Venenthrombosen als Menschen ohne diese Mutation. Gleichzeitig haben sie auch ein um 15 Prozent geringeres Darmkrebsrisiko.

Bereits Mitte des 19. Jahrhunderts erkannte der französische Arzt Armand Trousseau einen Zusammenhang zwischen Krebs und Thrombosen, den oftmals gefährlichen Blutgerinnseln, die zum Venenverschluss führen können. Heute weiß man, dass eine Krebserkrankung und deren Behandlung die Fließeigenschaften des Blutes verändern und so die Gerinnselbildung fördern können.

Bei der Blutgerinnung wirken rund zwölf verschiedene Bluteiweiße, die Gerinnungsfaktoren, koordiniert zusammen. Die Gene beeinflussen die Neigung, eine starke Blutgerinnung zu haben. Zwischen zwei bis fünf Prozent aller Menschen haben eine verstärkte oder unter der Norm liegende Gerinnungsneigung.

Für die übrigen vier untersuchten Genvarianten fanden die Wissenschaftler keinen Zusammenhang mit dem Darmkrebsrisiko. "Es ist interessant, dass nicht jede Genvariante, die die Gerinnungsneigung erhöht, automatisch auch das Darmkrebsrisiko steigert. Außerdem macht es einen Unterschied, ob die Genvariante auf beiden Chromosomen vorliegt oder nur auf einem. Deshalb müssen wir genau analysieren, welche Gerinnungsfaktoren sich wie auf das Krebsrisiko auswirken", erklärt Studienleiter Hermann Brenner.

Die Kenntnis dieser Zusammenhänge ist die erste Voraussetzung dafür herauszufinden, ob und bei wem Medikamente, die auf die Blutgerinnung wirken, Darmkrebs vorbeugen können.

(Universitätsklinikum Heidelberg/Dt. Krebsforschungszentrum)
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