Arznei aus der Erwachsenentherapie auch bei Kindern Neuer Wirkstoff gegen Migräne bei Kindern

Duisburg · Drehschwindel, Übelkeit und hämmernde Kopfschmerzen – Migräne zeigt sich bei Kindern ganz anders als bei Erwachsenen. Bislang konnte man ihnen medikamentös nicht so gut helfen. Jetzt weckt ein Wirkstoff neue Hoffnung.

Migräne – Das sind die Auslöser und Ursachen
Infos

Migräne – Das sind die Auslöser und Ursachen

Infos
Foto: Maridav / shutterstock.com

Drehschwindel, Übelkeit und hämmernde Kopfschmerzen — Migräne zeigt sich bei Kindern ganz anders als bei Erwachsenen. Bislang konnte man ihnen medikamentös nicht so gut helfen. Jetzt weckt ein Wirkstoff neue Hoffnung.

Wenn Kinder unter Migräne leiden, dann zeigt sich das nicht nur in anderer Form als bei Erwachsenen, sondern es wird auch anders therapiert. Die besonders wirksamen Medikamente aus der Gruppe der so genannten Triptane können bis auf eine Ausnahme nur an Erwachsene verschrieben werden. "Etwa acht Prozent aller Kinder und Jugendlichen erleiden gelegentlich Migräneattacken, und längst nicht allen kann mit Schmerzmitteln wie Ibuprofen und Paracetamol geholfen werden", beschreibt Professor Florian Heinen von der Deutschen Gesellschaft für Neuropädiatrie das Dilemma.

Eine neue Behandlungsmöglichkeit für Kinder und Jugendliche mit Migräne zeichnet sich nach einer Medikamentenstudie mit 977 Patienten ab. Die neuen Daten haben in den USA bereits die Zulassung des Wirkstoffs Rizatriptan ermöglicht und werden jetzt wohl auch das Prüfverfahren für die EU beschleunigen, erläutert Professor Hans-Christoph Diener, Direktor der Klinik für Neurologie des Universitätsklinikums Essen. "Unter den besonders wirksamen Präparaten aus der Klasse der Triptane ist in Europa lediglich Sumatriptan-Nasenspray für 12- bis 17-Jährige zugelassen", so der Ärztliche Leiter der Abteilung Neuropädiatrie am Dr. von Haunerschen Kinderspital der Ludwig-Maximilians-Universität München.

Mehrere Studien zur Behandlung von Migräneattacken bei Kindern und Jugendlichen waren zuvor gescheitert. Vermutlich deshalb, weil Kinder noch stärker als Erwachsene auf Scheinmedikamente ansprechen und sie womöglich auch empfänglicher sind für die Erwartungen der Erwachsenen. Die Unterschiede zur echten Arznei sind laut der STudienautoren deshalb schwerer nachzuweisen. Außerdem hätten Kinder und Jugendliche in früheren Studien vielleicht zu geringe Wirkstoffmengen erhalten, heißt es weiter.

Diesen Überlegungen hat die aktuelle Studie mit einem speziellen Studiendesign Rechnung getragen, bei dem vermehrt schwierige Fälle eingeschlossen wurden und weniger Placebo-Responder zu erwarten waren. Außerdem erhielten diejenigen Probanden, denen Rizatriptan zugelost wurde, ab einem Körpergewicht von 40 Kilogramm mit 10 Milligramm eine höhere Dosis der Arznei und nicht 5 Milligramm wie in früheren Untersuchungen.

Im Ergebnis gelang es den Studienärzten beim wichtigsten Zielwert einen statistisch signifikanten Unterschied zwischen den Wirkstoff- und Placeboempfängern nachzuweisen: In der Gruppe der 12- bis 17-Jährigen waren unter Rizatriptan 30,6 Prozent der Probanden zwei Stunden nach Beginn ihrer Migräneattacken schmerzfrei, unter Placebo nur 22 Prozent. Außerdem berichteten nach 24 Stunden mehr Jugendliche in der Rizatriptan-Gruppe, dass sie wieder "wie gewöhnlich" an ihrem Alltag teilnehmen konnten. Übelkeit und Erbrechen traten mit der Arznei seltener auf, die Lichtscheu und Geräuschempfindlichkeit wurden nicht beeinflusst.

Der gleiche Trend wie bei den 12- bis 17-Jährigen zeigte sich bei den 6- bis 11-Jährigen. Nun hoffen die Experten auf eine baldige Zulassung des Präparates in Europa.

(wat)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort