Tipps Ischias: Was gegen Schmerzen wirklich hilft

Berlin · Laufen oder schwimmen, einem Hindernis ausweichen oder die Zehen krümmen - ohne den Ischiasnerv funktioniert das alles nicht. Wenn er schmerzt, ist schnelle Hilfe gefragt.

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Foto: dpa/Arno Burgi

Eine unglückliche Bewegung, schweres Heben oder falsches Bücken: Schon ist er da, der starke stechende Schmerz im Rücken, der bis ins Bein strahlt. Der Ischiasschmerz kommt plötzlich, macht die alltäglichsten Bewegungen zur Qual und gibt auch nachts keine Ruhe. Betroffene wollen dann nur eins: die Pein loswerden.

Der Nervus ischiadicus ist der längste, nicht im Körperinneren verlaufende und zugleich der größte und dickste Nerv des Menschen. Seine Fasern steuern die Bewegung der Muskeln und die Sensibilität vom Rückenmark bis ins Bein. Sie werden aus mehreren Wurzeln im untersten Teil der Wirbelsäule gebildet.

Dort sitzt in der Regel die Ursache allen Übels. "Wenn eine dieser Nervenwurzeln durch Kompression, meist durch einen Bandscheibenvorfall, geschädigt wird, verursacht das Schmerzen, die vom Bereich der Lendenwirbelsäule über das Gesäß an der Außenseite des Beines entlang strahlen und manchmal bis in den Fuß reichen können", sagt Prof. Hans-Christoph Diener von der Deutschen Gesellschaft für Neurologie (DGN).

Sehr häufig sei die Nervenwurzel zwischen dem fünften Lendenwirbel und dem ersten Kreuzbeinwirbel betroffen. Auch verdickte Wirbelgelenke durch Abnutzung, Bewegungsmangel oder eine untrainierte Muskulatur können Ursachen für Schäden an einer dieser Nervenwurzeln sein.

Unabhängig von der Ursache oder dem konkreten Auslöser des Schmerzes sind die Vorgänge rund um den Nerv vergleichbar: Auf das Nervengewebe wird Druck ausgeübt, es wird gereizt und schwillt an. Das engt den Nerv noch mehr ein, verstärkt also den Druck und erhöht die Reizung.

Diesen Mechanismus gilt es, schnellstmöglich zu durchbrechen. "Wichtig ist, rasch den Druck vom Nerv zu nehmen, so dass sich die Schwellung zurückbildet", erklärt Bernd Kladny von der Deutschen Gesellschaft für Orthopädie und Unfallchirurgie (DGOU). Wenn die Reizung des Nervs zu lange dauert, verlängert das nicht nur die Schmerzen. Dann nimmt auch der Nerv Schaden, es stirbt Gewebe ab. "Dann müssen neue Fasern wachsen. Das dauert lange - pro Tag wächst etwa ein Millimeter."

Im Akutfall helfen Medikamente kombiniert mit Entspannung. "Wenn man keine Gefühlsstörungen oder Lähmungserscheinungen hat, normal Wasser lassen kann und Stuhlgang hat, dann kann man in der Akutphase die Schmerzen zunächst symptomatisch mit Schmerztabletten behandeln", sagt Kladny. Die Schmerzstiller bringen nicht nur Linderung. Sie sorgen auch dafür, dass der Betroffene nicht in eine Krampfhaltung gerät und damit den Druck auf den Nerv verstärkt oder anderswo im Körper schmerzhafte Verspannungen aufbaut.

Kurzfristig bleibt ihm dann meist nichts anderes übrig, als sich hinzulegen. Ideal ist die Stufenbettlagerung: Dabei bilden Knie und Hüftgelenk jeweils einen rechten Winkel. Das entlastet die Wirbelsäule. "Im Akutfall hilft Wärme ganz gut", ergänzt Prof. Joachim Nadstawek, Vorsitzender des Berufsverbandes der Ärzte und Psychologischen Psychotherapeuten in der Schmerz- und Palliativmedizin in Deutschland.

"Legen Sie sich auf ein Heizkissen oder auf ein Kirschkernkissen." Wer nur Schmerzen und keine neurologischen Ausfallerscheinungen habe, könne die Entwicklung ein paar Tage beobachten, bevor er zum Arzt geht, fügt Diener hinzu.

Neurologische Ausfälle sind allerdings oft typische Begleiter des Ischiasschmerzes. "Die Betroffenen haben ein taubes Gefühl im Bein, können nicht auf den Zehenspitzen stehen, oder der Achillesfersenreflex ist beeinträchtigt", erläutert Diener. Dann ist der Arzt gefragt. Er wird sich unter anderem die Beschwerden beschreiben lassen sowie die Körperhaltung und Reflexe untersuchen.
Dann kann er gezielter entzündungshemmende und schmerzlindernde Mittel verschreiben oder diese unter Umständen auch spritzen.

In der Regel verlässt der Patient die Sprechstunde mit einer Verordnung für Physiotherapie. So schnell wie möglich wieder voll beweglich sein, das ist die Devise. "In der Rückenschule wird ergonomisch günstige Körperhaltung und richtiges Heben von Lasten vermittelt. Dazu kommen Beweglichkeitsübungen für die Wirbelsäule und Training für die Rückenmuskulatur", erklärt Diener.

Die Krankengymnastik wird gerne mit Wärme kombiniert - etwa mit einer Wärmelampe oder mit Fangopackungen. Die Wärme trägt vor allem dazu bei, verkrampfte Muskeln zu entspannen und zu lockern. Eine ähnlich günstige Wirkung können Entspannungsübungen haben. "Sehr bewährt ist etwa Progressive Muskelrelaxation nach Jacobsen", sagt Diener. Fast die beste Art der Muskelentspannung sei jedoch Aquajogging, also Bewegung im Wasser.

Lässt der Schmerz nach, werden die Bewegungs- und Entspannungsübungen am besten weiter praktiziert. Das kostet zwar viel Selbstdisziplin, ist aber das bestmögliche Vorbeugekonzept: Wenn das Muskelkorsett den Rücken stabil stützt und wenn bestimmte Bereiche nicht dauerhaft durch Fehlhaltungen einseitig belastet werden, dann hilft das zu vermeiden, dass eine Ischiasnervenwurzel überhaupt unter Druck gerät und Schmerzen verursacht.

(dpa)
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