Wert von mehreren hundert Millionen Euro Länder vernichten Schweinegrippe-Impfstoff

Berlin (RPO). Der für mehrere Hundert Millionen Euro georderte Impfstoff gegen die Schweinegrippe wird gut zwei Jahre nach Beginn der Pandemie schrittweise vernichtet. In Sachsen-Anhalt wurden bereits 400.000 Impfdosen entsorgt, wie eine bundesweite Umfrage ergab.

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Foto: AFP

Auch das Land Sachsen beseitigte bereits einige Chargen. Das Saarland beauftragte eine Firma für die Vernichtung von 93.000 Impfstoffen. Deutschlandweit sind mehr als 20 Millionen Präparate betroffen.

Die Impfdosen müssen vernichtet werden, weil das Haltbarkeitsdatum im September und Oktober abläuft. Die Bundesländer hatten zu Beginn der Schweinegrippe-Pandemie vor zwei Jahren 50 Millionen Impfdosen bestellt und mussten letztendlich 34 Millionen vom Pharmakonzern GlaxoSmithKline abnehmen. Dafür zahlten die Länder rund 280 Millionen Euro. Im Endeffekt ließen sich erheblich weniger Menschen impfen als angenommen. Die Länder bleiben nun auf den Kosten von mehreren Millionen Euro sitzen.

RKI verteidigt beispiellosen Ankauf

Der Präsident des Robert-Koch-Instituts, Reinhard Burger, wies am Mittwoch Vorwürfe der übertriebenen Hysterie zurück. "Niemand wusste, wie stark die Welle werden würde, niemand konnte vorhersehen, dass nur eine Impfdosis erforderlich ist", sagte Burger im dapd-Interview. Daher sei es klug und angebracht gewesen, vorbereitet gewesen zu sein.

Auch GlaxoSmithKline wehrt sich gegen Kritik. Das Unternehmen habe in sehr kurzer Zeit den ersten und lange Zeit einzigen verfügbaren Impfstoff gegen die Schweinegrippe-Pandemie produziert und ausgeliefert, teilte ein Sprecher in München mit. Die ursprünglich vereinbarte Liefermenge sei aus Kulanz erheblich reduziert worden. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) hatte die weltweite Schweinegrippe-Pandemie vor einem Jahr offiziell für beendet erklärt.

Die größte Menge von 16 Millionen Impfstoffen wird zentral an einem geheimen Ort gelagert und soll bis November auch zentral verbrannt werden. Wie viele Präparate neben diesen 196 Paletten noch in den Bundesländern schlummern, ist nicht eindeutig festzumachen. Während die Kosten für die Verbrennung nur einige Tausend Euro kosten werden, bleiben die Länder auf den hohen Beschaffungskosten für die überflüssigen Dosen sitzen.

Bund bleibt außen vor

"Der Bund hat sich leider an all dem nicht beteiligt", sagte der Sprecher des Gesundheitsministeriums Sachsen-Anhalt, Holger Paech, am Mittwoch in Magdeburg. Sachsen-Anhalt ist damit beauftragt worden, für die Vernichtung der 16 Millionen Impfdosen ein günstiges Angebot einzuholen.

Allein Nordrhein-Westfalen hatte nach Ausbruch der Pandemie etwa 7,1 Millionen Dosen des Impfstoffs Pandemrix geordert. Allerdings ließen sich an Rhein und Ruhr nur rund eine Million Menschen impfen. In den kommenden Wochen werde entschieden, wie die Arzneien entsorgt werden, sagte eine Sprecherin des Gesundheitsministeriums in Düsseldorf. "Wahrscheinlich werden sie verbrannt." Das bevölkerungsreichste Bundesland müsse infolge der Impfaktion nun 48 Millionen Euro an Kosten tragen.

Das ohnehin hoch verschuldete Berlin hat Kosten von 10,7 Millionen Euro zu stemmen. Das Land Baden-Württemberg hatte 4,2 Millionen Impfdosen gekauft. Davon kamen aber nur zehn Prozent zum Einsatz, wie eine Ministeriumssprecherin in Stuttgart sagte.

Niedersachsen muss Impfstoff im Wert von 22 Millionen Euro vernichten. Die Krankenkassen hätten nur für den tatsächlich verbrauchten Impfstoff bezahlt, sagte ein Ministeriumssprecher. Für jede angeschaffte, aber nicht gebrauchte Dosis habe das Land 8,33 Euro ausgegeben. Die Entsorgung des überflüssigen Impfstoffs werde dagegen nur rund 5000 Euro kosten.

(apd/nbe)
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