Lachforschung Sind Sie Spaßvogel oder Spielverderber?

Tuttlingen/Bremen · Lachen macht lustig. Es macht gesund - und nicht jeder kann es. Denn viele lächeln nur leise in sich hinein. Was für ein Lachtyp die Deutschen sind, was das "Hahaha" im Körper auslöst - und zu welchen Spaßtypen uns die Gene machen, haben wir zwei Lachforscher gefragt.

Welcher Lach-Typ sind Sie?
Infos

Welcher Lach-Typ sind Sie?

Infos
Foto: Shutterstock.com/ Dayna More

Erinnern Sie sich an das letzte Mal, als Sie so richtig herzlich gelacht haben? So sehr, dass Ihnen die Tränen die Wangen heruntergerollt sind und Sie japsend nach Luft schnappen mussten? Das kann ein unendlich gutes Gefühl sein. Für manchen aber auch ein richtig schlechtes, denn in diesem wunden Augenblick entzieht sich der Körper jeder Kontrolle.

Lachen ist Anarchie pur

Um genau zu sein, ist es ein absolut anarchischer Zustand. Spätestens bei einem Lachkrampf ist das laute Lachen auch wirklich nicht mehr zu unterbinden.

Das Zwerchfell tut das, was es nie tut und wozu es auch nicht gemacht ist: Es hüpft wie wild herum. Lange hält es das nicht aus. Das ist auch der Grund dafür, warum es nicht lange schmerzfrei gut geht. Irgendwann hilft es nur noch, sich vor Lachen den Bauch zu halten, um gegen den Schmerz zu drücken. Im äußersten Fall kann man sich so einen ordentlichen Muskelkater einhandeln. Täte man es regelmäßig und ausdauernd, wäre es sicher eine gute und charmante Art und Weise, sich ein ansehnliches Sixpack zu aufzutrainieren.

Kulturwissenschaftler und Lachforscher Prof. Rainer Stollmann hat es sich zur Aufgabe gemacht, das Lachen in all seinen Facetten zu erfassen und kann erklären, was es zu etwas Besonderem macht: "Lachen ist eine Pausenfunktion. Die Evolution hat uns eigentlich darauf ausgerichtet, immer die Kontrolle zu behalten." Nur so ist man in Habachtstellung, um rechtzeitig dem Unheilvollen davon zu laufen. Der Lachende aber ist in dem Moment, in dem er sich schüttelt quasi von der Realität abgeschnitten. "Er wackelt — schutzlos ausgeliefert — in sich selbst", sagt Stollmann.

Welche Lachtypen Forscher an den Genen erkennen

Weil das so ist, kann der bekannte Lachforscher und Buchautor, der bis 2012 Professor für Kulturwissenschaft an der Universität Bremen war kaum glauben, was gerade Forscherinnen der Northwestern University in den USA herausgefunden haben: Ob jemand in lustigen Momenten nur so herausprustet und schallend lacht oder gerade mal ein verhaltenes Lächeln ins Gesicht bekommt, sei von den Genen abhängig.

In einer neuen Studie zeigten die Wissenschaftlerinnen, dass Menschen mit einer bestimmten genetischen Variante — mit kurzen Allelen eines Gens — mehr lächelten, während sie Karikaturen oder subtile Filmausschnitte anschauten. Menschen mit langen Allelen hingegen lachten lauthals. Ein Allel ist eine Variante eines Gens. Jedes Gen hat zwei Allele; Menschen erben eines von der Mutter und eines vom Vater.

Zu diesen Lachern zählen die Deutschen

Einem schützenden Fluchtverhalten läuft diese wissenschaftliche These ebenso entgegen wie der Beobachtung, dass auch Lernen und Kultur Einfluss auf das Lachverhalten nehmen. Die Deutschen zählen da nicht gerade zu den enthemmtesten Völkern. Ähnlich wie in Japan zählen wir zu den Kontrollgesellschaften. Da Lachen ein Kontrollverlust ist, fällt das vielen nicht gerade leicht. "Laut einer weltweiten Studie haben sogar zwölf Prozent der Deutschen Angst vor dem Lachen", sagt Stollmann.

Damit stehen wir zwar nicht super da, aber es könnte noch schlimmer kommen; so wie in einigen Kulturen im Nahen Osten oder Ostasien. Dort hat rund 60 Prozent der Bevölkerung einen negativen Bezug zum Lachen. In Skandinavien oder Südamerika dagegen hat man hingegen eine sehr positive Einstellung zur eruptiven Gefühlsäußerung, ebenso wie in Italien, sagt der Tuttlinger Lachforscher Dr. Michael Titze. Laut lachende Menschen gehören dort zum kulturellen Selbstverständnis.

Zwei konträre Lachtypen

Womit der Lachexperte bei den verschiedenen Lachtypen wäre. Dem sehr gut erzogenen und verhaltenen Lachtyp, der vollkommen introvertiert das Lachen nur zu einem Lächeln formt. "Er ist sehr in die Erwachsenenwelt hineinentwickelt und kann aufgrund dessen wenig offen und herzhaft lachen", sagt Dr. Michael Titze, seines Zeichens Psychotherapeut und Vorsitzender von HumorCare Deutschland, einem Verein, der sich der Förderung des Humors als therapeutisches Mittel verschrieben hat.

Sein historisches Vorbild hat er im viktorianischen Zeitalter, in dem man nur angedeutet lachte, am besten mit der Hand oder einem Fächer vor dem Mund. Lautes Lachen galt als unschicklich. So auch heute noch in Japan. Lärmendes Gegröle ist unerhört. Jemanden beim Lachen anzuschauen ein Zeichen schlechter Manieren. Das zeigt, dass schamloses Sich-Schütteln und Grölen nicht jedermanns Sache ist

Diesem "Spielverderber" steht der extrovertierte Schenkelklopfer entgegen. Er ist ein Stück weit wie ein Kind geblieben, darf unverblümt und aus sich heraus frei Lachen, sich die Schenkel klopfen und herzhaft abgeiern. Ihn zeichnet sein völlig wertungsfreies Eingehen auf die eigenen Gefühle aus, ohne sich dabei Gedanken zu machen, wie das auf andere wirken könnte.

"So wie die bäuerliche Magd in der Küche laut, war es in höheren gesellschaftlichen Schichten undenkbar", sagt Titze zum historischen Bild des ungezügelt Lachenden. Das allerdings hat sich gründlich gewandelt. Während auf Schulfotos von 1910 niemand auch nur andeutungsweise lächelt, feixen Kinder auf heutige I-Dötzchen-Bildern ausgelassen herum. Hedonismus ist heute also keine Schande mehr, wir dürfen unseren Lustgefühlen freien Lauf lassen.

Zwischen den zwei Grundtypen — dem extrovertierten, kindlichen Schenkelklopfer und dem introvertierten, verkopften Lächler unterscheiden die Humorforscher laut Stollman über 20 verschiedene Lächel- und Lacharten. Zu denen gehört das giggelnde Lachen ebenso wie das jauchzende, schnaubende, oder prustende. Wie sich die Lachtypen von ihrem Verhalten und ihrer Persönlichkeitsstruktur unterscheiden lassen, lesen Sie hier.

Wie sich Norman Cousin durch Lachen von schwerer Krankheit heilte

Unabhängig von der Art des Lachens sollten Sie darüber nachdenken, es häufiger einmal zu tun, denn es ist der Gesundheit äußerst nützlich. Wie unglaublich der Einfluss sein kann, beschrieb der amerikanische Herausgeber Norman Cousin 1977 im angesehenen New England Journal of Medicine. Dort erklärte er, wie er an einer schweren Kollagenerkrankung geplagt unter anderen an schweren Gelenkentzündungen litt, die auch seiner Psyche schwer zusetzen. Die Prognose der Ärzte sah sehr finster aus.

In seiner Auseinandersetzung mit der Krankheit las er alles, was er dazu finden konnte und stieß dabei auf Hinweise, dass ein positiver Gemütszustand nicht nur der Immunabwehr zuträglich sei. "Er stellte fest, dass zehn Minuten Lachen etwa zwei Stunden Schmerzfreiheit brachten. Entgegen allen Prognosen zeigten die regelmäßig durchgeführten medizinischen Tests, dass die gefürchtete Gelenkentzündung kontinuierlich abnahm — je mehr sich Cousin eben in Heiterkeit übte", erklärt Humorforscher Titze den Effekt des Lachens.

Das passiert bei herzhaftem Gelächter im Körper

Im Alltag können auch wir selbst die Wirkung nachvollziehen: Egal, wie groß zuvor der Stress war, in dem wir bis zum Hals streckten. Wer herzhaft und aus ganzer Seele lacht, dessen Körper erlebt schlagartig den gegenteiligen Zustand. Das Niveau stressbelastenden Cortisols, das den Organismus in Alarmbereitschaft versetzt wird reduziert. Körperliche und emotionale Entspannung macht sich breit. Glückshormone, Endorphine also erobern das Terrain und bringen große positive Wirkung mit sich. Eines spürt man entfesselnd und unmittelbar: die Entspannung und Erleichterung.

Was es im Körper anstößt, beschreibt Humorforscher und Psychoanalytiker Titze: "Lachen stärkt nicht nur die körpereigene Abwehr, es stabilisiert den Kreislauf, regt die Verdauung an und lindert Schmerzen. Über eine Blutanalyse lässt sich feststellen, wie unter Lachen entzündungshemmende Hormone ausgeschüttet werden, ebenso wie T-Helferzellen, die bei Virus- und dem Bekämpfen von Krebserkrankungen wichtig sind."

Zeit also, jetzt auf die Pausentaste zu drücken und einmal zu lachen. Hier eine Lachunterstützung frei nach Mediziner und Lachexperten Eckart von Hirschhausen:

Kommt ein Dalmatiner im Kaufhof an die Kasse. Fragt ihn die Verkäuferin: "Sammeln Sie Punkte?"

(wat)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort