Wenn das Wetter uns umhaut So können Wetterfühlige sich helfen

Düsseldorf · Heiß, kühl, lau - das Wetter fährt dieser Tage Achterbahn und der Kreislauf vieler spielt längst verrückt: denn etwa die Hälfte der Deutschen sind wetterfühlig. Ein Mythos ist das nicht. Sie haben eine grundlegende Fähigkeit verloren.

Die wichtigsten Tipps für Wetterfühlige
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Foto: Shutterstock/Koldunova Anna

Kopfschmerzen werden am häufigsten genannt, fragen Wissenschaftler nach den Beschwerden Wetterfühliger. Gefäß- und Gelenkproblemen stehen an zweiter Stelle, dann folgen Atemwegs- und Kreislaufbeschwerden bis hin zu juckenden Narben. Obwohl die Klagenden unter Schmerz oder Schwindel leiden, sind sie nicht krank. Denn Wetterfühligkeit ist keine Krankheit, wohl aber ein Krankheitsbild.

Temperaturschwankungen und schnelle Luftdruckwechsel können zu körperlichen Beschwerden führen. Wird es feucht und warm, dann reagieren viele Meschen darauf. Schlafstörungen, Kreislaufproblemen, Konzentrationsschwäche, Müdigkeit, Benommenheit, Nervosität oder Migräne zählen auch dazu.

Was der Körper nicht mehr kann

"Unser Körper hat verlernt, sich auf das Wetter einzustellen", sagt Dr. Thomas Weiss, der als Allgemein- und Umweltmediziner und Psychotherapeut in Mannheim arbeitet. High-Tech-Entwicklumngen nehmen uns ab, was die Natur dem Organisamus gegeben hat: Die Fähigkeit, sich an Temperaturen anzupassen. Heute sorgen bessere Kleidung, klimatisierte Räume, perfekt ausgestattete Autos und Flugzeuge dafür, dass wir aus dem Training sind. Der Organismus muss nicht mehr wirklich viel tun, um seine Wohlfühltemperatur von 37 Grad Celsius aufrecht zu erhalten.

"Viele — vor allem Frauen — frösteln leicht. Sie nehmen dann ein Heizkissen zur Hilfe und wenn das nicht mehr reicht eine Heizdecke. Damit haben sie die besten Voraussetzungen für sich geschaffen, dauerhaft zu frieren", sagt Dr. Weiss. Ihre vegetative Regulation wird quasi nicht mehr trainiert. Ist der Stecker der Heizdecke aus der Steckdose, frieren sie erst recht.

Leiden bis zur Arbeitsunfähigkeit

Etwa ein Drittel aller Wetterfühligen wird von den Witterungseinflüssen so stark beeinträchtigt, dass die tägliche Arbeit darunter leidet. Besonders hart trifft es laut Dr. Thomas Weiss Menschen mit Gelenkschmerzen, Fibromyalgie und Blutdruckproblemen. Lange wurde belächelt, wenn Menschen über Symptome klagten, die jeder mal hat. Inzwischen gilt es als bewiesen, dass das Wetter starken Einfluss auf den Organismus hat. Einige Phänomene kann man erklären. Als Hauptauslöser gelten Luftdruckschwankungen. Viele fühlen sich schlechter, wenn der Druck in der Atmosphäre fällt.

"Wenn Sie das Biowetter in der Zeitung lesen, dann fällt Ihnen möglicherweise auf, dass die Warnhinweise irgendwie immer schwammig klingen", sagt der Mannheimer Mediziner. Mancher wünschte sich einen konkreten Hinweis auf morgiges Kopfschmerzwetter oder die Gefahr für höheren Blutdruck übermorgen. Das aber ist nicht drin, denn das Wetter wirkt sich auf jeden Menschen anders aus. Auf den gut Regulierten eben gar nicht. Menschen mit einem labilen vegetativen Nervensystem sind hingegen eher betroffen.

In der Regel kommt die Wetterfühligkeit mit dem Wetterwechsel. "Zieht ein Tief heran, ändern sich Puls und Blutdruck, das vegetative Nervensystem wird gereizt, der Hormonhaushalt kann plötzlich durcheinander geraten, und sogar das Immunsystem wird beeinflusst", erklärt Dr. Ursula Maschall, die als Ärztin bei der Barmer GEK arbeitet. Es ist weniger der Luftdruck, der den Menschen zu schaffen macht, sondern eher der Luftmassenwechsel. Der Körper schafft es nicht, sich schnell genug an die neuen Bedingungen anzupassen.

Auslöser für die Beschwerden können auch Fallwinde (Föhn) und sogenannte Sferics, kleine elektromagnetische Impulse, die bei Gewittern entstehen. Tiefdruckgebiete bringen für empfindliche Menschen und solche mit Vorerkrankungen wie Asthma, Rheuma, Gelenkerkrankungen, Allergien oder Herzerkrankungen oft auch ein gesundheitliches Tief mit sich, während ein Wetterhoch auch die Laune und die körperliche Verfassung anhebt.

Empfindliche Menschen reagieren auf ein Geflecht aus Temperatur- und Druckschwankungen sowie weiteren Wetter- und Umwelteinflüssen. Experten unterscheiden wetterfühlige und wetterempfindliche Menschen. Als wetterfühlig gelten gesunde Personen, die auf Wetterumschwünge mit spürbaren Symptomen wie Müdigkeit, Kopfdruck oder Konzentrationsschwäche reagieren. Wetterempfindliche Menschen bringen eine chronische Grunderkrankung mit, die durch den Wetterwechsel dann noch verstärkt wird. Das gilt vor allem für Rheumatiker, Patienten mit Asthma und auch Arthrose. Bestimmte Wetterlagen verstärken Gelenkschmerzen und können auch zu Atemnot führen.

Wer durch Wetterfühligkeit stark beeinträchtigt ist, sollte sich ärztlich untersuchen und beraten lassen. Man kann aber auch selbst gegen die persönliche Wetterfühligkeit aktiv werden. Übergewicht verstärkt beispielsweise die Wetterbeschwerden, vor allem bei starker Hitze und hoher Luftfeuchtigkeit. Außerdem rät Umweltmediziner Weiss dazu, den Organisamus zu trainieren. Sauna, Wechseldurschen, Bewegung an der frischen Luft, eine ausgewogenen Ernährung und ein gutes Maß an Entspannung helfen dabei.

(wat)
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