Bauchhirn - Mythos oder Wahrheit? Wie der Darm unsere Entscheidungen beeinflusst

Düsseldorf · Spontaner Durchfall, Bauchkrämpfe oder Blähungen - vor allem in Stresssituationen macht der Darm schonmal was er will. Grund dafür, ist das so genannte Bauchhirn. Das besteht aus 100 Millionen Nervenzellen, die dem des Gehirns ähneln und, die so viel Einfluss haben, dass sie sogar alltägliche Entscheidungen mitbestimmen.

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Foto: AOK

Hat jemand vor etwas Angst, dann redet er nicht selten davon ganz umgangssprachlich "die Hosen voll zu haben", oder auch davon "Schiss zu haben". Grund für Redewendungen wie diese, ist vor allen das besondere Eigenleben des Darms. Der reagiert auf starke Emotionen nämlich schon mal ganz unerwartet mit Grummeln, Ziehen oder eben spontanem Durchfall.

Das tut der Darm selbst dann, wenn das Gehirn, logischerweise, ganz anderer Meinung ist. Denn der Darm fungiert im Körper wie ein zweites Gehirn, oft auch als Bauchhirn bezeichnet. Grund dafür sind die rund 100 Millionen Nervenzellen, die das Verdauungsorgan auskleiden, und die genauso aufgebaut sind und arbeiten, wie die Nervenzellen des Gehirns.

Schon im Mutterleib ist der Darm damit in der Lage, Nahrung nicht nur zu filtern, sondern sich auch zu merken. Erkennt er ein schlechtes Lebensmittel, meldet er das über elektrische Signale an das Großhirn, mit dem er verbunden ist, und dem Menschen wird in der Folge übel.

Eben diese direkte Verbindung zum Gehirn sorgt aber auch dafür, dass der Darm einen Großteil der Stimmungen und Gefühle des Menschen mitbekommt - und sich merkt. In der Folge reagiert er mit, wenn eine Situation als stressig, beängstigend oder auch besonders erfreulich empfunden wird. Bildlich gesprochen, reagiert er darauf, ebenso wie er auch mit spezieller Nahrung umgehen würde: er versucht sie durch die Zufuhr von zusätzlichem Wasser auszuscheiden, also loszuwerden. Das Ergebnis ist spontaner Durchfall. In manchen Fällen kann es aber auch zu Blähungen oder Verstopfung kommen.

Über die Lebenszeit eines Menschen hinweg, merkt sich das Bauchgehirn somit Millionen von Lebensmitteln und Gefühlen. Es ist das einzige Organ außer dem Gehirn und der Haut, dass in direktem Kontakt mit der Umwelt steht. Außerdem ist es neben der Haut das größte: Sie umfasst zwar den gesamten Körper, der Verdauungstrackt aber, ist in seiner vollen Größe rund vier Meter lang. Alleine der Dünndarm umfasst circa zweieinhalb Meter, der Dickdarm weitere eineinhalb. Die in Falten gelegte Oberfläche ermöglicht dem Darm eine gigantische Anzahl von Zellen in sich zu tragen - und 500 verschiedene Bakteriensorten.

90 Prozent der Information strömt vom Darm zum Gehirn

Um so deutlicher wird der Einfluss des Darms auf den Alltag, bei der Betrachtung seiner Verbindung zum Gehirn. Nur rund zehn Prozent der Fasern streben vom Gehirn zum Darm, rund 90 Prozent allerdings vom Darm zum Gehirn. Die Erinnerungen des Bauchhirns beeinflussen also eindeutig die täglichen Entscheidungen - und die Erfahrungen im Kopfhirn wirken auf den Darm. Wie genau dieser Prozess abläuft, konnten Wissenschaftler allerdings noch nicht klären.

Trotzdem bedeuten diese Erkenntnisse eine Erleichterung für Patienten mit regelmäßigen Bauchbeschwerden. Wer unter viel Stress leidet, dem schlägt das durchaus auf den Darm. Sensible Menschen kann es passieren, dass sie auch ganz normale Alltagssituationen sozusagen verstärkt mit dem Bauch verarbeiten. Es kommt dann häufig zu einem Reizdarmsyndrom. Schätzungen zufolge leidet inzwischen rund jeder Fünfte daran. Dabei kommt es ohne medizinische Ursache regelmäßig zu Beschwerden wie Schmerzen, Verstopfung, Blähungen oder Durchfall.

(ham)
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