Für Betroffene Die besten Tipps gegen Mundgeruch

Berlin · Chronischer Mundgeruch ist mehr als schlechter Atem. Bei rund 90 Prozent aller Fälle sind Bakterien in der Mundhöhle die Ursache, nur in seltenen Fällen liegt es am Magen. Oft lässt sich schon mit einfachen Mitteln Abhilfe schaffen.

Wie entsteht Mundgeruch? Was kann man dagegen tun? 8 Tipps
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Acht Tipps gegen Mundgeruch

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Foto: proDente e.V.

Den fauligen Geruch aus seinem Mund hat Peter Tiedt nicht selbst bemerkt. "Auch in meinem Umfeld hat keiner seltsam reagiert oder sich von mir abgewendet", sagt er. "Zumindest ist mir das nicht aufgefallen." Erst seine Freundin wies den damals 40-Jährigen vorsichtig auf seinen ständigen Mundgeruch hin. Tiedt putzte sich seine Zähne nun noch intensiver, als er es ohnehin schon getan hatte. Doch der stechende Geruch blieb.

Schätzungen zufolge hat etwa jeder dritte Bundesbürger mehr oder weniger chronischen Mundgeruch, medizinisch Halitosis genannt. Vielen ist er peinlich. "Manche halten in alltäglichen Situationen bewusst Abstand zu anderen Menschen, andere weichen den Zärtlichkeiten ihres Partners aus oder haben in extremen Fällen gar keine sozialen Kontakte mehr", sagt die Zahnärztin Aviva Grinfeld aus Berlin.

Die Grenze zwischen schlechtem Atem und krankhaftem Mundgeruch ist fließend. "Morgendlicher Mundgeruch nach dem Aufstehen ist normal, da man beim Schlafen weniger Speichel produziert und der Mund dann einfach trockener ist", erläutert Grinfeld. Auch durch Knoblauch, Zwiebeln oder Alkohol hervorgerufener schlechter Atem ist unbedenklich. "Die Abgrenzung zum krankhaften Mundgeruch ist rein ursachenbedingt und in der Regel nicht an eine bestimmte Nahrungsaufnahme gebunden", sagt Sebastian Michaelis von der Deutschen Gesellschaft für Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde (DGZMK).

Bei etwa 90 Prozent der Patienten liegt die Ursache in der Mundhöhle. "Vor allem auf der großen rauen Oberfläche der Zunge mit ihren zahlreichen Vertiefungen setzen sich Bakterien fest, die keinen Sauerstoff zum Leben brauchen", erklärt Kai Worch von der Deutschen Gesellschaft für Parodontologie (DGParo) in Regensburg. "Im Rahmen ihres Stoffwechsels produzieren sie flüchtige Schwefelverbindungen, die dann zu dem unangenehmen Geruch führen." Auch in den Zahnzwischenräumen und unter schlecht sitzenden Kronen finden die Bakterien ihre Nischen. "Oft sitzen sie auch in Zahnfleischtaschen, die infolge von Entzündungen des Zahnfleisches und des Zahnhalteapparates entstehen und beim normalen Zähneputzen nicht mitgereinigt werden können."

In seltenen Fällen kommen auch Erkrankungen im Hals-Nasen-Ohrenbereich, zum Beispiel vereiterte Mandeln oder Nasennebenhöhlenentzündungen, sowie Stoffwechselerkrankungen wie Diabetes als Ursachen infrage. Bei einem verschwindend geringen Prozentsatz liegt es an einem undicht abgeschlossenen Magen. "Das ist nur bei weniger als 1 von 1000 Patienten der Fall", sagt Michaelis.
Dennoch führen viele Betroffene ihren Mundgeruch voreilig darauf zurück. "Häufig kommen Patienten erst dann zum Zahnarzt, wenn sie bereits komplexe, aber in der Regel wirkungslose Eingriffe wie Magenspiegelungen oder Mandeloperationen hinter sich haben."

Ob man Mundgeruch hat, kann man kaum selbst feststellen. "Da sich die Nase an den eigenen Geruch gewöhnt, bringt es wenig, in die Hand zu hauchen und daran zu riechen", erläutert Michaelis. Gerade deshalb sollten vertraute Familienmitglieder und Freunde Betroffene auf ihren Mundgeruch ansprechen, auch wenn ihnen das unangenehm ist. "In der Regel sind die Angesprochenen dankbar, dass sie von ihrem Problem erfahren und dann etwas dagegen unternehmen können", sagt Tiedt.
Entscheidend ist ein sensibles Vorgehen. "Man sollte sie unter vier Augen auf das Problem hinweisen und erklären, dass der Zahnarzt in den meisten Fällen weiterhelfen kann", ergänzt Grinfeld.

Bundesweit gibt es rund 30 spezialisierte Mundgeruchssprechstunden. Zu Beginn der Untersuchung prüft der Zahnarzt mit seiner Nase in verschiedenen Abständen, ob er Mundgeruch wahrnehmen kann.
Anschließend wird mit dem Halimeter, einem speziellen Sensorgerät, die Gesamtkonzentration der Schwefelverbindungen in der Atemluft der Patienten gemessen. "Es liefert quasi objektive Messwerte, die man mit dem subjektiven Empfinden abgleichen und für Verlaufskontrollen im Rahmen der Therapie einsetzen kann", sagt Worch. Schließlich untersucht der Zahnarzt die gesamte Mundhöhle, insbesondere Zunge und Zahnfleisch, und führt gegebenenfalls eine professionelle Zahn- und Zungenreinigung durch.

Damit die Zunge wieder rötlich oder rosa schimmert und nicht von einem weißen, gelben oder braunen Belag bedeckt ist, sollte man sie auch selbst täglich reinigen. "Wichtig ist, dass man die Zunge vorsichtig säubert und nicht verletzt, weil sonst Bakterien ins Blut gelangen können", sagt Michaelis. Die kleinen empfindlichen Erhebungen im hinteren Zungendrittel, die sogenannten Papillen, sollten nicht mitgereinigt werden.

Am besten ist deshalb laut Grinfeld folgende Technik: "Die Zunge herausstrecken und vorne an der Spitze breitflächig herunterziehen, auf die genoppte Seite des Zungenreinigers ein neutralisierendes Zink-Gel für Mundgeruch auftragen und dieses langsam vom höchsten Punkt der Zunge, den man sehen kann, nach vorne verteilen." Anschließend ziehe man das Gel mit der anderen Seite des Zungenreinigers ab. Da Zahnbürsten häufig einen Würgereiz auslösen, sollte man spezielle Zungenreiniger mit flachen Borsten verwenden.

Während eine tägliche Zungenreinigung unabdingbar ist, sollte die Verwendung von Mundspüllösungen mit dem Zahnarzt abgesprochen und auf maximal zwei Wochen beschränkt sein. "Lösungen mit Chlorhexidin beispielsweise können bei Daueranwendung je nach Konzentration zu Allergien, einer Verschlechterung der Mundflora oder zeitweisen Verfärbungen an den Zähnen führen", warnt Michaelis.

Kaugummis versprechen nur scheinbar eine schnelle Lösung. "Sie können zwar die Speichelproduktion anregen, was besonders bei Mundtrockenheit wichtig ist, aber eben nicht die Bakterien eliminieren", sagt Grinfeld. Permanentes Kaugummi-Kauen verschlimmere das Problem vielmehr. Der pH-Wert im Mund erhöhe sich soweit, dass die Entstehung der Schwefelverbindungen begünstigt wird.

(dpa)
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