Wunder oder Schrecken der Medizin? 2017 soll der erste Kopf transplantiert werden

Düsseldorf · Transplantationen sind für viele Patienten die letzte Chance auf ein Weiterleben. Ein ambitionierter Neurowissenschenschaftler hat jetzt angekündigt, schon in zwei Jahren den ersten Kopf auf einen anderen Körper verpflanzen zu können.

 Der italienische Neurowissenschaftler Dr. Sergio Canavero will schon in zwei Jahren den ersten Kopf transplantieren. Auf einer Tedx-Konferenz berichtet er davon.

Der italienische Neurowissenschaftler Dr. Sergio Canavero will schon in zwei Jahren den ersten Kopf transplantieren. Auf einer Tedx-Konferenz berichtet er davon.

Foto: Dr. Sergio Canavero at TEDx Limassol

Es klingt wie ein schauriges Experiment, bei dem eigentlich nur Zombies entstehen können: Der italienische Neurowissenschaftler Sergio Canavero will schon bald einen lebenden menschlichen Kopf auf einen anderen funktionsfähigen menschlichen Körper setzen. Das unglaubliche Vorhaben kündigte er im Fachmagazin New Scientist an.

Wie die Operation ganz genau verlaufen soll, will Canavero im Juni bei der Jahreskonferenz der American Academy of Neurological and Orthopaedic Surgeons (AANOS) vorstellen.

Canavero ist jedoch nicht der einzige, der dieses an die Geschichte von Frankenstein erinnernde Vorhaben in die Tat umsetzen will. 1970 soll dem amerikanischen Neurologen Robert White genau dieses Experiment schon gelungen sein. Allerdings an einem Rhesusaffen. Der Affe konnte sich allerdings nicht mehr bewegen und starb nach neun Tagen. Das größte Problem war schon damals das Zusammenfügen von Nerven, Rückenmark und von zwei verschiedenen Immunsystemen.

Auch Canavero sieht in dieser Detailarbeit die größte Herausforderung. Die größte Schwierigkeit wird wohl darin bestehen, das Rückenmark von Kopf und Rumpf so zu verbinden, dass tatsächlich Signale weitergeleitet werden können. Dafür muss eine immense Zahl von feinen Nervensträngen miteinander verbunden werden.

Gelingt dieses Unterfangen, dann könnte es dem italienischen Wissenschaftler jedoch tatsächlich gelingen, nicht nur Leben zu verlängern, sondern Querschnittsgelähmte wieder gehen zu lassen. Dafür müssen aber, wie auch bei Transplantationen von Herz oder Lunge, zwei sterbende Körper zusammengefügt werden. Das wirft nicht nur medizinische, sondern auch ethische Probleme auf. Fragen wie "Wer sind wir und was macht den Menschen aus?" werden spätestens 2017 dann wohl in den Ethikkomissionen wieder heftig diskutiert werden.

Auch, da auch die Medizin belegt, dass etwa im Darm ein ganz eigenes Gedächtnis zu finden ist, dass von frühester Kindheit an lernt. (Man spricht hier vom "Bauchhirn".) Welche Auswirkungen es hat, wenn der Körper und damit auch die biologischen Erinnerungen eines Körpers mit den neuronalen Erinnerungen eines fremden Kopfes zusammengefügt werden, ist völlig unklar.

Nur das Operationsverfahren selbst hat Canavero jetzt schon bruchstückhaft beschrieben: Ähnlich wie bei einer Verschmelzung von Gummi oder dem Zusammenkleben von Spagetti unter Hitze, sollen auch die Nervenverbindungen durch hohe Temperaturen zum Zusammenwachsen gebracht werden. Dafür müssen Kopf und Leib jedoch erst über mehrere Wochen in eine Art Frost-Koma versetzt werden, damit sich die Einzelteile dann nach und nach an die neuen Bedingungen gewöhnen können.

(ham )
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