Rückenschmerzen 38 Prozent mehr Operationen an Bandscheiben

Berlin · Von den 20 Millionen Deutschen, die regelmäßig an Rückenschmerzen leiden, kommen immer mehr unters Messer. Zwischen 2006 und 2011 ist die Zahl der Bandscheiben-Operationen um 38 Prozent gestiegen. Die Krankenkassen halten das für nicht gerechtfertigt.

So vermeiden Sie Rückenprobleme
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Dies geht aus Daten des Wissenschaftlichen Dienstes der AOK hervor, die unserer Zeitung vorliegen. Auffällig: Auch die Zahl der Kliniken, die solche Eingriffe vornehmen, hat sich im gleichen Zeitraum deutlich erhöht. Seit 2006 ist ihre Zahl von damals 550 auf heute 700 gestiegen.

Die Krankenkassen fürchten, dass viele Kliniken eine Bandscheiben-Operation vor allem als gutes Geschäft betrachten. "Wir verzeichnen eine enorme Zunahme der Fallzahlen, ohne dass hierfür medizinische Gründe ersichtlich wären", sagte der geschäftsführende Vorstand des AOK-Bundesverbandes, Uwe Deh. Jede unnötige Operation sei für den Patienten vermeidbares Leid und vermeidbares Risiko.

"Deshalb gehören Patientenschutz und hohe Qualität der medizinischen Versorgung gemeinsam ins Zentrum der Diskussion." Den Kliniken warf Deh vor, sie könnten "offensichtlich nicht mehr garantieren, dass ausschließlich aus medizinischen Gründen operiert wird".

Alternde Gesellschaft

Steigende Operationszahlen in der Medizin gelten angesichts der alternden Bevölkerung als normal. Der sprunghafte Anstieg bei den Bandscheiben-Operationen ist damit aber nicht zu begründen: Weniger als ein Drittel der Zunahme der Bandscheiben-Eingriffe lasse sich mit der Alterung der Bevölkerung erklären, sagte Deh unter Berufung auf ein Gutachten des Rheinisch-Westfälischen Instituts für Wirtschaftsforschung. "Wir befürchten, dass hier aus finanziellen Motiven der Krankenhäuser operiert wurde", fügte Deh hinzu.

Für das Einsetzen einer Bandscheibenprothese können die Kliniken je nach Schweregrad zwichen 6600 und 9800 Euro berechnen. Die Kosten für diese Eingriffe sind in den vergangenen fünf Jahren um 21 Prozent gestiegen — und dies, obwohl die Verweildauer der Patienten im Krankenhaus nach einem Eingriff am Rücken abgenommen hat.

Die AOK rät den Patienten, sich eine eigene Meinung vor einer Operation zu bilden. Vor einem Eingriff aus wirtschaftlichem Kalkül könnten sich die Patienten schützen, "indem sie genau nachfragen, ob ein solcher Eingriff erfolgen muss oder ob es noch andere Behandlungsmöglichkeiten gibt", sagte Deh. Der Kassen-Vorstand rät zudem, in Kliniken zu gehen, "die solche Eingriffe gut und ausreichend häufig machen".

(qua)
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