DAK-Studie Ärzte in Deutschland verschreiben zu oft Antibiotika

Düsseldorf · Patienten in Deutschland erhalten viel zu häufig Antibiotika, das ergab eine aktuelle Studie der DAK. Die Analyse zeigt, dass 2013 fast 30 Prozent der verschriebenen Antiobiotika fragwürdig waren. Insbesondere bei Erkältungsbeschwerden würden sie oftmals unnötig verschrieben.

Das sollten Sie über Antibiotika wissen
Infos

Das sollten Sie über Antibiotika wissen

Infos
Foto: dpa, Federico Gambarini

Grippe und Erkältungen werden von Viren ausgelöst, das wissen einige Patienten noch. Was viele jedoch nicht wissen ist, dass Antibiotika diesen Erregern nichts anhaben können. Tatsächlich helfen die Tabletten nur bei Erkrankungen, die durch Bakterien ausgelöst werden, wie etwa Entzündungen an den Zähnen oder auch an der Blase.

Trotzdem werden in Deutschland immer wieder Antibiotika gegen Bronchitis oder Husten aufgeschrieben. Zwar entspricht das häufig dem Wunsch der Patienten, die hoffen, durch die Einnahme der Tabletten schneller zu gesunden, medizinischen Leitlinien entspricht es jedoch nicht.

Laut dem aktuellen Bericht der DAK wurden 2013 rund 30 Prozent der Antibiotika mit Hinblick auf die Diagnose unnötig oder zumindest fragwürdig verschrieben. "Antibiotika schaden in solchen Fällen mehr als sie nutzen. Sie können Nebenwirkungen verursachen und verschärfen das Risiko der Resistenzbildung", sagt der Arzneimittelexperte Gerd Glaeseke. Für den Report hat die DAK-Gesundheit anonymisierte Arzneimittel- und Diagnosedaten ausgewertet. Das Ergebnis: Vier von zehn DAK-Versicherten haben 2013 Antibiotika eingenommen. Gefährlich sind solche Überbehandlungen mit Antibiotika vor allem, weil sich so Resistenzen gegen die Medikamente bilden und bestimmte Krankheiten wieder ausbrechen können, weil die Patienten nicht mehr auf Antibiotika reagieren.

Dass es überhaupt so vielen Verschreibungen kommt, liegt unter anderem daran, dass viele Patienten nicht genug über die Medikamente Bescheid wissen. Bei einer Befragung von 3.100 Menschen in Deutschland zu ihrem Umgang mit Antibiotika, ihrer Einstellung zu den Medikamenten und ihrem Wissen über Wirkung und Risiken, zeigte sich, dass 40 Prozent nicht gut über die Einsatzgebiete von Antibiotika informiert waren. Im Gegenteil, viele haben die Erwartungshaltung, dass durch die Einnahme von Antibiotika bei den meisten Krankheiten mit einer schnelleren Genesung zu rechnen ist.

Regionale Unterschiede

Die Studie zeigt auch deutliche regionale Unterschiede innerhalb Deutschlands. So erhielten DAK-Versicherte in Brandenburg, Sachsen und Mecklenburg-Vorpommern im Durchschnitt 4,5, 4,8 und 5 Tagesdosen Antibiotika. In westdeutschen Bundesländern dagegen etwa im Saarland, in Rheinland-Pfalz und in Niedersachsen wurden im vergangenen Jahr durchschnittlich sieben Tagesdosen verordnet.

Zudem zeigte sich, dass vor allem junge Menschen unter 15 Jahren und ältere zwischen 85 und 90 Jahren 2013 besonders häufig Antibiotika verschrieben bekamen. In beiden Gruppen waren etwa 40 Prozent der Patienten betroffen. Alarmierend ist, dass vor allem Senioren häufig sogenannte Reserveantibiotika bekommen. Diese sollten eigentlich nur eingesetzt werden, wenn reguläre Stoffe nicht mehr wirken. Ein weiteres Indiz dafür, dass durch die erhöhte Verschreibung Resistenzen gefördert werden können.

Einsatz in Krankenhäusern

Ein Effekt der Resistenten auf Antibiotika ist, dass immer mehr Patienten, die in Krankenhäusern liegen sogenannte auf die sogenannten Krankenhauskeime reagieren. Von einer Million Versicherten, die 2013 in Krankenhäusern behandelt wurden, trugen knapp 20.000 einen resistenten Keim in sich. 2010 waren es nur rund 15.000 Versicherte. Das entspricht einem Anstieg von knapp einem Drittel. Bundesweit und kassenübergreifend sterben jährlich 7.500 bis 15.000 Patienten an Infektionen, die im Zuge einer Krankenhausbehandlung entstehen, so die Zahlen des Bundesgesundheitsministeriums.

Als Folge der Analyse wird eine striktere Einhaltung der Hygienestandards in Krankenhäusern und eine bessere Vermutung von Arztpraxen, ambulanten Einrichtungen und Hospitälern gefordert. So sollen Resistenzen auf Antibiotika schneller und besser erkannt werden.

(ham)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort