Monrovia Ebola - Kampf gegen den unsichtbaren Tod

Köln · Das Virus schien besiegt, doch jetzt gibt es einen neuen Fall in Liberia. Soldat Dennis Kraft berichtet von seinem Einsatz in der Hauptstadt Monrovia.

So kämpfen Helfer gegen Ebola
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Tropische Temperaturen mit extremer Luftfeuchtigkeit, handtellergroße Spinnen, giftige Riesen-Tausendfüßler, beißender Smog durch brennende wilde Müllkippen - als der Leichlinger Dennis Kraft (41) im westafrikanischen Liberia eintraf, lauerten viele Gefahren. Doch der wahre Feind des Bundeswehrsoldaten war für das Auge unsichtbar: das tödliche Ebola-Virus.

Die wichtigsten Fakten zu Ebola
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Foto: AP/Frederick Murphy

"Der Besuch des Zentralfriedhofs in der Hauptstadt Monrovia hat mich als Vater zweier Kinder besonders berührt: Jeden Tag kamen Dutzende Gräber hinzu, auf vielen Holzkreuzen stand: Neugeborenes, namenlos", erzählt Kraft, der beim Bundesamt für das Personalmanagement der Bundeswehr in Köln arbeitet und sich freiwillig für den humanitären Einsatz gemeldet hatte.

Mehr als 9240 Menschen erkrankten in Liberia an dem tückischen Virus; 4117 starben nach offiziellen Angaben, wobei Kraft eine deutlich höhere Dunkelziffer vermutet. "Wenn man durch leere Dörfer fährt, vorbei an verwaisten Marktständen, dann wird einem bewusst, was Ebola diesem Land angetan hat. Ganze Landstriche sind entvölkert worden."

Und noch immer kann Liberia nicht aufatmen: Nachdem seit Beginn dieses Monats zunächst kein neuer Ebola-Fall mehr gemeldet wurde, ist seit dem Wochenende klar, dass es eine neue Infektion gibt. Die Hilfsorganisation Ärzte ohne Grenzen bestätigte am späten Freitagabend, dass in einem Krankenhaus eine Frau positiv getestet wurde. Ebola hat eine Inkubationszeit von 21 Tagen. Die doppelte Zeitspanne - 42 Tage - muss ohne Neuerkrankungen vergehen, bevor die Weltgesundheitsorganisation ein Land für ebolafrei erklärt.

Dennoch kann der Hauptfeldwebel zufrieden auf seinen soeben beendeten Einsatz zurückblicken: "Liberia zeigt, dass Hilfe erfolgreich ist, wenn die Weltgemeinschaft gerufen wird und gemeinsam entschlossen handelt", sagt Kraft und zählt die Nationen auf, mit denen die Deutschen zusammenarbeiteten: Kenia, Schweiz, Frankreich, Österreich, Australien, Großbritannien. Die Dankbarkeit der Afrikaner sei groß gewesen. "Bei den gemeinsamen Gottesdiensten in unserem Hospital wurden wir immer in die Gebete eingeschlossen."

Ein gemeinsames Team von Bundeswehr und Mitarbeitern des Deutschen Roten Kreuzes baute in Monrovia eine spezielle "Ebola-Behandlungseinheit" auf, deren Aufgabe es ist, Ebola-Patienten zu identifizieren. "Auch an Malaria Erkrankte haben zum Beispiel hohes Fieber und leiden an starken Durchfällen." Für konkrete Ebola-Fälle stand dann 150 Meter entfernt ein chinesisches Feldlazarett bereit, "supermodern ausgestattet, mit Infrarot-Kameras über jedem Bett".

Die Ebola-Einheit hatte ihren eigenen Friedhof. "Viele Helfer haben persönliche Bindungen zu ihren Patienten aufgebaut - unvermeidbar, wenn man gemeinsam gegen den Tod kämpft. Wenn man den Kranken dann verliert, nimmt einen das mit." Es habe aber auch kleine Wunder gegeben wie eine schwangere Ebola-Patientin, die entgegen allen Prognosen ebenso überlebte wie ihre vier Monate alte Tochter Josephine. "Sie war durch ihre erkrankte Mutter angesteckt worden. Als das kleine Mädchen schon im Sterben lag, entschlossen sich amerikanische Ärzte, sie trotzdem durch ihre Mutter wieder stillen zu lassen. Das rettete Josephine offenbar das Leben und wird nun Thema eines Forschungsprojekts gegen das Ebola-Virus."

Monrovia sei die ideale Basis für die Verbreitung der Krankheit gewesen: "Eine Stadt mit mehr Einwohnern als Köln, die meisten davon bitterarm. Viele leben ohne Strom und fließend Wasser, Armut und Dreck, wohin man schaut."

Die Angst vor Ansteckung sei in Liberia allgegenwärtig gewesen; die zahllosen Warnungen auch auf Plakaten hätten letztlich Wirkung gezeigt, sagt Kraft: "Die Menschen, die sonst engen Körperkontakt pflegen, haben vorsichtig Distanz gehalten." Der Soldat selbst gewöhnte sich daran, sich 40-mal täglich die Hände zu waschen und regelmäßig Fieber zu messen.

Kraft gehörte zu den letzten deutschen Soldaten, die aus Liberia abgezogen wurden; einige Rote-Kreuz-Helfer bleiben noch vor Ort und betreiben die Behandlungseinrichtung noch so lange wie nötig weiter. Drei Wochen verbrachte der Leichlinger zur Beobachtung in einer Kurklinik an der Ostsee, um jedes Risiko auszuschließen, dass er sich doch angesteckt haben könnte, bevor er wieder zu seiner Familie und in die Lüttich-Kaserne in Köln-Longerich zurückkehren konnte. "Ja, dort, wo viele Menschen sterben, ist es natürlich gefährlich. Aber meine Frau ist selbst Krankenschwester und weiß, dass sich Ebola nicht so einfach überträgt."

Die Luftbrücke der Bundeswehr, mit der Hilfsgüter nach Westafrika transportiert werden, wird noch bis zum Ende dieses Monats betrieben. Seit Oktober 2014 haben die deutschen "Transall" 292 Transporte mit einem Gesamtgewicht von über 646 Tonnen bewältigt - zu Beginn der Mission Schutzkleidung, später vor allem Lebensmittel und medizinische Geräte. Hauptfeldwebel Kraft steht unterdessen vor einem neuen Einsatz: Ende des Jahres soll es nach Mali gehen, wo die Bundeswehr afrikanische Soldaten im Kampf gegen Terrormilizen ausbildet.

(RP)
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