Bertelsmann-Studie Pflegebranche sucht kaum Fachkräfte im Ausland

Gütersloh · Trotz Fachkräftemangels tut sich die Pflegebranche in Deutschland schwer mit der gezielten Anwerbung von qualifizierte Mitarbeitern im Ausland. Nur ein Sechstel der Pflegebetriebe bemüht sich bislang um Rekrutierung von Fachkräften im Ausland.

 Laut einer aktuellen Studie der Bertelsmann-Stiftung bemühten sich nur ein Sechstel der Pflegebetriebe um Fachkräfte aus dem Ausland, um den Fachkräftemangel zu bekämpfen.

Laut einer aktuellen Studie der Bertelsmann-Stiftung bemühten sich nur ein Sechstel der Pflegebetriebe um Fachkräfte aus dem Ausland, um den Fachkräftemangel zu bekämpfen.

Foto: dpa

Das geht aus einer am Montag in Gütersloh veröffentlichten Studie im Auftrag der Bertelsmann-Stiftung hervor. Die Pflegeunternehmen wünschen sich demnach unter anderem einen Abbau rechtlicher Hürden bei der Anwerbung.

Der Studie zufolge zählt die Pflegebranche zu den Wirtschaftszweigen mit den größten Schwierigkeiten, qualifiziertes Personal zu finden - 61 Prozent der Pflegeeinrichtungen haben demnach Vakanzen, durchschnittlich sind dort 4,3 Stellen unbesetzt.

Nur 16 Prozent der Einrichtungen wirbt im Ausland Personal

Dennoch nimmt die Rekrutierung aus dem Ausland den letzten Platz ein im Kampf gegen den Fachkräftemangel in der Pflegebranche: Gerade einmal 16 Prozent der Einrichtungen wählen diesen Weg, lieber werben die Unternehmen laut der Studie Personal von der Konkurrenz ab (20 Prozent) oder versuchen, den Krankenstand abzusenken (83 Prozent).

"An der Pflegebranche wird deutlich, wie weit Deutschland von einer gezielten und am Arbeitsmarkt orientierten Einwanderungspolitik entfernt ist", erklärte der Vorstand der Bertelsmann Stiftung, Jörg Dräger. Denn trotz Personalknappheit ist der Studie zufolge für 59 Prozent der Pflegebetriebe ohne Erfahrung mit Auslands-Rekrutierung ein Umschwenken keine Option - sie fürchten bei der internationalen Fachkräftesuche einen hohen Aufwand, hohe Kosten und rechtliche Hürden.

Bürokratie steht im Weg

Diese Vorbehalte werden bestätigt durch Pflegeunternehmen mit Rekrutierungserfahrung im Ausland: Mehr als vier von fünf dieser Unternehmen stießen bei der internationalen Fachkräftegewinnung auf bürokratische Hemmnisse, 67 Prozent klagten über Probleme bei der Anerkennung von Qualifikationen. 60 Prozent hatten zudem Schwierigkeiten mit der Einwanderungserlaubnis für Drittstaatler.

Zurückhaltend bei der Fachkräfterekrutierung aus dem Ausland sind der Umfrage zufolge vor allem die ambulanten Pflegedienste, von denen nur jeder zehnte in den vergangenen drei Jahren entsprechende Versuche unternommen hat. Dagegen war jede fünfte stationäre Krankenpflegeeinrichtung und Altenpflegeeinrichtung darum bemüht, international Fachkräfte zu gewinnen.

Die Pflegeunternehmen wünschen sich laut der Studie neben dem Abbau bürokratischer Hürden bessere Angebote bei Sprach- und Integrationskursen und mehr Informationsmöglichkeiten über Bewerber. "Angesichts der demographischen Entwicklung mit höherem Pflegebedarf und geringerem Angebot an Arbeitskräften ist die gezielte Gewinnung von Fachkräften aus dem Ausland unverzichtbar", erklärte Dräger.

Schlechte Arbeitsbedingungen als Grund für Fachkräftemangel

Mehr qualifizierte Einwanderung entbinde die Pflegebranche allerdings nicht davon, Bezahlung, Arbeitsbelastung und Image zu verbessern. Für die repräsentative Studie befragte das Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) knapp 600 Personalverantwortliche in der Pflegebranche.

Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) verwies angesichts der Studienergebnisse darauf, dass der Fachkräftemangel vor allem auf die "schlechten Rahmenbedingungen für Pflegeberufe" zurückzuführen sei. "Viele Arbeitgeber haben Dumpinglöhne, belastende Arbeit, mangelnde Finanzierung der Ausbildung sowie unzureichende Fort- und Weiterbildung bewusst oder fahrlässig in Kauf genommen, um ihre Gewinne zu maximieren", kritisierte DGB-Vorstandsmitglied Annelie Buntenbach in Berlin. "Insbesondere gut ausgebildete Fachkräfte aus dem Ausland bevorzugen Länder, in denen die harte Pflegearbeit entsprechend honoriert wird."

(AFP)
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