Forscher befürchten "neues Aids" Wanze infiziert 300.000 Amerikaner mit tödlicher Krankheit

New Orleans · Mitten im Kampf gegen Ebola greift nun in den USA eine neue Krankheit um sich, die sich über Raubwanzen überträgt. Über 300.000 Amerikaner sollen sich bereits mit der potenziell tödlichen Infektion angesteckt haben, ohne zum Teil davon zu wissen.

Der potentiell tödliche Chagas-Erreger wird durch den Stich von Raubwanzen übertragen.

Der potentiell tödliche Chagas-Erreger wird durch den Stich von Raubwanzen übertragen.

Foto: CDC/WHO

Der neue Krankheitshorror hat viele Namen: Manche nennen die Infektion, die durch den Kot der Raubwanze übertragen werden das neue Aids, andere bezeichnen sie als "Kissing-Bug-Disease", was übersetzt so viel heißt wie "Krankheit der küssenden Wanze". In medizinischen Nachschlagewerken findet man die vor allem in Mittel- und Südamerika vorkommende Erkrankung unter dem Namen Chagas.

Übertragen wird sie durch Raubwanzen. Meist nachts krabbeln sie aus Mauerritzen und stechen ihre Opfer bevorzugt in der Lippen- oder Augenpartie. Dabei scheiden die Parasiten Kot mit den gefährlichen Erregern Trypanosoma cruzi aus. Durch unbewusstes Reiben an der Bisswunde dringt er dann in die Wunde ein und verbreitet sich dann im ganzen Körper.

Chagas kommt schleichend

Zu Beginn bleibt Chagas vollkommen unbemerkt. Die Betroffenen fühlen sich nicht krank und suchen darum zunächst auch keine ärztliche Hilfe auf. Selbst die ersten Symptome wie Müdigkeit oder Fieber, die erst etwa zwei Monate nach der Infektion auftreten, scheinen wie bei der Autoimmunschwäche Aids harmlos und bleiben darum nach Einschätzung der Wissenschaftler von Ärzten oft unentdeckt. Auch Kopf- und Muskelschmerzen, vergrößerte Lymphknoten oder Atemprobleme zählen zu den diffusen und möglichen ersten Anzeichen.

Erst später kommt es zu seltsamen purpur gefärbten Beulen an den Einstichstellen, die die Augen vollkommen zuschwellen lassen. Zu diesem Zeitpunkt aber ist es für den Patienten meist schon zu spät: Die Erreger haben dann bereits Hirn, Nervengeflecht oder den Darm angegriffen. In 30 Prozent der Fälle ist das Herz betroffen — oft mit tödlichen Folgen.

Denn Jahre später kann es laut der WHO durch die Infektion zum plötzlichen Tod, durch die fortschreitende Zerstörung des Herzmuskels zum Herzversagen kommen oder durch den Befall des Zentralen Nervensystems in Demenz münden. Auch Fälle von Hirnhautentzündungen sind bekannt.

Forscher schlagen Alarm

Auf einem Kongress für Tropenmedizin schlugen Forscher darum Alarm. Auf dem amerikanischen Kontinent kam die Chagas-Krankheit ursprünglich in ländlichen Regionen Mexikos, Zentral- und Südamerikas vor. Jetzt aber gebe es einige Berichte, die nach Einschätzung der Wissenschaftler darauf hindeuten, dass sich die Erkrankung ausbreite. Mehrere Studien zeigten, dass sie sich lokal weiterübertragen habe und nun auch in Texas vorkomme. Die erschreckenden Ergebnisse lieferte Melissa Nolan Garcia, wissenschaftliche Mitarbeiterin am Baylor College of Medicine in Houston.

Bei Routineüberprüfungen von Blutspendern in Texas, fand das Team 17 Spender, die die Erreger in sich trugen und nichts davon wussten. Was die Wissenschaftler besonders überraschte: 36 Prozent aller getesteten Personen hatten die Erkrankung lokal erworben. Die Forscherin zeigt sich besorgt, dass die Zahl der infizierten Menschen in den Vereinigten Staaten wächst und die Schätzung der US-Behörde Centers for Disease Control und Prevention (CDC) weit übertreffe. Dort geht man von 300.000 Menschen in den USA aus. Acht Millionen sollen es weltweit sein, sagt die WHO. Das Fraunhofer Institut geht sogar von zehn Millionen aus. In jüngster Zeit sei Chagas durch Reisende jedoch auch nach Westeuropa, Australien und Japan gebracht worden, sagen Forscher aus Mexiko. Die kanadische Newsseite "globalnews.ca" berichtet über elf Infektionsfälle Reisender in diesem Jahr.

Das sind die Verbreitungswege

Verbreiten kann sich die Krankheit nicht nur durch den direkten Biss der Parasiten, sondern auch über Bluttransfusionen, Organtransplantationen, mit Wanzen-Kot verunreinigte Speisen, Laborunfälle oder bei der Geburt, hält die Weltgesundheitsorganisation fest.

Eine schützende Impfung gegen die parasitären Erreger gibt es nach Informationen des CDC nicht. Es existieren zwar zwei Medikamente, mit denen sich die Erkrankung behandeln lässt, doch bringen diese schwerste Nebenwirkungen mit. Eine zusätzliche Schwierigkeit besteht zudem darin, die Infektion rechtzeitig zu erkennen, denn je länger sie im Körper wütet, desto schwieriger wird es, sie wieder in den Griff zu bekommen. Reisende nach Zentral- und Mittelamerika können sich durch den Gebrauch von Moskitonetzen schützen.

(wat)
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