Düsseldorfer Direktor der Klinik für Infektiologie 100-prozentigen Ebola-Schutz gibt es nicht

Düsseldorf · Das Universitätsklinikum Düsseldorf könnte auch bald einen Ebola-Patienten aufnehmen. Der Direktor der Klinik für Infektiologie spricht über die Vorbereitungen, die Schwächen von Fieberkontrollen und die Anforderungen an die Mediziner.

 Dieter Häussinger, Direktor der Klinik für Infektiologie in Düsseldorf.

Dieter Häussinger, Direktor der Klinik für Infektiologie in Düsseldorf.

Foto: RP, Bauer

Wann wird das Universitätsklinikum Düsseldorf den ersten Ebola-Patienten bekommen?

Häussinger Wir sollten davon ausgehen, dass wir hier in Düsseldorf in nächster Zeit mit dem ersten Fall konfrontiert werden, also in den nächsten Wochen oder Monaten.

Gab es schon Anfragen?

Häussinger Ja. Es handelte sich um eine Ärztin, die aber in ihrem Heimatland behandelt wurde.

Wie würde ein Ebola-Patient zu Ihnen kommen?

Häussinger Wahrscheinlich ist, dass er uns von behördlicher Seite zugewiesen wird. Patienten, die in NRW auffällig werden, kommen auf jeden Fall zu uns. Wenn ein Patient aus Westafrika eingeflogen wird, dann wird das über das Auswärtige Amt geklärt. Bei der Heimholung von Entwicklungshelfern und so weiter wird innerhalb der Stakob . . .

. . . dem "Ständigen Arbeitskreis der Kompetenz- und Behandlungszentren für hochkontagiöse und lebensbedrohliche Erkrankungen" am Robert-Koch-Institut

Häussinger ... entschieden, wohin der Patient geht.

Werden die Patienten derzeit in Deutschland verteilt?

Häussinger Nein, so ist es nicht. Es gibt Überlegungen, dass ein Zentrum, das bereits einen Ebola-Patienten behandelt, auch einen zweiten bekommen sollte. Denn dort ist bereits eine Personaldecke vorhanden, die vergleichsweise geringfügig aufgestockt werden müsste.

Wie kooperieren die Zentren?

Häussinger Alle Zentren sind im ständigen Kontakt; es gibt regelmäßige Telefonkonferenzen. Untereinander wird sehr viel diskutiert. Bei der Behandlung eines Ebola-Patienten treten immer wieder unerwartete Fragen auf, für die es keine schematischen Lösungen gibt. Unter der Ägide des Robert-Koch-Instituts fühlen wir uns aber sicher mit unseren Entscheidungen. Das ist auch wichtig, denn die wenigsten Behandlungszentren haben je einen Ebola-Patienten gesehen. Da sind viele von uns "Trockenschwimmer". Einer meiner Ärzte war jetzt für mehrere Tage in Frankfurt und hat bei der Behandlung des Ebola-Patienten geholfen und wichtige Erfahrungen gesammelt.

Welche Medikamente wurden in Hamburg, Frankfurt und Leipzig verwendet?

Häussinger Innerhalb der Stakob sind wir zurückhaltend in der Nutzung experimenteller Medikamente. Man ist ja überhaupt nicht sicher, ob und inwieweit sie überhaupt geholfen haben. Ihre Nebenwirkungen kennen wir nicht. Entscheidend ist eine konsequente intensivmedizinische Therapie.

Es gibt in Deutschland nur zwei Labore für den Ebola-Verdacht: Hamburg und Marburg. Warum?

Häussinger Es sind spezielle bauliche Voraussetzungen für ein Ebola-Labor erforderlich. Außerdem muss man solche Untersuchungen dort machen lassen, wo große Erfahrung vorliegt. Natürlich gibt es die Möglichkeiten auch anderswo, aber der sichere Weg ist, die Untersuchungen dort durchführen zu lassen, wo die Techniken validiert sind. Stellen Sie sich vor, da wird einem Patienten versehentlich ein falsches negatives Ergebnis verkündet . . .

. . . der Patient ist in Wirklichkeit infiziert, aber das Testergebnis gibt falsche Entwarnung und erklärt ihn fälschlicherweise für nicht infiziert, also gesund . . .

Häussinger. . . das könnte verheerende Folgen haben. Ein Debakel.

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Foto: AP/Frederick Murphy

Ist Fieber wirklich das entscheidende Leitsymptom? Oder ist es das schwere Krankheitsbild mit Erbrechen, Durchfall und Blutungen?

Häussinger Eher das zweite. Das Festhalten an einem Fieberwert über 38,5 Grad Celsius als erstem Indikator scheint uns in der Stakob nicht unbedingt sinnvoll. Man muss nur ein wenig fiebersenkende Medikamente nehmen, schon geht das Fieber runter, obwohl man ansonsten typische Erstsymptome einer Ebola-Erkrankung hat. Für den begründeten Verdacht muss der Kontakt zu Erkrankten oder infiziertem Material oder der Aufenthalt in der betroffenen Gegend oder auch der Kontakt zu Überträgertieren hinzukommen.

Das heißt aber doch: Ein infizierter Patient, der Westafrika unbedingt verlassen will und im Flugzeug erste Symptome zeigt, könnte unbeanstandet in London-Heathrow landen und die Fieberkontrollen passieren, wenn er nur das Fieber senkt.

Häussinger Ja, der schlüpft durch die Maschen. Einen 100-prozentigen Schutz gibt es einfach nicht.

Es gibt in NRW nur drei Behandlungsbetten für Ebola-Patienten, und zwar hier Düsseldorf. Sind das für Ernstfall zu wenige?

Häussinger Natürlich könnte das im Fall eines sprunghaften Anstiegs der Infektionsrate der Fall sein. Aber das ist extrem unwahrscheinlich.

Ab wann ist ein Patient ansteckend? Wirklich erst ab dem Moment, wo er jene starken Symptome zeigt?

Häussinger In der Medizin gibt es keine Schwarz-Weiß-Fälle. Auch bei manchem Ebola-Patienten ist es schwer zu sagen, von welchem Moment an er wirklich symptomatisch ist. Wenn er hohes Fieber hat und Blut erbricht, ist er klar symptomatisch. Aber wenn er nur ein bisschen Fieber hat, sich etwas unwohl fühlt und schlapp, kann er trotzdem beginnend infektiös sein. Und kann andere anstecken. Gemeinhin gilt, dass Ebola nicht durch Tröpfcheninfektion übertragen wird.

Leider hat sich auch medizinisches Personal bei der Behandlung eines Ebola-Kranken angesteckt.

Häussinger Das kennen wir leider, wenn auch nicht oft, von Tuberkulose- oder Hepatitis-Patienten. Aber im Fall der Krankenschwestern in Madrid und Dallas sind - wie wir mittlerweile wissen - die Schutzmaßnahmen nicht so professionell gewesen wie bei uns.

(RP)
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