Vereinte Nationen warnen vor Hungersnot Ebola-Epidemie wird zum Problem für Westafrikas Wirtschaft

Conakry · Mehr als 1000 Menschen sind dem jüngsten Ausbruch der Ebola-Erkrankung in Liberia, Sierra Leone und Guinea bereits zum Opfer gefallen. Eine viel größere Anzahl ist von den indirekten Folgen bedroht. Die Vereinten Nationen warnen vor einer Hungersnot.

Ebola - Von ersten Fällen zum Internationalen Gesundheitsnotfall
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Foto: Festa/ Shutterstock.com

Die UN bereiten sich schon auf Hilfsmaßnahmen in Westafrika vor, weil die Städte nicht mehr zuverlässig mit Lebensmitteln versorgt werden oder die Güter aus den von Ebola betroffenen Regionen gemieden werden.

Auf den Märkten von Conakry, der Hauptstadt von Guinea, kommen Obst und Gemüse vom Land kaum noch an. In Sierra Leone und Liberia mussten bereits Märkte geschlossen werden. Die Preise für Reis steigen dramatisch an, und Händler versuchen sich mit Preisabsprachen zu retten. Auf dem Land sind Jäger praktisch arbeitslos, weil ihnen niemand mehr das Wildbret abnimmt — es könnte ja das Ebola-Virus tragen.

Von den abgerissenen Versorgungsketten sind rund eine Million Menschen betroffen — und damit akut von einer Hungersnot bedroht. Die Verantwortlichen bei der UN haben sich auf eine zunächst drei Monate währende Hilfsaktion geeinigt, die bei Bedarf verlängert werden kann. Gleichzeitig konstatiert die Weltgesundheitsorganisation, dass die Ebola-Epidemie noch einige Zeit andauern könnte und das wahre Ausmaß der Seuche bisher noch weit unterschätzt werde.

Versorgung dramatisch verschlechtert

Fabienne Pompey von der Welternährungsorganisation sagt: "Bislang ist es eine Gesundheitskrise, aber sie hat bereits die Versorgungssicherheit beeinträchtigt". Seit die drei betroffenen Länder von den regionalen Fluglinien in Westafrika nicht mehr angeflogen werden, hat sich die Versorgung dramatisch verschlechtert. Internationale Linien steuern die Länder zwar noch an, aber das reicht nicht, um eine Versorgung der Bewohner zu gewährleisten. Jetzt hat die UN Hilfsflüge bewilligt und will ab kommender Woche die Verteilung der Güter in ländliche Regionen per Hubschrauber sicherstellen.

In Guinea ist der landesinterne Verkehr von Menschen und Waren nahezu zum Erliegen gekommen, seit im Land Reisebeschränkungen gelten. Personen, die in die von Ebola betroffenen Regionen ein- oder aus ihnen ausreisen wollen, müssen sich langen Kontrollen unterziehen. Die Waren aus den Gegenden werden gemieden.

Idrissa Bah fährt normalerweise mehrmals im Monat mit seinem LKW die 600 Kilometer aus dem Südosten Guineas nach Conakry. Jetzt wartet er schon seit drei Monaten auf eine Fuhre, und das, obwohl in der Hauptstadt langsam die frischen Waren knapp werden. Dabei kann man sich über Obst und Gemüse praktisch nicht anstecken, weil das Virus außerhalb von lebenden Körpern nur wenige Stunden überdauern kann.
Und dass Ebolapatienten überhaupt mit der Ernte in Berührung kommen, sei mehr als unwahrscheinlich, sagt der Virologe Daniel Bausch.

Trotzdem ist der Yimbaya-Markt in Conakry nahezu leer. Dort, wo sich normalerweise die Süßkartoffeln, Kochbananen und Tarowurzeln so hoch stapeln, dass sich die Tische biegen, liegen derzeit nur ein paar versprengte Schuhe und Kleider auf den Marktständen. Faraban Traore bietet sein Palmöl aus dem Südosten Guineas feil, aber ohne Erfolg.
"Seit Ebola da unten ausgebrochen ist, will niemand mehr mein Öl anfassen", sagt er.

Es finden sich keine Fahrer

In Sierra Leone und Liberia gibt es noch ein anderes Problem: Dort bricht die Zufuhr von Waren in die betroffenen Regionen zusammen. Zwar ist es gestattet, dass LKW-Ladungen in die Gegenden gebracht werden, aber es finden sich keine Fahrer, die sich trauen, die Fuhren zu übernehmen. In Liberia sind zudem die Märkte nahe den Grenzen geschlossen worden, um eine bessere Kontrolle über die Waren zu erlangen.

Das hat sich auf die Preise ausgewirkt. So kostet eine Tasse Reis nicht mehr 15, sondern 20 Eurocent - das ist eine drastische Erhöhung in einem Land, in dem viele Menschen von weniger als einem Euro am Tag leben müssen. "Jeder versucht sic, an der Situation zu bereichern", klagt Palmenbauer David Kolleh im Ebolagebiet. "Sie haben die Preise von praktisch allem erhöht."

Die Händlerin Niepou Haba verkauft normalerweise Obst und Gemüse aus der Ebolaregion auf dem Markt in Conakry. Seit drei Monaten habe sie keine Miete mehr zahlen können, erzählt sie. "Unser Geschäft ist tot", sagt die 44-Jährige, die sechs Kinder mit ihrem Marktstand hat ernähren können. "Der Markt ist leer. Wie soll ich meine Kinder füttern?"

(ap)
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