Schon über 720 Tote Ebola: WHO legt 100-Millionen-Notfallprogramm auf

Genf · Mit einem Sofortprogramm im Volumen von 100 Millionen Dollar reagiert die Weltgesundheitsorganisation (WHO) auf den bisher schwersten Ausbruch der tödlichen Ebola-Seuche.

Die wichtigsten Fakten zu Ebola
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Foto: AP/Frederick Murphy

"Das Ausmaß des Ebola-Ausbruchs und die damit verbundenen Risiken erfordern, dass die WHO und die betroffenen Länder ihrer Antwort eine neue Qualität geben", sagte WHO-Generaldirektorin Margaret Chan am Donnerstag. Der gegenwärtige Ebola-Ausbruch in Westafrika sei beispiellos, warnte Chan. Nötig seien mehr finanzielle Mittel und eine bessere Unterstützung der betroffenen Regionen durch Fachleute. Dringend benötigt würden vor allem Seuchenfachleute, Ärzte und Krankenschwestern. Auch Logistikfachleute würden gesucht, appellierte Chan an die Staatengemeinschaft.

Insgesamt müsse das Helferkontingent dringend um einige Hundert Experten aufgestockt werden. Chan kündigte an, das weitere Vorgehen im Kampf gegen die Seuche am Freitag in Guinea mit den Präsidenten der betroffenen westafrikanischen Staaten zu besprechen.

Unterdessen haben die von der Ebola-Epidemie in Westafrika betroffenen Länder ihren Kampf gegen das tödliche Virus massiv verschärft. Sierra Leone rief am Donnerstag den nationalen Notstand aus, Liberias Staatsführung ließ alle Schulen vorerst schließen und schickte entbehrliche Staatsbedienstete in einen 30-tägigen Zwangsurlaub. Die Bundesregierung rät inzwischen von verzichtbaren Reisen in die betroffenen Länder ab.

Sierra Leones Präsident Ernest Bai Koroma sagte in einer im Fernsehen übertragene Rede, alle sollten zusammenstehen und der Wahrheit ins Auge sehen: "Ebola existiert, und wir müssen seine Ausbreitung stoppen." Koroma sagte seine Teilnahme am US-Afrika-Gipfel in der kommenden Woche in Washington ab und kündigte an, am Freitag an einem regionalen Krisengipfel in Guineas Hauptstadt Conakry teilzunehmen.

Von dem Virus betroffene Gebiete sollen nach Angaben Koromas unter Quarantäne gestellt, öffentliche Versammlungen untersagt werden. In den Brennpunktzonen sollen zudem alle Häuser nach Patienten oder Bewohnern mit verdächtigen Symptomen durchsucht werden.

In Liberia erklärte Präsidentin Ellen Johnson Sirleaf den Freitag zum Ferientag, an dem alle öffentlichen Gebäude desinfiziert würden. Außerdem sollen Ebola-Tote künftig verbrannt und nicht mehr begraben werden.

In Westafrika breitet sich seit Monaten ein besonders aggressiver Ebola-Stamm aus. Mehr als 1300 Menschen wurden nach neuen Angaben der Weltgesundheitsorganisation WHO angesteckt, 729 von ihnen überlebten die Infektion nicht.
Mehrere afrikanische Länder wie Kenia, Äthiopien und die Demokratische Republik Kongo erhöhten die Sicherheitsvorkehrungen an ihren Grenzen und Flughäfen. Aus Brüssel hieß es, die Europäische Union sei für die Behandlung möglicher Infektionsfälle in ihren 28 Mitgliedsländern gewappnet. Die Internationale Zivilluftfahrtorganisation ICAO erwägt nach Krisengesprächen mit der WHO mögliche Passagier-Untersuchungen.

Neben Guinea, Liberia und Sierra Leone haben auch die Behörden in Nigeria einen Todesfall gemeldet, wobei Ebola noch nicht eindeutig als Ursache bestätigt werden konnte. Nach Angaben der Weltgesundheitsorganisation weigerten sich die Kurierdienste bislang, die entsprechende Probe in das regionale WHO-Labor zu bringen.

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Foto: lmstockwork/ Shutterstock.com

Das Ebola-Virus löst hämorrhagisches Fieber aus, das in vielen Fällen zum Tod führen kann. Medikamente dagegen gibt es nicht, doch steigert eine frühzeitige Behandlung die Überlebenschancen. Von Mensch zu Mensch überträgt sich das Virus durch Körperflüssigkeiten. Die Hilfsorganisation Ärzte ohne Grenzen geht davon aus, dass bald weitere Länder betroffen sein könnten, wenn sich die Lage nicht rasch verbessert.

Derzeit sei zwar das Risiko einer Einschleppung des Virus nach Europa gering, sagte die französische Gesundheitsministerin Marisol Touraine der Zeitung "Le Parisien". "Dennoch ist äußerste Wachsamkeit geboten."
Die britischen Behörden riefen Kontrolleure an Flughäfen und Grenzen auf, verstärkt auf Reisende mit verdächtigen Symptomen zu achten. Verdachtsfälle bei Reisenden wurden dort sowie in Spanien und Hongkong bei Tests aber nicht bestätigt.

Das deutsche Robert-Koch-Institut und das europäische Seuchenzentrum ECDC stufen die Gefahr einer Ebola-Infektion bei Reisen zwar als sehr gering ein. Das Auswärtige Amt rät seit Donnerstag aber vorerst von nicht notwendigen Reisen nach Guinea, Liberia und Sierra Leone ab.

(REU/AFP)
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