Umweltinstitut München Deutsche Biere mit Glyphosat belastet

München · Deutsche Biere sind mit dem Pestizid Glyphosat belastet - das ergab ein heute veröffentlichter Test des Umweltinstitut München. Ein Labor hat die 14 beliebtesten Biermarken Deutschlands auf Spuren des Unkrautvernichters hin untersucht und ist bei allen Produkten fündig geworden.

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Foto: Shutterstock/ Juan Gaertner

Glyphosat ist der mit Abstand am häufigsten eingesetzte Pestizidwirkstoff in Deutschland - rund 5.400 Tonnen werden bundesweit davon jährlich eingesetzt. Laut Weltgesundheitsorganisation ist das Totalherbizid erbgutschädigend und "wahrscheinlich krebserregend".

Alle Werte der vom Umweltinstitut München untersuchten 14 Biersorten lagen zwischen 0,46 und 29,74 Mikrogramm pro Liter - und damit um bis zu 300-fach über dem gesetzlichen Grenzwert für Trinkwasser (0,1 Mikrogramm pro Liter).

Die untersuchten Biersorten und die gefundene Glyphosatmengen nach Mikrogramm pro Liter (aufsteigend):

  • Augustiner Helles: 0,46

  • Franziskaner Weißbier: 0,49

  • Becks Pils: 0,50

  • Bitburger Pils: 0,55

  • Paulaner Weißbier: 0,66

  • Erdinger Weißbier: 2,92

  • Krombacher: 2,99

  • König Pilsener: 3,35

  • Oettinger: 3,86

  • Veltins: 5,78

  • Radeberger: 12,01

  • Warsteiner: 20,73

  • Jever: 23,04

  • Hasseröder: 29,74

"Alle getesteten Biere enthielten das Pestizid Glyphosat. Damit droht das deutsche Reinheitsgebot ausgerechnet in seinem 500. Jubiläumsjahr zur Farce zu werden", erklärte die Biologin Sophia Guttenberger vom Umweltinstitut München. "Ein Stoff, der wahrscheinlich krebserregend ist, hat weder im Bier noch in unserem Körper etwas verloren." Für den Test nahm das Institut Proben aus verschiedenen zufällig ausgewählten Chargen einer bestimmten Sorte Bier.

Unklar ist bislang, wie genau das Glyphosat in die Biersorten gelangen konnte. Für den Anbau von Hopfen, Weizen und Gerste seien die Pestizide nicht nötig, so die Tester in der Studie, und für manche Anbauschritte im Zuge des Reinheitsgebotes sogar verboten. Demnach darf in Bier nur Hopfen, Getreidemalz und Wasser vorkommen.

Die Deutschen konsumieren im Durchschnitt 107 Liter Bier pro Jahr und nehmen damit unbewusst auch Glyphosat zu sich. Das sei nicht vereinbar mit dem Image von Reinheit und Natürlichkeit, für das die deutschen Brauereien stünden, so Guttenberger.

"Wir appellieren an die Brauereien, ihre Produkte und Zutaten jetzt genau zu überprüfen. Sie müssen klären, wie Glyphosat in das Bier gelangen konnte und in Zukunft sicherstellen, dass ihre Produkte frei von Pestizidrückständen sind", forderte die Biologin. Das Umweltinstitut startete heute eine Online-Aktion, mit der sich Verbraucherinnen und Verbraucher direkt an die Hersteller der getesteten Biere wenden können. Gefordert sei aber auch die Politik: Die Bundesregierung müsse auf europäischer Ebene gegen eine erneute Zulassung von Glyphosat stimmen. Über diese wird voraussichtlich schon im März entschieden.

Glyphosat hatte in der Vergangenheit immer wieder für heftige Diskussionen gesorgt. Zuletzt protestierten rund 100 Wissenschaftler gegen die Entscheidung des Bundesintituts für Risikobewertung das Pestizid Glyphosat als für den Menschen unbedenklich einzustufen.

Auch in Bezug auf die aktuelle Untersuchung, sieht das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) keine Gefahr für die Gesundheit der Verbraucher. Glyphosatrückstände in Bier seien aus wissenschaftlicher Sicht plausibel und grundsätzlich erwartbar, da Glyphosat ein zugelassener Pflanzenschutzmittelwirkstoff sei. Selbst die höchsten Werte von rund 30 Mikrogramm pro Liter seien jedoch so niedrig, dass die rechnerisch resultierende Aufnahmemenge bei einem Erwachsenen mehr als 1000-fach niedriger liegen würde als die derzeit als unbedenklich geltenden Aufnahmemengen, teilte das BfR auf Anfrage mit. "Um gesundheitlich bedenkliche Mengen von Glyphosat aufzunehmen, müsste ein Erwachsener an einem Tag rund 1000 Liter Bier trinken."

Auch interessant: Wie kommt das Glyphosat ins Bier?

(ham)
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