Diskussion um Bakterien in Kliniken Hygiene-Vorbild Niederlande

Mainz (RPO). Aufgrund der Todesfälle von Säuglingen in Mainz diskutiert die Politik über die Hygiene in Krankenhäusern - auch wenn die Uniklinik Mainz einen Zusammenhang zurückweist. Tatsache aber ist: In deutschen Krankenhäusern kommt es immer wieder zu Infektionen. Da sind die Niederländer schon viel weiter - und auch strenger.

Fragen und Antworten zu Klinik-Infektionen
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Foto: AP

Der Mainzer Klinik-Vorstand Norbert Pfeiffer mahnte, die Diskussion über Krankenhaus-Hygiene nicht mit dem jetzigen Fall zu vermischen. Beim Thema Krankenhaus-Hygiene gehe es um Infektionen im Krankenhaus, das habe mit dem Herstellungsprozess für die Infusionen nichts zu tun. Die Fragen sollten voneinander getrennt werden.

Sicherlich, noch ist nicht klar, wie es zu der Verunreinigung der Infusionen kam, die elf Babys erhielten und nach denen drei Säuglinge starben. Doch die Politik hat trotzdem die Problematik aufgegriffen. So kündigte Gesundheitsminister Philipp Rösler am Dienstag an, mit den Bundesländern über neue Regelungen zur Krankenhaushygiene zu beraten. Denn dies liegt im Kompetenzbereich der Länder.

Alle werden getestet

Ein Beispiel können sich die Bundesländer an den Niederlanden nehmen. Dem berüchtigten Keim MRSA (multiresistenter Staphylokokkus aureus), der gegen Antibiotika resistent ist, wird mit konsequenten Maßnahmen zu Leibe gerückt. Will sich etwa ein Deutscher in einer niederländischen Klinik behandeln lassen, muss er sich zunächst auf MRSA testen lassen - das geschieht mit jedem Patienten. Und wird isoliert, bis klar ist, dass er nicht mit MRSA-Keimen verseucht ist.

Ob es an diesen Vorsichtsmaßnahmen liegt oder nicht: Die Zahl der MRSA-Infektionen in den Niederlanden etwa im dreiprozentigen Bereich, in den skandinavischen Ländern liegt sie noch niedriger. Auch das "Deutsche Ärzteblatt" hat öfter über Studien berichtet, die in verschiedenen Ländern hinsichtlich von Infektionen durchgeführt worden waren.

So habe es etwa in Frankreich 1990 eine Infektionsrate von 7,4 Prozent gegeben. Laut der Studie der Assistence Hopitaux Publique des Paris gebe es zudem ein Nord-Süd-Gefälle, wonach in südeuropäischen Raten höhere Anteile an MRSA-Keimen vorkamen als im Norden. In Deutschland liegt sie übrigens etwa achtmal höher als in den Niederlanden. Wirklich aktuelle Daten zu den einzelnen europäischen Ländern gibt es aber nicht.

Weniger Antibiotika

Immer wieder wird von Experten als Grund für die niedrige Zahl an MRSA-Keimen in den Niederlanden aufgeführt, dass das Land nur in seltenen Fällen Antibiotika verschreibe. Und so sind sich einige Experten sicher, dass die vermehrte Anwendung von Antibiotika eben zu einer höheren Zahl von Krankenhausinfektionen führen kann. Gerade in Deutschland wird schnell - auch mal vom Hausarzt - ein Antibiotikum verschrieben. Und

Das sagte etwa auch Dr. Alexander Friedrich von der Uniklinik Münster im Gespräch mit dem WDR. Er spricht sowohl von einem niedrigen Einsatz von Antibiotika als auch davon, dass Hygienemaßnahmen in dem Land nicht nur auf dem Papier existierten.

Und so schrieb auch die "Zeit" einmal, dass eine Krankenschwester in den Niederlanden, wenn sie zu einem Patienten mit MRSA-Keimen geht, immer mit Schutzkleidung und Handschuhen ins Zimmer geht. Auch Ärzte und Schwestern müssten sich regelmäßig zum MRSA-Test begeben. Würden sie positiv getestet, müssten sie solange zu Hause bleiben, bis sie "keimfrei" wären.

In Deutschland jedenfalls fordern Politiker ebenso wie die Deutsche Gesellschaft für Krankenhaus-Hygiene nun bundesweite Vorschriften für Krankenhaus-Hygiene. Doch die helfen nur wenig, wenn sie nicht umgesetzt werden. Aufgrund von Personal- und Zeitmangel wird dies aber oft genug vernachlässigt, wie die von Jens Spahn, gesundheitspolitischer Sprecher der Unionsfraktion, genannte Zahl von 600.000 Infektionen pro Jahr zeigt.

Die MRSA-Bakterien sind übrigens nicht die einzigen Keime, die antibiotika-resistent sind und daher den Ärzten Kopfzerbrechen bereiten. Auch Vancomycin resistente Enterokokken zählen dazu ebenso wie hochresistente ESBl-Bakterien.

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