Hauterkrankung Wo sich die Krätze in NRW besonders schnell ausbreitet

Düsseldorf · Schon seit einiger Zeit beobachten Experten einen Anstieg von Krätze-Fällen in NRW. In Bochum hat sich deren Zahl verzehnfacht, doch auch in vielen anderen Städten verzeichnet man eine Zunahme. Zeitweise werden die Arzneimittel knapp.

Der Befall mit Krätzmilben zeigt sich durch stark juckende Bläschen und Pusteln auf der Haut. (Symbolbild)

Der Befall mit Krätzmilben zeigt sich durch stark juckende Bläschen und Pusteln auf der Haut. (Symbolbild)

Foto: Shutterstock.com/ Jaroslav Moravcik

Krätze ist eine ansteckende, durch Krätzmilben ausgelöste Hauterkrankung. Die Spinnentierchen werden durch Hautkontakt übertragen, graben sich innerhalb von 20 bis 30 Minuten ein Tunnelsystem in die Haut und legen dort Kot und Eier ab. In Folge dessen kommt es zu Symptomen wie einem leicht brennenden Gefühl auf der Haut bis hin zu starkem Juckreiz. Darauf folgt die Bildung von Bläschen, Knötchen und schließlich Pusteln. Wer daran kratzt, fördert zudem die Entstehung schmerzhafter Entzündungen.

Noch vor wenigen Jahren hielt man die Erkrankung für beinahe ausgerottet. Ein Irrtum, wie sich nun in vielen Städten in NRW zeigt. Rund 400 Fälle sind in Duisburg bekannt. In Bochum hat sich die Zahl der Krätze-Erkrankungen innerhalb von zwei Jahren verzehnfacht, sagt Thomas Sprenger, Pressesprecher der Stadt. "Im Jahr 2015 hatten wir 23 gemeldete Fälle, 2016 dann 123 und sind jetzt schon vor Ende des Jahres bei 223 Fällen."

Doch auch in den Kreisen Wesel und Kleve und in Köln ist ein Anstieg zu beobachten. In Bonn schloss im Oktober sogar eine Klinik eine ganze Station wegen der sogenannten Borkenkrätze. Diese seltene Form der Scabies, wie die parasitäre Hauterkrankung medizinisch auch genannt wird, breitet sich vor allem bei immungeschwächten Menschen explosionsartig aus.

In Folge der steigenden Infektionszahlen kommt es zeitweise in Apotheken dazu, dass einzelne Behandlungsmittel nicht mehr verfügbar sind, sagt Andreas Körber von der Hautklinik des Uniklinikums Essen. In solchen Fällen sei das benötigte Mittel über Auslandsapotheken zu bekommen. Nachteil dann allerdings: Der Patient muss das Geld für das Mittel vorstrecken und bekommt es erst im Nachhinein von seiner Krankenkasse zurückerstattet.

"Krätze ist ein Problem in Ballungsräumen", sagt Körber. In der Hautklinik des Essener Uniklinikums beobachtet er im letzten Jahr einen Anstieg um rund 30 Prozent. "Überall da, wo viele Menschen zusammenkommen, können sich die Parasiten leichter ausbreiten", sagt er. Aus diesem Grund gelten Gemeinschaftseinrichtungen wie Kindergärten oder Altenheime als Risikobereiche für die Ansteckung. Entgegen irriger Annahmen sei diese also kein Problem vermehrten Flüchtlingszustroms, sagt Körber.

Experten rätseln jedoch darüber, was genau der Auslöser für den Anstieg der Infektionszahlen ist. Eine mögliche Erklärung sei eine veränderte Meldepraxis, sagt Thomas Sprenger. Demnach muss seit Mai 2017 jeder Einzelfall bei den kommunalen Gesundheitsämtern gemeldet werden, der in Gemeinschaftsunterbringungen, Kindergärten, Pflegeheimen oder Gefängnissen auftritt. Zuvor bekam das Gesundheitsamt nur Informationen über gehäuft auftretende Infektionen in diesen Einrichtungen.

Die von den Gesundheitsämtern erfassten Zahlen geben zudem allenfalls eine Tendenz an. Die Dunkelziffer sei hoch, so die Experten. Denn grundsätzlich besteht keine Meldepflicht für die Erkrankung. Alle vom Haut- und Hausarzt diagnostizierten Einzelfälle bleiben also ungezählt.

Zwischen der Infektion und dem Auftreten der Krankheitssymptome vergehen zwischen zwei und sechs Wochen. Neben Händen und Oberkörper sind besonders Körperfalten wahre Brutstätten für die Parasiten. Bevorzugt sind darum die Zwischenräume von Zehen und Fingern betroffen, die Achselhöhlen, Ellenbögen, die Umgebung der Brustwarzen und der Genitalbereich.

Die Parasiten werden durch direkten Hautkontakt übertragen. Ein Händeschütteln allerdings reicht dazu nicht aus, sagt Körber. Ausgiebige Kuscheleinheiten zwischen Kindern und Eltern hingegen bergen das Risiko einer Übertragung ebenso wie das gemeinsame Schlafen in einem Bett oder die Pflege von kranken oder alten Menschen.

Diagnostizieren und behandeln kann die Erkrankung jeder Hausarzt und Dermatologe mit milbenabtötenden Cremes sowie in schweren Fällen der zusätzlichen Einnahme eines Medikaments. "Allerdings sollte der Patient Geduld mitbringen", sagt Körber. Zwar sei der Betroffene bereits nach vier Stunden nicht mehr ansteckend, doch sind zusätzliche Hygienemaßnahmen notwendig.

Maßnahmen für Betroffene sind: Kleidung, Handtücher und Bettwäsche sollten täglich gewechselt und bei mindestens 60 Grad gewaschen werden. Sachen, die nicht gewaschen werden können, müssen sieben Tage luftdicht in eine Plastiktüte gepackt werden. Polster, Matratzen und Möbel müssen täglich abgesaugt werden.

Normal sei eine Hautverschlechterung nach rund vier Wochen, die durch das Abstoßen der abgestorbenen Milbe verursacht wird. Erst nach circa sechs Wochen sei die Haut wieder abgeheilt.

Krätze: Infos zu Behandlung, Übertragung und Symptomen von Scabies
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Krätze: Die wichtigsten Fakten

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Vorbeugen kann man einer Infektion kaum. Selbst Menschen, die täglich duschen und eine ausgeprägte Körperhygiene betreiben, sind vor den Krätzmilben nicht geschützt. Bei ihnen verläuft der Befall allerdings weniger ausgeprägt. Die Mediziner sprechen dann von einer "gepflegten Scabies".

(wat)
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