Küssen verboten Lippenherpes - unangenehmes Volksleiden

Kiel/Jena (rpo). Lippenherpes ist die mit Abstand häufigste wiederkehrende Krankheit, ein Volksleiden also. Und mit den ersten warmen Sonnenstrahlen im Frühjahr erwacht auch der Erreger der Herpes Simplex zum Leben. Was kann man dagegen tun?

Die Erkrankung lässt die Haut um den Mund stellenweise brennen. Innerhalb weniger Stunden bilden sich Bläschen, die mitunter auf die Größe einer Rosine anwachsen. Lippenherpes ist zwar weitgehend ungefährlich. Doch die roten Stellen im Gesicht sind vielen Menschen überaus unangenehm.

Herpes Simplex kann mittlerweile als Volkskrankheiten bezeichnet werden. "Es handelt sich um die mit Abstand häufigste wiederkehrende Infektion. Etwa 15 bis 30 Prozent der Bevölkerung leidet unter Lippenherpes", sagt Andreas Sauerbrei, Oberarzt am Institut für Virologie und Antivirale Therapie am Universitätsklinikum Jena.

Auslöser für die blasenförmigen Störenfriede ist ein Virus - unter Mediziner als HSV-1 bekannt. Der Erreger ist deutlich weiter verbreitet als die eigentliche Krankheit. So gehen Schätzungen davon aus, dass sich HSV-1 in den Nervenzellen von bis zu 90 Prozent der Bundesbürger eingenistet hat - und dort ein Leben lang verweilt.

Vorhandene Viren werden aktiviert

Wie der große Unterschied zwischen Virus-Verbreitung und des akuten Lippenherpes zeigt, quälen aber längst nicht jeden Infizierten die unangenehmen Symptome. "Normalerweise hält das Immunsystem den Erreger in Schach. Ist die Abwehr geschwächt, kann Herpes ausbrechen", sagt Johannes Müller-Steinmann, Dermatologe aus Kiel. Der Lippenherpes entsteht, weil die im Organismus vorhandenen Viren aktiviert werden.

Gründe dafür gibt es eine ganze Menge: So kann neben dem UV-Licht der Sonne auch eine Krankheit zum Ausbruch von Herpes Simplex führen. Auch Stress oder Kummer gehören zu den so genannten Provokationsfaktoren. An denen setzt gleichzeitig die wichtigste Möglichkeit zum Vorbeugen an: "Wer seine konkreten Provokationsfaktoren kennt, kann mit entsprechender Lebensweise versuchen, eine Virusreaktivierung zu verhindern", betont der Virologe. Konkret bedeutet das meist: Stress vermeiden oder sich vor der direkten Sonne in Acht nehmen. "Eine Impfung ist hingegen nicht verfügbar", ergänzt Sauerbrei.

Entstehen trotz aller Vorsicht Bläschen an der Lippe, ist Geduld gefragt - denn Herpes verschwindet ganz von allein. Die Bläschen trüben sich innerhalb von wenigen Tagen und heilen als Krusten ab. "Eine zurückbleibende Rötung bildet sich nach 10 bis 14 Tagen narbenlos zurück", sagt Sauerbrei.

Salben oder Cremes

Um den Heilungsprozess zu unterstützen, empfehlen Ärzte eine Therapie mit Salben oder Cremes. "Deren Wirksubstanzen, so genannte Virostatika, hemmen eine Vermehrung des Virus", erläutert Sauerbrei. Die Präparate müssen fünf bis zehn Tage lang mehrmals täglich auf die infizierten Bereiche aufgetragen werden. Von vermeintlicher Selbsthilfe raten die Experten dringend ab: "Auf keinen Fall dürfen die Bläschen mit der Hand geöffnet werden. Dadurch verteilt sich der Herpes unter Umständen noch weiter im Gesicht", warnt Müller-Steinmann.

Für Menschen, denen Herpes Simplex besonders heftig zu schaffen macht, sind die Selbstheilungskräfte des Körpers nur ein schwacher Trost: Denn die Bläschen an der Lippe werden von vielen als extrem peinlich empfunden. Einige Patienten melden sich wegen Herpes sogar krank. "Bei schweren Fällen helfen so genannte antivirale Medikamente, die in Form von Tabletten verabreicht werden", betont Müller-Steinmann. Diese hemmen die Viren beim Wachstum und stoppen damit die Infektion.

Wer drei bis vier Herpes-Infektionen innerhalb eines halben Jahres erlebt, dem empfiehlt der Dermatologe eine Vorbeugung mit antiviralen Medikamenten. Die Tabletten müssen dann dauerhaft eingenommen werden. "Damit kann die Infektion zwar nicht verhindert werden. Aber die Wahrscheinlichkeit eines Ausbruchs sinkt, und der Verlauf ist schwächer", unterstreicht Müller-Steinmann.

Um das Virus erst gar nicht zu erwerben, müssen alle Körperkontakte zu Erkrankten verhindert werden. "Vor allem bei Neugeborenen ohne Antikörperschutz sollte man einen Herpeskontakt streng vermeiden", unterstreicht Sauerbrei. Für Paare sei Küssen streng verboten - allerdings nur so lange, wie der Partner frische infektiöse Bläschen auf der Haut hat.

Doch selbst wenn Kontakte streng vermieden werden, ist ein wirksamer Schutz schwierig. "Der Mensch infiziert sich auch über virushaltige Tröpfchen in der Luft oder Schmierinfektion", verdeutlicht Sauerbrei. Und selbst außerhalb des Körpers kann der Erreger überleben - wenn auch nur kurze Zeit. Bis zu zwei Stunden sei des infektiöses Virus beispielsweise noch an Türklinken oder Wasserhähnen nachgewiesen worden, erläutert Sauerbrei.

(afp2)
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