Mehr ausländische Mediziner Mehr Ärzte und trotzdem Medizinermangel

Berlin · Laut einer am Montag veröffentlichten Statistik der Bundesärztekammer (BÄK) ist die Zahl der Ärzte in Deutschland im vergangenen Jahr um 2,5 Prozent auf 357.252 gestiegen. Klar ist aber auch: In zahlreichen Regionen fehlen Haus- und Fachärzte. Ärztevertreter und Kassen streiten über eine Lösung.

Rein statistisch sieht es recht gut aus. Immerhin gibt es heute rund 50.000 Ärzte mehr als noch vor zehn Jahren. Zugleich hat sich die Versorgungsdichte generell verbessert: Kamen 1990 noch durchschnittlich 335 Einwohner auf einen Arzt, waren dies im vergangenen Jahr 230.

Aus Sicht von Ärztepräsident Frank Ulrich Montgomery relativiert sich der Zuwachs aber aus mehreren Gründen: So steige die Zahl der Behandlungsfälle, weil auch immer mehr alte Menschen der Hilfe bedürfen. Hinzu komme, dass der medizinische Fortschritt heute ganz neuartige Untersuchungen und Therapien ermöglicht, was aber zugleich "mehr Personal" erfordere.

Auch das wachsende Durchschnittsalter der Ärzte macht sich bemerkbar, vor allem im ambulanten Bereich. Das Durchschnittsalter der niedergelassenen Mediziner stieg zwischen 2003 und 2013 von 50,5 auf 53,1 Jahre. Im gleichen Zug steigt die Zahl der Ruheständler. Ihre Zahl erhöhte sich zuletzt auf 72.540.

Nicht zuletzt arbeiten immer mehr Mediziner in Praxen und Kliniken Teilzeit, was Experten vor allem auf den relativ hohen Frauenanteil in der Ärzteschaft zurückführen. Während im Jahr 2001 noch 31.000 Ärzte verkürzt arbeiteten, hat sich ihre Zahl nach Angaben des Statistischen Bundesamtes im Jahr 2011 auf 54.000 erhöht. Das macht die Stellenbesetzung schwieriger.

Der Ärztemangel sei "in vielen Regionen Deutschlands längst Realität", klagt Montgomery. Tatsächlich ist die Versorgung mit Haus- und Fachärzten vor allem in ländlichen Regionen seit längerem ein Problem. Dazu zählen die Eifel in Nordrhein-Westfalen genauso wie der Bayerische Wald und strukturschwache Gebiete in Sachsen-Anhalt oder Brandenburg. Viele Krankenhäuser sind auf ausländische Ärzte angewiesen. Deren Zahl stieg deutschlandweit auf rund 31.200, mehr als doppelt soviele wie vor zehn Jahren.

Bei der Frage, wie das Problem gelöst werden kann, klaffen die Meinungen zwischen Kassen und Ärzteschaft traditionell auseinander. Während die Bundesärztekammer mehr Medizin-Studienplätze, weniger Bürokratie und eine bessere Bezahlung fordert, drängen die Kassen auf strukturelle Änderungen. In den überversorgten Regionen seien derzeit fast 2200 Hausärzte zu viel zugelassen, die anderswo fehlten, rechnete am Montag der Kassen-Spitzenverband (GKV) vor. "Das Problem ist nicht die Anzahl der Ärzte, sondern dass sich für manche Regionen kein Hausarzt findet, obwohl es eigentlich mehr als genug gibt", erklärte GKV-Sprecher Florian Lanz.

Fakt ist: Niemand kann Ärzte zwingen, sich in abgelegenen Regionen niederzulassen. Um mehr Mediziner dorthin zu locken, fordern die Kassen unter anderem mehr Gesundheitszentren, in denen sich angestellte Ärzte abwechseln. Der Vorsitzende der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV), Andreas Gassen, rät Kommunen bei der Ärztewerbung indes zu einem "Standortmarketing, ähnlich wie bei der Ansiedlung von Industriebetrieben".

(AFP)
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