Chorea Huntington Neues Medikament könnte Nervenkrankheit stoppen

Düsseldorf · Zum ersten Mal hat ein Medikament den Ausbruch der Huntington-Krankheit verlangsamt. Wissenschaftler sprechen von einem medizinischen Durchbruch.

 Die Krankheit Chorea Huntington zerstört mit der Zeit immer mehr Teile des Gehirns (Symbolbild).

Die Krankheit Chorea Huntington zerstört mit der Zeit immer mehr Teile des Gehirns (Symbolbild).

Foto: Shutterstock/Naeblys

Im Gehirn sterben immer mehr Nervenzellen ab, vor allem in jenen Regionen, die für Muskeln und Gehirnfunktionen wichtig sind. Plötzlich bewegen sich Arme und Beine willkürlich. Den Betroffenen entgleitet die Kontrolle über ihren Körper. Sie wirken außerdem zunehmend dement.

Chorea Huntington heißt die Erkrankung des Gehirns. Wenn sie bei jemandem auftritt, dann meistens zwischen seinem 30. und 40. Lebensjahr. Sobald sie ausgebrochen ist, liegt die Lebenserwartung bei zehn bis 20 Jahren. Die Krankheit entsteht durch ein defektes Gen und wird vererbt.

Bislang gab es für Chorea Huntington keine Heilung. Medikamente konnten nur die Symptome lindern, nicht aber ihr Fortschreiten stoppen. Das könnte sich nun ändern. Erstmals hat ein experimentelles Medikament in einer Studie an Patienten Wirkung gezeigt.

Die Forscher um Sarah Tabrizi, Direktorin des London's Huntington's Disease Centre in London, welche die Studie durchgeführt haben, sprechen von einer bahnbrechenden Entdeckung. Grund dafür ist auch, dass das Medikament helfen könnte, andere Krankheiten zu stoppen, die das Gehirn angreifen.

Für die Studie wurden 46 Huntington-Patienten aus England, Deutschland und Kanada mit dem neuen Medikament behandelt. Die Patienten erhielten vier Injektionen in das Rückenmark, mit jeweils einem Monat Abstand, wobei die Dosis kontinuierlich erhöht wurde. Ungefähr ein Drittel der Patienten erhielt einen Placebo.

So wirkt das neue Medikament

Die Huntington-Krankheit wird ausgelöst durch ein mutiertes Gen. Es wird so umstrukturiert, dass es beginnt, ein schädliches Protein herzustellen, das Huntingtin. Der Code für das Huntingtin auf dem mutierten Gen wird von einem Botenmolekül abgeschrieben. Dann bringt das Botenmolekül die Anleitung für den giftigen Stoff zur Proteinfabrik der Zelle. Das Medikament mit dem Namen Ionis-HTTRx setzt genau an diesem Zwischenschritt an: Es greift das Botenmolekül an und zerstört es, bevor es den Code für das schädliche Protein übermitteln kann.

Wie sich zeigte, sank die Menge der schädlichen Proteine im Körper der Studienteilnehmer, die das echte Medikament erhielten, erheblich. "Zum ersten Mal hat ein Medikament die Menge der giftigen krankheitsauslösenden Proteine im Nervensystem gesenkt. Und das Medikament wurde gut vertragen", sagte Tabrizi dem englischen Magazin The Guardian. "Das ist vermutlich der wichtigste Moment in der Geschichte der Huntington-Krankheit seit der Entdeckung des mutierten Gens."

Bei dem Medikament handelt es sich um einen einzelnen DNA-Strang, der so strukturiert ist, dass er speziell an den Huntington-Messenger andockt. Die Wissenschaftler halten es für möglich, auch andere DNA-Stränge zu konstruieren, die beispielsweise jene Proteine hemmen könnten, die Alzheimer auslösen (Amyloid Plaques).

Die Pharmaindustrie jedenfalls ist interessiert. Der Schweizer Konzern Roche hat 45 Millionen US-Dollar bezahlt, um eine klinische Studie mit dem Medikament durchzuführen. Wie sich die Senkung der schädlichen Proteine im Körper auf die Symptome der Patienten auswirkt, konnte in der ersten sehr kleinen Studie nicht geklärt werden.

In Westeuropa und Nordamerika sind ungefähr 7 von 100.000 Menschen von der Huntington-Krankheit betroffen, das sind etwa 8000 Menschen in Deutschland.

(ham )
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