Aktueller Gesundheitsreport OECD: Immer mehr Menschen nehmen Antidepressiva

London · Überarbeitet, ausgelaugt, schwermütig – da ist der Griff zur Pille nicht weit. Das hat nun auch die OECD festgestellt. In ihrem jüngsten Gesundheitsreport heißt es, dass die Menschen in den meisten Mitgliedsstaaten immer mehr Antidepressiva nehmen. Eine Ursache dafür sieht die Organisation übrigens auch in der Eurokrise.

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Foto: Shutterstock/Thirteen

Überarbeitet, ausgelaugt, schwermütig — da ist der Griff zur Pille nicht weit. Das hat nun auch die OECD festgestellt. In ihrem jüngsten Gesundheitsreport heißt es, dass die Menschen in den meisten Mitgliedsstaaten immer mehr Antidepressiva nehmen. Eine Ursache dafür sieht die Organisation übrigens auch in der Eurokrise.

Der Gebrauch von Antidepressiva in den meisten OECD-Staasten ist seit dem Jahr 2000 erheblich angestiegen, konstatiert die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) in ihrem Report "Health at at Glance 2013". Dabei führt Island die Rangliste an, gefolgt von Australien, Kanada, Schweden und Dänemark.

So wurden im Jahr 2011 in Island 106 Dosen pro Tag je 1000 Einwohner verschrieben, im Jahr 2000 lag die Zahl noch bei etwa 70. In Australien lag die Tagesdosis je 1000 Einwohner im Jahr 2011 bei 89, elf Jahre zuvor waren es noch nicht einmal 50.

Auch der Blick auf den Durchschnittswert der OECD-Länder zeigt, dass der Gebrauch von Antidepressiva in den vergangenen Jahren stark gestiegen ist. Lag dieser im Jahr 2000 noch bei rund 30 Tagesdosen pro 1000 Einwohner, wurden für 2011 über 50 Tagesdosen pro 1000 Einwohner festgestellt.

Deutschland unter dem OECD-Schnitt

Immerhin: Deutschland liegt mit 50 Dosen pro Tag unter dem OECD-Schnitt. Einschränkend muss man allerdings sagen, dass der Anstieg schneller vonstattenging, denn im Jahr 2000 wurden je 1000 Einwohner gerade einmal knapp 20 Dosen pro Tag verschrieben.

Doch woran liegt es, dass immer mehr Menschen Antidepressiva nehmen? Auch das versuchte die OECD in ihrem Report zu erörtern — und betont zunächst, dass in jedem Land andere Richtlinien bei der Verschreibung herrschen und auch die Praxis bei Ärzten und Psychiatern eine unterschiedliche ist.

Ein Grund für den steigenden Gebrauch könnte laut OECD darin liegen, dass die Behandlungsdauer von Depressionen in manchen Ländern gestiegen sei. So würden etwa in England solche Erkrankungen länger medikamentös behandelt als früher. Auf der anderen Seite könne der Anstieg der Tagesdosen auch daran liegen, dass Antidepressiva auch vermehrt bei leichteren Formen von Depressionen verschrieben würden, was bei Experten nicht unumstritten sei.

Aber die OECD stellt in dem Report auch noch einen anderen möglichen Grund fest: die Euro-Krise. So hatten in den vergangenen Monaten Berichte die Runde gemacht, dass gerade in Krisenländern wie Griechenland die Selbstmordraten nach oben gegangen seien. Entsprechend sieht auch die OECD die Möglichkeit, dass es einen Zusammenhang gibt, dass in Krisenländern mehr Antidepressiva genommen werden.

So sei in Portugal der Gebrauch von Antidepressiva zwischen 2007 und 2011 um 20 Prozent angestiegen, in Spanien um 23 Prozent. Allerdings: In Deutschland, das kaum von der Krise betroffen ist, stieg der Gebrauch im gleichen Zeitraum um 46 Prozent.

Gesundheitsausgaben gesunken

Die Krise, so stellt die OECD in dem Bericht auch fest, sei auch ein Grund dafür, dass viele Länder ihre Ausgaben im Gesundheitswesen massiv eingeschränkt haben zwischen 2009 und 2011. In Griechenland sanken sie etwa in dem Zeitraum um 11,1 Prozent, in Irland um 6,6 Prozent. Nur in Israel und Japan sei in dem Zeitraum kontinuierlich mehr Geld für das Gesundheitswesen ausgegeben worden.

Deutschland lag bei den Ausgaben 2011 übrigens zwei Prozent über dem OECD-Durchschnitt. Die Bundesrepublik verfüge über ein deutlich größeres Angebot an Infrastruktur und Personal als andere OECD-Länder, allerdings würden sich die Menschen hierzulande auch deutlich häufiger im Krankenhaus behandeln lassen als in anderen Ländern.

(das)
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