Noch krank und schon zurück im Job Patienten fühlen sich von Krankenkassen unter Druck gesetzt

Berlin · Viele Krankgeschriebene werden von ihrer Kasse zu einer vorzeitigen Rückkehr an den Arbeitsplatz gedrängt, das ergab der Jahresbericht der Unabhängigen Patientenberatung Deutschland (UPD). Zudem kennen sich viele mit Themen wie Krankengeld nicht aus - fühlen sich aber zugleich schlecht beraten.

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Foto: dpa, Patrick Pleul

Zu Krankengeldansprüchen ließen sich Kassenpatienten mit Abstand am häufigsten beraten - zwischen April 2013 und März 2014 fast 7000 Mal. Auch die Zahl der Beschwerden in diesem Bereich stieg auf mehr als 1000, zum Beispiel weil Kassen das Krankengeld verweigerten.

Laut UPD fühlen sich etliche Patienten beim Krankengeld von ihrer Kasse unter Druck gesetzt. Auch der Patientenbeauftragte der Bundesregierung, Karl-Josef Laumann (CDU), berichtete von Versicherten, die von den Kassen durch regelmäßige Telefonanrufe oder sehr intime Fragen unter Druck gesetzt würden, sich "möglichst schnell wieder arbeitsfähig zu erklären". Der Sozialverband VdK sieht den Umgang der Kassen mit dem Krankengeld ebenfalls kritisch. Patienten fühlten sich vor allem während längerer Krankschreibungen von den Kassen unter Druck gesetzt, erklärte Verbandspräsidentin Ulrike Mascher. Die meisten Probleme mit dem Krankengeld gibt es den Beratungsstellen zufolge bei psychischen Erkrankungen. Für ihren "Monitor Patientenberatung" wertete die UPD insgesamt rund 80.000 Beratungsgespräche und mehr als 13.000 Patientenbeschwerden aus, um Hinweise auf Schwachpunkte im Gesundheitssystem zu erhalten.

Kostenübernahme von Reha-Maßnahmen sind vielen unklar

Bei den zwischen April 2013 und März 2014 geführten Beratungsgesprächen waren Leistungen der Kostenträger wie Krankengeld oder stationäre Reha-Maßnahmen mit 28.000 Fällen häufigstes Thema. Deutlich zugenommen haben demnach Beratungen zu Patientenrechten, die mit rund 15.000 Gesprächen das zweithäufigste Thema waren. Dabei ging es beispielsweise um Einsicht in die Krankenakte oder die Möglichkeit, eine Zweitmeinung von einem anderen Arzt einzuholen. In mehr als 10.000 Beratungsgesprächen ging es den Angaben zufolge um Zahnarzt-Abrechnungen, Beitragsschulden oder sogenannte individuelle Gesundheitsleistungen (Igel), die Patienten aus eigener Tasche zahlen müssen.

"Patienten haben das Gefühl nicht zu bekommen was ihnen zusteht"

Mehr als 7000 Mal suchten Versicherte wegen eines vermuteten Behandlungsfehlers Rat. Das finanzielle Risiko eines Rechtsstreits und die psychische Belastung hält Patienten den Beratern zufolge aber oft davon ab, ihre Rechte einzufordern. Patienten hätten oft das "Gefühl, nicht zu bekommen, was ihnen zusteht", erklärte UPD-Geschäftsführer Sebastian Schmidt-Kaehler. "Sie fühlen sich allein gelassen, betrogen und viele haben Angst." Der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) brachte erneut einen Härtefallfonds für Opfer von Behandlungsfehlern ins Gespräch. Laumann forderte, "Missstände unverzüglich abzustellen". Dies betreffe nicht nur das Krankengeld. Die Kassen müssten die Patienten auch "besser, umfassender und manchmal auch früher" über Leistungsansprüche aufklären. Sie dürften in keiner Weise "unzulässig Druck auf die Versicherten ausüben". Zudem werde immer noch zu vielen Patienten die Einsicht in ihre Krankenakte verwehrt, obwohl dies im Patientenrechtegesetz klar geregelt sei.

Der Spitzenverband der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) verwies darauf, dass es in 80 Prozent der Beratungsgespräche zum Thema Krankengeld keinen Hinweis auf eine Problemlage gebe. Die von der UPD dokumentierten 1355 problematischen Fälle seien aber "Anstoß, noch bestehende Schwächen zu identifizieren und zu beheben", erklärte GKV-Vorstand Gernot Kiefer. Die UPD hilft Patienten in 21 Beratungsstellen sowie am Telefon weiter. Sie wird aus Beiträgen der gesetzlichen Krankenversicherung finanziert.

(DEU)
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