Neue Umfrage Selbstzahler-Leistungen beim Arzt: Patienten in NRW am skeptischsten

Berlin · Jeder vierte Deutsche ist mit dem Gesundheitssystem nicht zufrieden. Das hat eine Forsa-Umfrage im Auftrag der Techniker Krankenkasse ergeben. Der Trend aber ist positiv: Noch vor acht Jahren waren mehr als die Hälfte der Versicherten unzufrieden.

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Foto: dpa, Benjamin Ulmer

Tendenziell sind jüngere und gesündere Menschen zufriedener mit dem System als Alte und Kranke. Wobei der Zusammenhalt unter den Versicherten gut ist: 80 Prozent stehen hinter dem Solidarprinzip. Jeder Zweite ist sogar bereit dafür höhere Beiträge zu akzeptieren. Auch der Wohnort ist von Bedeutung: Mit dem Angebot an Arztpraxen in der Umgebung ist jeder Fünfte, der auf dem Land lebt, unzufrieden. Bei den Städtern beklagen nur neun Prozent, dass es nicht genug Ärzte in ihrer Nähe gibt.

Auch bei der Inanspruchnahme der umstrittenen Selbstzahler-Leistungen beim Arzt (Individuelle Gesundheitsleistungen, Igel) gibt es regionale Unterschiede. Die Menschen in NRW stehen den Igel-Angeboten am skeptischsten gegenüber. 65 Prozent der Bevölkerung haben ein — oder mehrmals eine solche Selbstzahler-Leistung beim Arzt in Anspruch genommen. Bundesweit sind es 75 Prozent der Patienten.

85 Prozent erwarten steigende Beiträge

Am häufigsten bieten Gynäkologen Leistungen an, die die Patientinnen selbst zahlen müssen, gefolgt von Zahnärzten, Augenärzten, Urologen, Allgemeinmedizinern, Hautärzten und Orthopäden. Die Ärzte können offensichtlich die Möglichkeit ihrer Patienten, wer sich die Igel-Angebote leisten kann, gut einschätzen. So bekommen Patienten, die 3000 Euro und mehr pro Monat bieten häufiger solche Leistungen nahe gelegt als Patienten, die 1500 Euro oder weniger pro Monat haben.

Der Blick der Versicherten in die Zukunft ist eher skeptisch. So erwarten 85 Prozent, dass der Beitragssatz eher steigen wird. Mehr als die Hälfte ist der Ansicht, dass der Leistungskatalog eingeschränkt werden müsse und mit sinkender Qualität der medizinischen Versorgung rechnet eine relative Mehrheit. Eine überwältigende Mehrheit von 90 Prozent hält das System für reformbedürftig. Die Versicherten fürchten der Umfrage zufolge, dass sie künftig nicht mehr voll am medizinischen Fortschritt teilhaben können.

Patienten geben sich selbstkritisch

TK-Chef Jens Baas mahnt an, dass man die "Kostenspirale im Gesundheitssystem" in den Griff bekommen müsse, "sonst haben wir im Jahr 2050 einen Beitragssatz von 50 Prozent". "Das kann niemand wollen", sagte Baas. Als wichtigstes Instrument, die Kosten im Zaum zu halten, sieht er die Qualitätsorientierung.

Die Patienten in Deutschland sind durchaus selbstkritisch. So gaben sieben von zehn Befragten an, dass sie mehr für ihre Gesundheit tun müssten. Die Männer sehen mit 72 Prozent diese Notwendigkeit noch häufiger als die Frauen. Bei den Berufstätigen ist der Anteil derjenigen, die meinen, sie täten nicht genug für ihre Gesundheit, mit 76 Prozent am höchsten.

(qua)
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