Gesundheit Sinnvolle Hygienetipps für den Alltag

In unserem Alltag sind wir von Keimen umzingelt. Nicht alle sind schädlich. Ein paar Grundregeln helfen, damit wir vor den gefährlichen Erregern geschützt sind.

5 Hygiene-Tipps
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Foto: Zörner

Der Deutsche küsst eher selten. Jedenfalls zur Begrüßung, die meistens per Handschlag erfolgt. Doch möglicherweise sollte er da umdenken. Denn die Infektionsgefahr ist laut einer britisch-amerikanischen Studie beim Handschlag deutlich höher.

Die Forscher sichteten die wissenschaftlichen Daten, die es zu den alltäglichen Übertragungswegen von infektiösen Erregern gibt - und fanden heraus, dass beim Handschlag weitaus mehr Viren und Bakterien den Besitzer wechseln als beim Küssen. Der Grund: Die Hände kontaktieren öfter als der Mund verschmutzte Gegenstände, zu denen auch problematische Zonen des eigenen Körpers gehören, wie etwa die Ausscheidungsorgane, wenn man auf dem Klo sitzt. "Dieses Problem könnte man zwar in den Griff bekommen, indem man sich mit Seife die Hände wäscht", erklärt Studienleiterin Val Curtis von der London School of Hygiene, "doch das passiert offenbar zu selten". Womit sie wohl - auch für Deutschland - durchaus Recht hat: Laut einer Studie des internationalen Hygiene-Councils waschen sich weniger als die Hälfte der Kinder hierzulande regelmäßig die Hände, bevor sie zum Essen greifen.

Desinfektionsmittel sind gesundheitlich bedenklich

Von wegen also sauberer Händedruck und küssende Bakterienschleuder! Und das ist nicht die einzige Vorstellung, die man im Hinblick auf unsere Hygiene korrigieren sollte. Die enormen Umsätze beim Verkauf von Desinfektionssprays und antibakteriellen Haushaltstüchern zeigen zwar an, dass uns keimfreie Sauberkeit wichtig ist. Doch tatsächlich agieren wir im Alltag oft gegen die Erkenntnisse der Hygienewissenschaften.

So tragen die erwähnten Sprays und Tücher sogar dazu bei, dass sich die mikrobiologische Situation im Haushalt verschärft. "Der übermäßige Einsatz von Desinfektionsmitteln fördert die Resistenzentwicklung der Bakterien", warnt Infektiologe Christoph Fux aus Aarau. Der Grund: Auch beim flächendeckenden Einsatz von antibakteriellen Mitteln bleiben genug Mikroben übrig, die ihr "genetisches Überlebenswissen" an ihre Nachkommen weitergeben können.

Resistente Bakterienstämme können auch die Haut besiedeln

Und diese resistenten Stämme können dann auch die Haut besiedeln, die von Natur aus mit einer Vielzahl "eigener" Bakterien bevölkert ist. "Man kann sich die mikrobiotische Situation dort vorstellen wie in einem vollen Bus", erklärt Fux. "Die durch den Einsatz von Desinfektionsmitteln frei gewordenen Plätze werden von neuen Gästen eingenommen, die wir gar nicht im Bus haben wollen". Besser, man beschränkt sich bei der Handwäsche auf Seife und im Haushalt auf Essigreiniger und andere herkömmliche Putzmittel.

Wobei diese dort zum Einsatz kommen sollten, wo sie wirklich gebraucht werden. So legt man in vielen Haushalten zwar großen Wert auf die Sauberkeit im Klo, das ohnehin permanent vom Spülwasser gereinigt wird. "Doch in der Küche hapert es oft", bemängelt Hygieniker Gero Beckmann vom Institut Romeis in Bad Kissingen. "Hot Spots" der Keimentwicklung seien vor allem Geschirrtücher und Spüllappen sowie der Kühlschrank. "Unter Hygienikern kursiert das Bonmot", so Beckmann, "wer Angst vor der Klobrille hat, sollte nichts mehr aus dem Kühlschrank essen." Denn dort lagern verderbliche Lebensmittel, auf denen sich Keime befinden können, die sich auch bei Temperaturen nahe der Null-Grad-Grenze noch vermehren können. Selbst frisch gekauftes Fleisch ist laut neueren Untersuchungen in bis zu 80 Prozent der Fälle mit resistenten Bakterien belastet.

Doch davon weiß der Konsument meist nichts. "Er wiegt sich vielmehr in der trügerischen Sicherheit, dass im Kühlschrank mit seinen niedrigen Temperaturen schon nichts passieren kann", warnt Beckmann. Dabei findet ungefähr die Hälfte aller Lebensmittelinfektionen - trotz Kühlschrank und Tiefkühltruhe - im Privathaushalt statt, und hier vor allem durch unsachgemäße Verarbeitung von Fleisch. Ein typischer Fehler ist laut Fux, dass man auf dem gleichen Brett erst Fleisch und danach den Rohkostsalat zuschneidet. "Beim Durchbraten des Koteletts werden Keime abgetötet", betont der Schweizer Infektiologe, "doch in Rohkost eben nicht".

Doch auch im zwischenmenschlichen Kontakt ließe sich durch mehr Aufmerksamkeit so manche Infektionsquelle ausschalten. Wie etwa beim Niesen, bei dem immer noch viele die Hand vor den Mund halten. Die bessere Alternative: Man prustet in die Ellenbeuge. "Dabei gehen die Keime in die Kleidung und nicht auf die Hand, wo sie sich dann beim nächsten Kontakt weiterverbreiten können", erläutert Fux. Und wer danach die Textilie bei 60 Grad wäscht, sollte den Schnupfenviren endgültig den Garaus gemacht haben.

Zehn Sekunden reichen für das Händewaschen völlig aus

Weniger sicher ist hingegen die so genannte Fünf-Sekunden-Regel, die massiv im TV und den sozialen Medien verbreitet wird. Demzufolge könne man Lebensmittel, die auf den Boden gefallen sind, wieder aufheben und verzehren, sofern nicht länger als fünf Sekunden vergangen sind. Donald Schaffner von der US-amerikanischen Rutgers University ließ jedoch im Labor unterschiedliche Lebensmittel auf unterschiedliche Böden fallen, und dabei stellte er fest, dass der Grad der Kontamination vom Feuchtigkeitsgehalt der Speise abhängt. Eine Melone wird mikrobiologisch deutlich schneller bevölkert als ein Gummibärchen. Denn, so Schaffner, "Bakterien haben keine Beine, sie bewegen sich mit der Feuchtigkeit".

Zudem hat der Mikrobiologe untersucht, worauf wir beim Händewaschen achten sollten. Ergebnis: Zehn Sekunden reichen aus. Und man braucht etwas Seife, aber kein warmes Wasser, sondern nur kaltes. Das Energiespar-Motiv taugt also nicht als Ausrede dafür, dass man aufs Händewaschen verzichtet.

(RP)
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