Trotz Antibiotika noch infektiös Superverbreiter stecken Tausende an

Düsseldorf · 80 Prozent der Infektionen werden durch 20 Prozent der Infizierten ausgelöst. Möglich wird das durch die sogenannten Superverbreiter. Sie können Erreger an ihre Umwelt abgeben, wirken aber selbst vollkommen gesund - sogar dann, wenn sie eine erfolgreiche Therapie mit Antibiotika durchlaufen haben.

Superverbreiter stecken Tausende an
Foto: Shutterstock.com/ Jezper

SARS war die erste Epidemie dieses Jahrtausends, die vielen Wissenschaftlern und Reisenden Sorgen bereitete. Was nur wenige wissen: rund die Hälfte der 8000 registrierten Fälle der Atemwegserkrankung gingen, laut Berechnungen der Weltgesundheitsorganisation (WHO) auf einen einzigen Mann zurück, einen chinesischen Arzt.

Solche Personen nennen Wissenschaftler Superverbreiter. Viele von ihnen verbreiten Krankheitserreger sogar dann, wenn sie selbst erfolgreich mit Antibiotika behandelt worden sind, das berichten Wissenschaftler der Universität Stanford im Fachmagazin "Proceedings of the National Academy of Sciences" ("PNAS"). Superverbreiter, aus dem Englischen "Superspreader", kommen sowohl beim Menschen, als auch bei Tieren vor. Die Superverbreiter in Viehherden beispielsweise, werden immer wieder in Zusammenhang mit Lebensmittelvergiftungen durch Salmonellen und Kolibakterien gebracht.

20 Prozent der Kranken, lösen 80 Prozent der Infektionen aus

Verschiedene Studien der vergangenen Jahre haben bereits nahegelegt, dass es eigentlich nur eine kleine Anzahl von Menschen ist, die einen Großteil der weltweiten Erkrankungen auslöst. Dabei wird von der sogenannten 80/20-Regel von Mark Woolhouse ausgegangen, die besagt, dass 20 Prozent der Infizierten für 80 Prozent der Infektionen verantwortlich sind. Welche Eigenschaften diese Superverteiler aber genau ausmachen, war bislang nicht bekannt.

Um das zu erforschen führten die Stanford-Wissenschaftler eine Studie mit Mäusen durch. Sie infizierten die Tiere mit Salmonellen und bestimmten dann die Menge der im Kot vorkommenden Bakterien. 30 Prozent der Mäuse schieden sehr hohe Mengen Bakterien aus, zeigten aber selbst keine Krankheitssymptome. Anstatt den Erreger zu bekämpfen, integrierte ihn ihr System - typisch für Superverbreiter.

Im nächsten Schritt erhielten alle Mäuse Antibiotika. Sowohl die Superverbreiter, als auch die normalen Tiere zeigten daraufhin Störungen im Darmtrakt, aber nur letztere reagierten auch mit Entzündungen, Bakterienausscheidung und einer erhöhten Sterblichkeit. Die "Superspreader" dagegen vertrugen das Medikament ohne problematische Symptome. Sie verloren auch kaum an Körpergewicht, die normalen Mäuse dagegen wogen als Reaktion auf die Behandlungen bis zu 15 Prozent weniger.

Die mangelnde Reaktion auf die Antibiotika ließ die Wissenschaftler darauf schließen, das Superverbreiter nicht nur mit Krankheiten, sondern auch mit Medikamenten wie Antibiotika besser fertig werden. Beides führten sie auf ein reduziertes Immunsystem zurück, dass von Natur aus weniger Reaktionen zeigt. Die gesunden Tiere verbreiten stattdessen die Krankheitserreger an ihr Umfeld.

Ob, und in welcher Weise die Ergebnisse auf den Menschen zurückzuführen sind, ist bislang noch nicht klar. Allerdings könnten sie auf lange Sicht etwa neue Möglichkeiten bei Darmerkrankungen wie Morbus Crohn bieten, das berichtet der Spiegel Online.

(ham )
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