Verbraucherschutz-Bericht Mehr Campylobacter-Keime auf Hähnchen gefunden

Berlin · Die Belastung von Masthähnchen durch Campylobacter-Keime ist stark gestiegen. Mittlerweile sind sie für die häufigste bakterielle Durchfallerkrankung verantwortlich. Verbraucherschützer bemängeln aber auch Produkte wie Spielzeug.

 Rohe Hähnchen.

Rohe Hähnchen.

Foto: dpa

Vielen Deutschen könnte der Appetit auf Hähnchenfleisch angesichts der jüngsten Kontrollergebnisse des Bundesamtes für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit vergehen.

Von 130 Proben, die bei geschlachteten Masthähnchen genommen wurden, wiesen die Experten in 100 Fällen Campylobacter nach. Das entspricht einer Quote von knapp 77 Prozent. Bereits eine geringe Anzahl dieser Bakterien kann schwere Durchfallerkrankungen auslösen. Bei weiteren 274 Proben wurde auch die Menge der Keime erfasst, fast ein Viertel lag über einem ab 2018 geltenden Grenzwert.

Seit Jahren bemängeln Experten die hohe Kontaminationsrate von Geflügelfleisch. So wurden bereits 2013, bei der vorherigen Campylobacter-Erhebung, in mehr als 52 Prozent der Proben Erreger gefunden.

Der Präsident des Bundesamtes, Helmut Tschiersky, übte bei der Vorstellung des Berichts in Berlin Kritik: "Geflügelfleisch ist zu häufig mit Campylobacter belastet." Der dadurch hervorgerufene Infekt sei mittlerweile die häufigste bakterielle Durchfallerkrankung in Deutschland und der EU.

Die Zahl gefundener Salmonellen-Infizierungen sei hingegen klar rückläufig. Von 17,8 Prozent positiver Proben im Jahr 2011 liegt der Wert fünf Jahre später nur noch bei 6,7 Prozent. Die Maßnahmen in der EU hätten Wirkung gezeigt, sagte Tschiersky. Daher sei er auch bei der Bekämpfung von Campylobacter optimistisch.

Ab 2018 müssen Betriebe, deren geschlachtete Tiere je Gramm mehr als 1000 koloniebildende Campylobacter-Einheiten aufweisen, Maßnahmen für mehr Hygiene einleiten.

CDU-Verbraucherpolitikerin Gitta Connemann sagte, die Ergebnisse würden beunruhigen. Man müsse die Hygiene in Schlachtbetrieben weiter verbessern. Sie verwies als wichtige Maßnahme jedoch auf die künftigen Grenzwerte und rief dazu auf, bei der Verarbeitung von Geflügel auf Küchenhygiene und ausreichende Garzeit zu achten.

Auch Verbraucherschützer begrüßen die künftigen Grenzwerte, warnen jedoch davor, dass Hersteller das Hähnchenfleisch kostengünstig mit Chemie nachbehandeln könnten - etwa mit einem Chlorbad.

Viel zu beanstanden hatten die Experten im vergangenen Jahr beispielsweise auch bei Rohmilch, die man direkt beim Bauern abfüllen kann. Die Keimbelastung an solchen Zapfstellen sei auffällig hoch, teilte das Bundesamt mit. Wer jedoch die Milch zu Hause abkoche, sei auf der sicheren Seite.

Ein weiterer Problemfall: alkoholische Getränke. Fast jede fünfte Untersuchung, knapp 19 Prozent, ergab Verstöße bei der Angabe von Inhaltsstoffen wie dem Alkoholgehalt oder der Verpackung. Insgesamt verbreitete Amtschef Tschiersky jedoch Optimismus. Nie seien Lebensmittel in Deutschland sicherer gewesen als heute. Man bewege sich auf sehr hohem Niveau, sagte er.

Gleichwohl entdeckte das Bundesamt im vergangenen Jahr erneut gravierende Mängel auch bei Kinderspielzeug.

So gebe es bei Metallspielzeug das häufige Problem, dass sich bei minderwertigen Legierungen Nickel lösen und vom menschlichen Körper aufgenommen werden könne. Jede fünfte Probe überschritt die zulässigen Grenzwerte, bei einem Metallbaukasten für Kinder wurde gar das 200-Fache des Grenzwerts gemessen.

Nickel kann bei etwa zehn Prozent aller Kinder allergische Reaktionen auslösen. Leider bedeute der Griff zu besonders teuren Produkten oder solchen mit dem "GS"-Siegel keinen Schutz vor einer hohen Nickelbelastung, sagte Bundesamtsexperte Gerd Fricke.

Die frühere Verbraucherschutzministerin Renate Künast (Grüne) kritisierte, dass die Eigenkontrolle der Wirtschaft in diesem Bereich nicht funktioniere. "Schon die letzte Bundesregierung hatte eine Verbesserung der Spielzeugsicherheit im Koalitionsvertrag festgeschrieben", so Künast. Geschehen sei allerdings nichts.

(jd)
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